August-September 1910 Batl'ioilsci)c MisstoiK-Heitsichrist her Löhne des heiligsten Herzens Jesu. : .Or§an deß aNarDn-VeremK für Afrika. ~ Der Heilige Vater Papst Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltäter« den apostolischen Segen erteilt. Mit Empfehlung vieler hochwürdigster Bischöfe. Erscheint monatlich einmal und kostet jährlich mit Post 2 K — 2 Mk. — $ Franken. TReöafttion und SDmtniftration: /Dlssionsvaus MNIand bei Jßrücn, Clrol. $Jj Mj 1Jfefi ----- - = IrrHaLt: —: Tie ersten HiiDmisse und die ersten Erfolge 169. — Wie die Schilluk über unsere Missionäre, unser Land und unsere Landsleute denken (Fortsetzung, 177. — Von Dondökoro nach Omach Mr. Cmätfd)), der neuen Missionsstation Fortsetzung > 182. — Die Mode in Zentralafrika 189. — Aus dem Missionsleben: Tie kranke Alima und ihre Krankenwärterin Nyikang Nyador 196. — Gedankensplitter 200. — Unterhaltendes: Schwarzes Elfenbein (Fortsetzung) 201. — Verschiedenes: Tie Mission als Kulturträgerin 211. — Die Giftprobe 212. — Wie St. Josef hilft 214. — Besteigung des schneebedeckten Berges Kibo 215. — Ein Beispiel, das Nachahmung verdient 216. — Für Briefmarkensammler 216. ___ Abbildungen: Katechismnsstnude in Tonga. — Tischlerwerkstätte in Tonga. — P. (Btang mit Schillukkuaben. — Erlegtes Nilpferd. — Nhikang Nvador. — Der-el-Bobir. — Totalansicht von Wadihalfa. — Poststation zwischen Schellal und Wadihalfn. — Teilansicht von Khartum. — Teilansicht von Khartum. — Schwarze Herrschaftsdiener von Khartum. - Wasserträgeriuueu von Khartum. L e s er Dem Memento der hochw. Missionäre und dem Gebete aller wird die folgende Verstorbene empfohlen: Fräulein Rosa Ijttbcr ilSien). „Herr, gib ihr die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihr!" 'zßxxef&aften bex Weöccktion. mmm An einige Kchillukfreunde: Besten Dank für die interessante Anregung, doch dürfte sich ein Extra-Abdruck wohl kaum rentieren, da auf ein allgemeines Interesse wohl tonnt zu rechnen ist. A. 1). (h. Aufnahme finden nicht nur Abiturienten ober Anfänger, sondern Studenten jeder Gvmnasial-klasse, wenn sie einen guten Fortgang ausweisen! Durch-gesallene Studenten sind von einer Aufnahme ausgeschlossen. 111. ls., töten. Missionsbischof Geher kommt erst nächstes Jahr nach Europa; die Uganda-Reise hat ihn dieses Jahr so lange aufgehalten. viichermann. Gewiß, auch alte Bücher sind brauchbar; jedoch alte Gebetbücher sind für uns vollständig zwecklos, da wir sie weder im Hause noch viel weniger ; für vie Mission verwenden können. Vielleicht hast mal wieder ein größeres neues Werk vorrätig. Tnntal. Gewiß, auch Tuch wird mit Dankbarkeit ; angenommen, je größer das Stück, desto besser! Redaktionsschluß: 18. Juli. @ebetsert)örungen und -Empfehlungen liefen ein aus: Atzbach — Brixen — Griesbach — Grimburg Landeck — Milland — München — Schwabmünchen — Toblach — Wien. Dem heiligsten herzen iZesii, der unbefleckten Gottesmutter Maria, dem hl. Zosef und dem hl. Antonius wird ewiger Dank gesagt für gute Abwicklung eines Geschäftsanliegens — für Genesung eines Schwerkranke» — für eine erlangte Gnade. Man bittet ums Gebet: in einem schweren Anliegen. — um Geduld in schwerem Leiden — um guten Geschäftsgang — um Beharrlichkeit im Berufe. Kaöen-WevzeicHnis vom 10. Juni ßts 10. JuLi 1910. ----------In Kronen.---------- Cpferstock: Antiesenhofen W. d. E. 12-34: Bach W. d. E. 3'—; Brixen Leg. 200 —; Buchenstein M. d. T. 3-— ; Campill Dek. P. 10’—: Hans v. mehreren 100 —: Hartkirchen F. L. 1'—; Haag M. N. 30-—; Innsbruck P. P. 5- — ; Kitzbühel Th. S. V—; Kopfing W. d. E. 14-50: Lambach W. d. E. 69 58: Landeck Th. Z. 40-—: Mörschwang W. d. E. 15'—; Neumarkt v. mehreren 100'—; Oberhollabrnun W. d. E. 32-50: Ried I. K. 3 —; Salzburg Präl. W. 8'—: St. Lambrechten v. mehreren 200-—: N. N. 50-—; Seewalchen W. d. E. 22-—; Sexten I. St. 3'— < Ant.-Brot); Spital a. P. W. d. E. 23-—; Teising Benes. B. 2-—; Untermais I. A. 10-—; Biechtwaug W. d. E. 15-—; Bord Mo der W. d. E. 2935; Weiters-felden K. L. P—; Wendling W. d. E. 24 —; Werden Th. L. 0-66: Windprechting I. A. 200 -; Wiudisch-garsten W. d. E. 10---. Zur Persolvierung von heiligen messen sandten ein: Brohl Pf. L. 135 23; Kostelzen Pf. F. Sch. 10'—;. Murnau K. A. 6-—; Schladming Schw. 4 —; Sexten I. St. 5-—; Teising Benes. B. 583-99; Boruholz B. F. v. N. 25-85. Zur die Mission: Brixen III. Klasse d. Tertiär-schule 3 — ; Kostelzen Pfr. Sch. 20'—; Zur P. Lrazzolara: Aus St. Kassian 21-—. Zur Taufe von Heidenkindern: Brohl Pf. L. 23-40 ,Josef): Niederau Pf. 20-- (N. N.); H. Th. St. 20-— (Maria). ferner sandten ein: Briefmarken ans: Beurou, Brixen, Gargazon, Lana, Nagyvarad. „G Herr, verleihe allen unseren Wohltätern um deines Namens willen das ewige Leben!" ff !i telkgE MhollscheMKionsMschnst üerSghye öes HMgßtmherLMS teC (Organ des Emm-items für Ufrika) k?/Dient uornebmlicb der Unterstützung und Ausbreitung Ser Lissionstätigfteit der Sobne des b eilig sten Derzens 3-esu und sucht Verständnis und werft tätige Liebe des /PMssionswerftes in Wliort und Schritt zn törSern. Das Brbdtsfelö dieser /liMfslonäre ist der Sudan (Lentral-Asrika). Der „Stern der Neger" erscheint monatlich und wird vom Missionshaus MMand bei Brixen (Südtirol) herausgegeben. Bbonnementsprtis gansjäbdg mit ipoftvevfenbimg Ikr. 2.—, /iDfc. 2,—, 3fr. 3.—. ‘Der Heilige Vater Pavst Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für die Wohliäter werden wöchentlich Zwei heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, Lertmeritz. Linz, Oimütz, Marburg, Trient, Triest und Wien. 1beft 8/9. August-September 1910. XIII. zabrg. Die ersten DmdernLste und die ersten Lrtolge. aus der /Bissionsstation attigo. I. Wer nie Europa verlassen und somit auch nie eine heidnische, wilde Gegend betreten hat, der wird sich leicht in Beurteilung des Fortschrittes einer Mission in diesem Lande täuschen. Zweck einer Mission ist in der Tat, viele gute Christen heranzubilden, und man pflegt deshalb die größere oder geringere Arbeitsleistung nach der Zahl der Getauften abzuschätzen. Es ist jedoch am Platze, zu bemerken, daß ein solches Urteil nicht ans alle Fälle gleicherweise angewendet werden kann: mag es richtig sein für schon länger bestehende Stationen, so gilt es doch nicht ebenso für neugegründete, wo der Apostel zuerst ansreißen und zerstören muß, bevor er an das Aufbauen und Anpflanzen denken kann. Das Gesagte gilt wohl auch von Attigo oder Tonga. Vor fünf Jahren wurde die Station am äußersten Ende des Schilluklandes gegründet. Im Augusthefte des 9. Jahrganges des „Stern der Neger" hat der hochwürdige P. Bernard Kohnen die vielen Hindernisse und Schwierigkeiten erwähnt, die sich der Gründung in den Weg stellten. Er hat dort auch ein Bild entworfen und geschildert, was es heißt, in der afrikanischen Wildnis neu anfangen. Unter vielen Mühen und unter Entbehrungen aller Art wurde ein Haus gebaut, das das Leben des Missionärs vor den pestartigen Ausdünstungen der großen Sümpfe und vor den Stichen unzähliger Insekten schützen sollte. Da es aber hier gänzlich an Steinen gebrach, so mußte man zuerst daran gehen, Ziegel zu brennen, was unter vielen Mühseligkeiten und Beschwerden gelang, und konnte dann ein ziemlich bequemes Wohnhaus errichten, welche Arbeit aber die Kräfte der Missionäre dermaßen erschöpfte, daß sie alle gezwungen waren, sich in der Heimat wieder zu erholen. In verstärkter Zahl kehrten die Missionäre im Februar 1908 wieder auf ihren Posten zurück. So stand man also am Ende des Beginnens: die erste notwendige Bedingung, eine gesunde Wohnung, war geschaffen; man konnte also sogleich und mit allem Ernst an den Katechismusunterricht gehen und den Negern die ersten Begriffe einer ordentlichen Lebensweise beibringen. Das tat auch not: die Eingeborenen wußten bis zu diesem Tage nichts von der katholischen Kirche, sie besaßen keine Kenntnis vom menschgewordenen Gott: nur die Erwachsenen hatten eine verschwommene Idee von einem Leben nach dem Tode und von Gott, dem Schöpfer aller Dinge. Mit Ausnahme einiger Dutzend Kinder, die in Todesgefahr die Taufe erhalten hatten, war das Kreuzzeichen noch nie auf diese schwarzen Stirnen gezeichnet worden, noch nie das Lob Gottes, ein Gebet, über diese Lippen gekommen. Es schien fast, daß sie noch nicht wußten, zu welchem Zwecke wir zu ihnen gekommen seien: wir waren ihnen der vergangenen traurigen Erfahrungen wegen, die sie mit den Arabern gemacht hatten, sogar verdächtig und vielfach hielten sie uns für Spione der verhaßten Regierung. Von einer gesitteten Lebensweise hatten sie wenig angenommen. Männer unter 25 oder 30 Jahren, die im gewöhnlichenAlltags-leben mindestens ein Tuch umgehängt hatten, waren Ausnahmen. Das war also das Arbeitsfeld, das wir bei unserer Ankunft vorfanden. * * * Das Augenmerk des Missionärs richtet sich immer zuerst und vor allem anderen auf die Kinder, da dieselben, weil noch unberührt vom Schmutze der Sünde und frei von Borurteilen, ein sehr geeignetes Erdreich sind, um den Samen des göttlichen Wortes in sich aufzunehmen und ihn sich entfalten zu lassen. Aber wie das anfangen? Von einer verhältnismäßig geringen Zahl junger Leute abgesehen, welche um Arbeit bitten, läßt sich kaum ein Bursche bewegen, unser Haus zu betreten. Man muß also ihnen nachgehen, sie an sich zu ziehen suchen, ohne dabei aber den Verdacht der Eltern auch nur im leisesten rege zu machen. Wir legten daher diese heikle Sache in die Hände des hl. Josef, der uns auch bald ein sehr einfaches und zugleich erfolgreiches Mittel finden ließ. Wir standen gerade in dem seiner. Verehrung geweihten Monat, im März, der hier der heißeste Monat des Jahres ist und zugleich von der größten Trockenheit begleitet wird, da bemerkten wir, daß große Scharen von Schnepfen und Tauben die Felder der Eingeborenen heimsuchten, um den Samen der Pflanzen zu fressen. Die Notwendigkeit, diese Tiere von dem ihnen liebgewordencn Tische zu vertreiben, veranlaßte uns, einen kleinen Morgenspaziergang mit der Büchse zu machen. Beim Geknatter des Gewehres kamen von allen Seiten Scharen von Negern und diese machten sich eifrig über die getöteten Vögel her oder verfolgten die verwundeten mit Stöcken und man sah kaum jemanden, der uns nicht das eine oder das andere dieser Tiere brachte. Jeder wollte nun von der Mission eine kleine Belohnung erhalten und sie empfingen auch eine solche. Nach einer ganz kurzen Unterweisung int Katechismus gaben wir ihnen ein Stückchen Zucker oder ein wenig Salz, was ihnen nicht geringe Freude verursachte. Dadurch wurden wir geg nseitig miteinander näher bekannt und der Monat des hl. Josef war noch nicht zu Ende, als wir schon eine stattliche Anzahl Buben besaßen, die sich verpflichteten, täglich den Katechismusunterricht zu besuchen. * -i- * Nicht uninteressant sind die ersten Antworten, welche wir von jenen Schwarzen er- hielten. So z. B. antwortete einer auf die Frage: „Wozu hat dich Gott erschaffen?" — „Be ciam biel — um Sorgho zu essen" — und ein anderer: „Be quae dok —um die Kühe zu weiden." Eines Tages kam zu uns eine Frau zu Besuch mit einem kleinen Knaben von sieben oder acht Jahren, welcher, da er sah, wie seine Mutter ein wenig Tabak erhielt, „um es in den Mund zu stecken", wie sie sagte, ebenfalls etwas haben wollte. „Höre mal," sprach zu ihm der Pater, „wenn du mir auf meine Frage Antwort gibst, gebe ich dir ein Stückchen Zucker: Wer hat dich erschaffen?" „Cuc’ ian — ich weiß nicht." „Was, du weißt es nicht? Dich hat der liebe Gott erschaffen, welcher alle Dinge gemacht hat. Und weißt du, wozu er dich erschaffen hat?" Abermals: „Cuc’ ian.“ „Was, du weißt es nicht?" schalt ihn die Mutter heftig. „Du weißt nicht, daß Gott dich geschaffen hat, um von den Mücken gestochen zu werden?" Zum besseren Verständnis dieser wenig glücklichen Bestimmung des kleinen Buben möge dienen, daß unter den Schilluk der Glaube an einen großen Geist, den Schöpfer aller Dinge, herrscht, aber nur in den rohesten Zügen, ferner eine ganz dunkle Idee von dem irdischen Paradiese und dem Falle der Menschen, welcher eine gänzliche Verschlimmerung der Natur verursachte. Daher kommt es, daß die Schilluk, obschvn sie dem Giuoch (Gott) den Titel: ui terre bene — Vater aller Völker — einräumen, dennoch, erbittert ob des vielen Unheils auf dieser Welt, das nach ihrer Ansicht ebenfalls von Gott herrührt, für ihn nur Bezeichnungen haben, welche das Schreckliche und Grausame hervorheben. Es ist klar, daß der Missionär, abgesehen von allen anderen Schwierigkeiten, die sich seinem Wirken gewöhnlich bei wilden Völkern entgegenstellen, bei den Schilluk in erster Linie diese Vorurteile beseitigen und sein Augenmerk stets darauf richten müsse, diesen Armen die Wahrheit vor Augen zu führen und jedes Gefühl des Zornes und Hasses Gott gegenüber zu ersticken. Auf diese Weise versuchte man es auch hier bei uns. Und damit sich die wahre Lehre Christi um so rascher verbreite, so dachte man daran, eine Art Katechismusunterweisung auch für die Müdcheu einzuführen. Diesmal vertrauten wir das Unternehmen der allerseligsten Jungfrau Maria an und bevor noch der Mai seinen Abschluß gefunden, besuchte bereits eine gute Anzahl Mädchen jeden Tag den Katechismus. * * -r- Unterdessen kamen viele Erwachsene, namentlich Frauen, um Arbeit zu suchen, wofür wir ihnen als Lohn Leinwand, Eisen und Perlen gaben. Es waren nahezu 50 bis 60 Personen beschäftigt, Sand zusammenzutragen, ihn zu zerreiben und zur Ziegelfabrikation zuzubereiten usw. Man errichtete daher eine eigene Unterrichtsabteilung für die erwachsenen Arbeiterinnen, welche während der heißesten Zeit des Tages gerne ein Stündchen von ihrer Arbeit ablassen, um „Gott zu loben", wie sie sagen, d. h. um, zu Füßen eines Paters sitzend, die Erklärung der Grundwahrheiten unserer heiligen Religion zu hören und das heilige Kreuzzeichen, das Vaterunser, den Englischen Gruß und das Glaubensbekenntnis zu lernen. Der Unterricht wird ihnen durch Wandtafeln mit entsprechenden Zeichnungen erleichtert. Dieses arme Volk zeigte stets ein besonderes Interesse bei den Bildern aus dem Leiden unseres Herrn und während einige ältere Frauen den Heiland bemitleideten, der so viele Schmerzen schweigend ertrug, hatten andere Worte der Entrüstung gegen I die unmenschlichen Soldaten. * * * Ein Punkt, der nicht weniger geeignet war, ihr hohes Interesse zu erregen, war die Erschaffung und der Fall des ersten Menschen. Die Folgen der ersten Sünde rührten sie bis tief in die innerste Seele. Während sie sonst auf dem Boden kauerten, Tabak kauten und sich gegenseitig die cica reichten oder ans ihren ungeheuren Pfeifen den Qualm in die Luft bliesen, sah man, sobald die Erklärung sie zu interessieren anfing, die Züge ans der Pfeife immer seltener und schwächer werden, bis diese schließlich ganz bewegungslos vom Munde herabhing, das Feuer ausging und ein Ooh!!! der Verwunderung dem rauchgeschwärzten Kehlkopfe entstieg. „Habet ihr es verstanden?" sagte eine von diesen alten Frauen zu ihren Nachbarinnen: „der Tod ist, es ist wahr, eine sehr schlechte Sache, aber Gott hat ihn nicht geschaffen. Er hat gesagt: Esset nicht die Früchte dieses Baumes und Reba (Eva) weigerte sich, auf ihn zu hören, und der Tod ist gekommen. Gott hat die Schlange geschaffen, um Insekten zu fressen, aber der Mensch ließ sich von der bösen Lust fortreißen und darum hat auch die Schlange angefangen, dem Menschen in die Füße zu beißen. Der Skorpion war auch gut im Anfang, aber der Mensch wurde böse und daher fing auch der Skorpion an, dem Menschen in die Finger zu stechen." Die Wiederholung dieses Punktes war damit von ihrer Seite beendet, darum kam nun die Pfeife wieder zu ihrem Rechte, die Wangen begannen von neuem ihre Arbeit und der Rauch stieg alsbald wolkenähnlich in der Hütte empor, wahrend nun auch die Nachbarinnen ihr Urteil abgaben, wobei sie die Naschhaftigkeit der Eva verwünschten, den Verlust des schönen Paradieses betrauerten und die Schlange verspotteten, die, weil sie den Menschen versuchte, nun verurteilt sei, Kröten zu fressen. II. Und nun nach 20 Monaten der Arbeit erhebt sich ganz von selbst die Frage: „Was haben wir erreicht?" In Bezug auf Zivilisation können wir sofort einen Fortschritt verzeichnen: heute kann man die jungen Burschen, die nach dem 16. oder 17. Lebensjahre nicht für gewöhnlich einen Lendenschurz tragen, bereits an den Fingern abzählen. Nicht weniger in die Augen springend ist der von der Religion erzielte Fortschritt, welche das Licht der Wahrheit ist, das die Finsternis erleuchtet und die Lüge zerstreut. Ich hatte öfters Gelegenheit, den Unterhaltungen beizuwohnen, bei denen die Buben und auch größere Leute unter lautem Gelächter die Gaukeleien und Narrheiten ihrer Zauberer ins Lächerliche zogen und derartige Dinge als Teufelszeug und Schwindeleien bezeichneten, womit die Zauberer den dummen Schilluk die Hühner und Ziegen entlocken wollten. „Wir wissen ganz gut," sagte eines Tages eilt Bursche, „was unsere agiogo (Zauberer) können. Sie lassen den Kranken zuerst vom Pater kurieren und wenn sie sehen, daß sich der Zustand desselben verschlimmert, schimpfen sie, daß der Pater ihn verderben wolle; bemerken sie aber, daß der Kranke genesen werde, dann nehmen auch noch sie den Leidenden in die Kur, machen tausenderlei Grimassen, verzehren manchen Hahn und manche Ziege und erklären schließlich, daß der Kranke von ihnen geheilt worden sei, und zwar mittelst einer Pflanze, welche nur sie allein wüßten und die sie bei Mondschein gesammelt hätten." „Es sind Lügner," setzte ein zweiter hinzu, „die da vorgeben, sie heilten die Kranken durch ihre Musik ans einer Muschel und mit den Gedärmen eines Hahnes." — Luoug, der Sohn eines Zauberers, war einer der ersten, der sich lustig machte über die Zaubereien seines Vaters, und einer der eifrigsten int Besuche der Mission und er gibt uns heute berechtigte Hoffnung, daß er es zu einem guten Katholiken bringen werde. Man würde dem segensreichen Einflüsse des göttlichen Wortes Eintrag tun, wollte man annehmen, daß nicht auch die Sittlichkeit gehoben worden wäre. Die wesentlichen Vorschriften einer christlichen Gesittung gelangen immer mehr znm Durchbruche unter denjenigen Knaben und Mädchen, welche den Katechis-mnsunterricht besuchen. Öfters kam ich gerade dazu, wie sie sich gegenseitig ernstlich derartige Fehler verwiesen und nicht selten beschwerten sie sich bei mir, daß dieser oder jener beim Spiele Schimpfworte wie „Teufel" usw. habe fallen lassen. Hören wir z. B. ein vertrauliches Gespräch, das zwei unter sich führen. Es sind zwei Buben, von vierzehn oder fünfzehn Jahren, welche den Pater bei einem Besuche begleitet hatten und sich, da die Nacht bereits hereingebrochen war, noch im Missionshause befanden. Draußen herrschte ein heftiges Ungewitter, es folgte Blitz auf Blitz, Schlag auf Schlag und fast schien es, als wolle der Himmel zusammenbrechen. „Jetzt esset etwas," sprach daher der Pater, „betet dann das Abendgebet und legt euch zur Ruhe: denn bei diesem Unwetter könnt ihr nicht nach Hause gehen." Die beiden waren jetzt allein und glaubten daher, es höre sie niemand' „Was meinst du'?" fragte nun der eine seinen Kameraden: „ich fürchte, daß irgend ein Blitz in dieses Haus, weil es so hoch ist, einschlagen könnte. Ich fürchte mich: wäre es nicht besser, wir gingen nach Hause in unsere kleine Strohhütte?" „Was? Furcht? Weißt tut nicht, daß die Christen sich nicht vor dem Blitze fürchten?" antwortete der andere, indem er dadurch den Schutz Gottes, der über dieselben ausgebreitet liegt, andeuten wollte. „Das weiß ich schon," entgegnetc der erstere, „daß die Christen keine Furcht haben, denn sie sind getauft. Und wenn sie sterben, dann kommen sie in den Himmel zum lieben Gott; wir aber haben die Taufe noch nicht und wenn ein Blitz trifft, wohin werden wir kommen?" Dieses in vertraulichem Tone gehaltene Gespräch, das sie aus Furcht, von irgend jemand gehört zu werden, nur mit unterdrückter Stimme geführt hatten, läßt keinen Zweifel übrig an ihrer Aufrichtigkeit. Oder vernehmen wir ein anderes Ereignis. Wir befinden uns Mitte Juli 1909. Bei einer Katechismusstunde erschienen, während einige Dutzend Neger derselben beiwohnen, im Hofe der Mission zwei großgewachsene, breitschultrige Burschen und ließen sich, um nicht zu stören, ruhig auf dem Boden nieder. Nach Schluß der Stunde stellten sie sich vor. „Pater, wir sind gekommen, um dich um ein Kleid für einen Toten zu bitten." „Wer ist dieser Tote?" „Quailual, der Häuptling des Dorfes Atnnkiel." „Da ihr mich nicht gerufen habt, als er noch lebte," entgegnete ich ihnen, „wie könnt ihr euch einbilden, daß ich ihm nun, da er bereits tot ist, ein Kleid geben werde; ich kümmere mich nicht darum." „Ja, wenn du sofort kommst, findest du ihn noch am Leben!" „So ist er also noch nicht tot?" „Nein, aber er liegt in den letzten Zügen Wenige Minuten hernach war der Pater schon auf dem Weg, begleitet vom Bruder Polognato, der als Doktor sich der allgemeinen Achtung und Liebe Vonseiten der Schilluk erfreut. Endlich waren sie im Dorfe Atunkiel angelangt. Die Leute begrüßten ehrfurchtsvoll den Pater, der da kam, um den sterbenden Häuptling zu besuchen. Wir mußten uns bis auf den Boden niederbücken, um in das Innere der Hütte zu kommen. Hier saßen die Ältesten des Dorfes in der 174 Stern der Neger. Heft 8/9. Runde auf dem Boden, ihre Pfeife rauchend: sie begrüßten uns stumm. Quailual lag auf dem Boden, auf ein Fell gebettet, und man hätte ihn für einen Toten gehalten, wenn nicht ein ganz leises Heben und Senken der Brust das fliehende Leben verraten hätte. gab dem Kranken einige Tropfen Magenbitter, der ihn vollständig wieder zum Gebrauch der Sinne brachte. Der arme Mann war schwer krank und hatte, da er von den Zauberern schon ganz aufgegeben war, seit mehr als einem Tage keinen Tropfen Wasser mehr erhalten. es*. ÜSH r~ Ifcatecbismuestunfce in Tonga. Der Missionär erklärt den aufmerksamen kleinen Schwarzen das Leben und Leiden Christi nach den Bildern aus der Biblischen Beschichte. Die Schule, eine Lehmhütte mit Strohdach im Hintergrund, ist viel zu heiß, darum wird der Unterricht außerhalb derselben gehalten. Der Bruder hielt ihm ein Fläschchen Ammoniakgeist unter die Nase und besprengte ihn mit frischem Wasser, worauf Quailual einen tiefen Atemzug tat, wie einer, der aus todesähnlichem Schlummer erwacht. In der Hütte erscholl aus dem Munde der Anwesenden ein Povh!!! der Verwunderung: der Bruder Es war keine Zeit zu verlieren: darum begann der Pater, ihm zu erklären, daß er außer der Arznei für den Körper auch die für die Seele mitgebracht habe, welche ihn nach dem Tode ewig glücklich machen könnte und daß dieselbe im Glauben an den einen Gott bestehe, den Schöpfer aller Dinge. . . . Heft 8/9. 175 Stern der Neger, Da Metgiak Im um, der Sohn des Quailual, welcher stillschweigend dem Unterrichte beiwohnte, sah, daß sein Vater zu schwach war, das Wort Gottes weiter zu vernehmen, und abermals bewußtlos zu werden drohte, hob er ihm den Kopf ein wenig empor und sprach zu ihm in zärtlicher Weise: „Quailual, mein Vater, vernimm das wesend war, derselbe diese Grundwahrheiten somit von andern Schilluk gelernt hatte. Um mich kurz zu fassen, Metgiak leistete treffliche Dienste, indem er nämlich seinem Vater nochmals die kurze Unterweisung des Paters laut in dem gewohnten Schillukdialekte ins Ohr sagte, allerdings in einer Weise, die etwas Rohes an sich hatte. Der arme alte Eiscblerwerhstätte in Tonga. Der Bruder Tischler lehrt seine schwarzen Buben, wie sie die notwendigsten Einrichtungs-gegenstände anfertigen können. Die Werkstätte befindet sich im vordern Hause der Mission, das aus Ziegelsteinen aufgeführt ist. Wort des Paters, welches das Wort Gottes ist. Du mußt dem Pater nachsprechen: Ich glaube an einen Gott in drei göttlichen Personen: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist." Es ist hier zu bemerken, daß, da der Pater die Namen der drei göttlichen Personen noch nicht ausgesprochen hatte und Metgiak Arnum noch nie bei einem Katechismus an- $ citer hörte ihn geduldig an, wiederholte die verlangten Worte, gab durch Zeichen zu verstehen, daß er glaube, bat um Nachlassung der Sünden und wurde getauft. Inzwischen war die Sonne untergegangen. Der Pater, der sich auf den Heimweg machen wollte, trat nun ins Freie heraus aus der I Hütte, um die kleinen Buben und Mädchen I loszuwerden, welche schon lange draußen vor der Türe to arteten, um ein Stückchen Zucker zu erhaltet Nachdem er dieselben befriedigt hatte — ein Punkt, der in diesem Lande nicht zu den kleinsten Schwierigkeiten der Pastoration zählt — verdoppelte er seine Schritte, um möglichst rasch nach Hanse zu kommen, als er bemerkte, daß ihm einer in großen Sprüngen nachkam. Er drehte sich um und er erkannte in ihm 2or, den Enkel des Qnailnal, einen Buben von 12 Jahren. „Pater", rief er ängstlich und mit leiser Stimme aus Furcht, gehört zu werden. „Lor, du hier? Was gibt's denn? Den Zucker hast du doch bekommen?" „Abuna, ia quage tiö — Pater, ich habe noch eine Bitte an dich." „Sprich!" „Hast du meinen Großvater gesehen?" „Ja." „Wird er sterben?" „Ich glaube schon." „Aber er ist nicht getauft und stirbt er, so kommt er in das Haus des Feuers." „Troste dich nur, Lor, deinen Großvater habe ich unterrichtet und auch bereits schon getauft, aber es haben dies nicht alle gesehen." Bei diesen Worten atmete Lor tief auf, als ob eine große Last von ihm genommen worden wäre, und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Morgen", fügte der Pater hinzu, „kannst du ihm die Glaubenswahrheiten von neuem wiederholen und auch ich werde wiederkommen, ihn zu besuchen." Qnailnal lebte noch kurze Zeit-, er hatte das Glück, vom Pater öfter besucht und belehrt zu werden, während der kleine Lor und Gnatö, dessen Cousine, ein Mädchen von 15 Jahren, in ihm immer wiever die Erinnerung an Gott und die Grundwahrheiten unserer heiligen Religion wach erhielten. * * * Auch der Sonntag ist in Tonga nicht mehr ein Tag völliger Vereinsamung, wie dies anfangs der Fall war, wo noch niemand mit uns in Verkehr stand, sondern er trägt nun vollständig den kirchlichen Charakter au sich wie in einer katholischen Gegend. In aller Frühe schon flattert auf der Terrasse des Hauses eine Fahne, während die schöne Glocke, ein Geschenk der Seminaristen von Saronno, ihre hellen Klänge in die frische Morgenluft hinaus sendet, worauf dann ungefähr 50 Personen beiderlei Geschlechts mit großer Pünktlichkeit herbeieilen, um dem Gottesdienst beizuwohnen. Der Sonntag ist ein Tag der Freude und der Belustigung und wird geschlossen mit einer kurzen Ansprache und dem Segen mit dem Allerheiligsten. Nun noch einen Vorfall, welcher, so geringfügig er ist, doch zeigt, welchen Wert die Neger der heiligen Messe beilegen. An einem Festmorgen ruft nach Beendigung der heiligen Messe, während die Knaben noch einige lustige Sprünge machten, bevor sie sich trennten, einer aus ihnen ganz betrübt den Pater auf die Seite und sagt ihm ins Ohr: „Pater, ich habe eine große Sünde begangen." „Was hast du denn angestellt?" „Ich habe sehr fest geschlafen und die Glocke nicht gehört und niemand hat mich geweckt und darum bin ich zu spät zur heiligen Messe gekommen." Nachdem der Pater ihn belehrt hatte, daß er deswegen vor Gott keine Schuld habe, heiterte sich sein Gesicht wieder auf und er nahm nun ebenfalls am fröhlichen Spiel der Knaben teil. Um das Bild des gegenwärtigen Zustandes der Station Tonga zu vervollständigen, fügen wir noch bei, daß ein Dutzend Knaben im Lesen und Schreiben herrliche Fortschritte geinacht hat, so daß sie die allgemeine Bewunderung der älteren Schillnk hervorriefen, die kaum glauben können, daß die kleinen Knirpse Schilluknamen, Sentenzen usw. aus die Tafel schreiben können und dann sie wieder zu lesen imstande sind. Diese wenigen Tatsachen von einst und jetzt mögen genügen, um zu zeigen, wie dieser kleine Sauerteig allmählich hineindringt und die ganze Masse mit der Zeit unmerklich um» ändern wird. Im heurigen Jahre beendigen einige ihr zweijähriges Katechumenat. Wenn ihre bisherige Aufführung auch ferner so bleiben wird, so werden sie in nicht ferner Zeit zur Taufe zugelassen werden und so den Grundstock zur christlichen Generation unter den Schilluk bilden. Auf dieser Hoffnung beruht der ganze Trost des Missionärs und er belebt, ohne sich eitlen Täuschungen hinzugeben, sein Vertrauen und seinen Mut durch den Hinblick auf denjenigen, welcher das Werk der Bekehrung angefangen hat und auch das Gedeihen desselben verleihen wird. Unsere guten Freunde in Europa, welchen ein Großteil von dem wenigen Guten, das wir mit unseren Kräften in Afrika vollführen, zugute kommt, mögen die Ankunft des Tages der Erlösung beschleunigen helfen, indem sie ihre Gebete mit unseren Mühen vereinigen, um dem göttlichen Herzen Jesu eine sanfte Gewalt anzutun, daß es sich der armen Schwarzen erbarmen möge! P. Josef Bernabe F. S. C. Wie die Scdilluk übet uns Millionäre, unser %anb und unsere Landsleute denken. Von Ibocbw. P. Ilstdor Stang F. 8. C. sdjiufe. In früheren Jahren liefen Knaben, Jünglinge und selbst die Männer im Schilluklande im Adamskostüme einher, während das weibliche Geschlecht stets Kleider aus Tierfellen (Schaf-, Ziegen-, Kalb- und Gazelleufellen) trug. Seit einigen Jahren ist hierin ein bedeutender Umschwung zum bessern eingetreten, an welchem gewiß unsere Missionsstation das Hauptverdienst hat. Biele Jünglinge kamen oft aus sehr weiter Entfernung tagtäglich zu uns, um sich bei uns ein Kleid zu erarbeiten, und es gilt selbst bei den ganz jüngeren Burschen als nicht mehr geziemend, nackt herumzulaufen. Außerdem ist es drei Monate lang, von Mitte November bis Mitte Februar, in welcher Zeit der Nordwind weht, hier recht frisch, besonders am Morgen und Abend, und so haben die leichtlebigen Schilluk an ihrem eigenen Leibe selbst einsehen gelernt, daß die Kleidung ihnen doch sehr gute Dienste leisten könne, besonders aber in der Krank- heit, wo sie oft in ihrer Hütte große Kälte erdulden müssen. Oft arbeitet so ein Jüngling um zwei bis drei Kleider: denn das eine behält er für sich, das andere gehört seiner Mutter oder zukünftigen Braut und das dritte ist für seinen Vater oder für seine Schwester bestimmt. Die Kleidung der Männer besteht aus einem weißen, leichten, baumwollenen Stoffe, mit welchem sie sich einhüllen. Auch die Weiber werden seit neuerer Zeit immer bequemer und indem sie ihre so kleidsamen Tierfelle immer mehr ablegen, hüllen sie sich in einen leichten blauen Stoff, „Abiu" genannt, ein. Nachdem nun die Kleiderfrage auf einmal bei den Schilluk eine so große Rolle spielt, bin ich von manchem derselben schon öfters gefragt worden, aus was man denn eigentlich bei uns in Europa diese Stoffe verfertige und wie und wer dies tut. Da es hierzulande keine Wollschafe und somit auch keine Wolle gibt, so hat hier niemand eine Idee von der Wolle. Auch Hanf und Flachs sind den Schilluk unbekannte Dinge. Die Baumwolle jedoch kennen sie und pflanzen sie sich hie und da einige Stauden an. Viele glauben nun, bei uns in Europa gäbe es große Vögel, die man zu Hause in Käfigen halte. Nach ihrer Meinung übergibt man diesen die reine Baumwolle pflockenweise und nachdem man sie vorher noch recht gut gefüttert habe, be- P. Stanci mit Scbillufobnaben. Abun Tang, wie er von den Negern dort genannt wird, ist von seinen Katechisten umgeben. Rechts ist der neugetaufte 3ofef; die übrigen sind eifrige Katechisten. gännen sie sogleich die verschiedensten Kleidungsstücke zu weben. Je größer und schöner der Vogel sei, desto schönere, stärkere und längere Kleidungsstücke brächte er zustande. Die Schilluk können sich eben infolge ihrer großen Faulheit nicht leicht vorstellen, daß ein Mensch so feine Kleidungsstücke weben könne, dafür haben sie eben keine Geduld. Außerdem kommt hierzulande recht häufig der sogenannte Webervögel vor, der unseren Sperlingen sehr ähnelt, welcher sein Nest recht künstlerisch mt§' Gras znsammenwebt: und es ist sehr naheliegend, daß die Schilluk sich ihre vorgenannte Idee in betreff Herstellung der Kleider von ihm gebildet haben. Webstuhl und Maschine kennen sie eben auch nicht: solch schreckliche und zeitraubende Instrumente wären von ihren Frauen, welche die meiste Zeit mit Kornstoßen und Mehlbereitung verwenden müssen, nicht nur nicht gesucht, sondern nur gefürchtet. Natürlich haben manche unter ihnen, während sie in Ombermatt usw. in der Sklaverei schmachteten, bei den Arabern das Weben von Baumwollzeugmitangesehen. Dieselben werden aber, als einstige Sklaven, von ihren Landsleuten nicht mehr als vollwertige Schilluk angesehen und man glaubt ihnen im allgemeinen nicht viel. Wenn sie auch ihren Ver-wandtcn und Bekannten ganz, klar mitteilen, wie das Weben von Kleidungsstücken vor sich geht, so finden sie oft nur wenig Glauben. Was der Schilluk eben nicht mit eigenen Augen sieht, daran glaubt er meistenssehr schwer! Einen gewaltigen Schrecken und eine schauderhafte Angst haben die Schilluk besonders vor den gottlosen Arabern und lasterhaften Türken in Bezug auf Gift und Giftmischerei stets gehabt. Sie haben hierin so dumme und lächerliche Begriffe und ihre erhitzte Phantasie malt ihnen oft so absonderliche und greuliche Bilder vor, daß man bei ihren Erzählungen oft versucht wird, zu glauben, es sei bei ihnen nicht ganz geheuer im obersten Stockwerke. Höchst wahrscheinlich ist cs, daß zur Zeit der verlotterten Türken- Herrschaft, noch mehr aber während der Schrcckenszeit der Mahdisten, von den ganz unnatürlich grausamen Dschallaba gar manche Schilluk durch Gift aus diesem Leben geschasst wurden. Alle diese traurigen Fälle wurden natürlich von den Verwandten und Bekannten der Getöteten heillos übertrieben und im ganzen Lande rasch verbreitet. Deshalb sah, daß die Knaben unserer Missionsstation, die ich hiemit beschenkte, eine recht große Freude daran hatten, so beschloß ich, auch einige von diesen Zuckerbonbons auf meinen Krankenbesuchen mitzunehmen, um sie bei meiner Ankunft in den Dörfern an die zahlreichen Kinder zu verschenken, um mir dadurch ihre Geneigtheit zu erwerben. Doch Erlegtes IRüpfevö. Das ganze Negerdorf zieht zur Jagd auf diefcs Ungetüm aus. Alle wollen darum auch bei der Berteilung ihren Anteil Fleisch haben. trauen die Schilluk keinem Araber mehr und gleich das erste Mal ging die Geschichte ganz, auch jeder Europäer wird gewöhnlich von und gar anders vor sich, als ich es mir ein- ihnen als Giftmischer betrachtet. Überall und gebildet hatte. Bereits hatte ich nämlich, im fast in allen europäischen Dingen, besonders bei ersten Dorfe angekommen, fast den meisten Sachen zum Essen und Trinken, wittert der Kindern alle mitgebrachten Süßigkeiten ge- Schilluk Gift. Als ich vor mehr als vier schenkt und wurde von der ganzen Schar, Jahren in dieses Land kam, hatte ich auch welche diese Näschereien verkostete, mit einer- einiges Zuckerwerk von Khartum ans mit- ganzen Lobeshpmne überschüttet. Da kam gebracht und weil ich zu meiner großen Freude plötzlich ein alter schilluk dahergelaufen und 180 Stern der Neger. Heft 8/9. rief laut das Wort „Gift" aus. Wie mit einem Schlage spuckten alle Kinder ihre Bonbons aus und rannten ganz entsetzt davon: so sehr hatte sie das Wort „Gift" in Schrecken gesetzt, daß sie selbst dann, nachdem ich sie mit aller mir zu Gebote stehenden Beredsamkeit vollständig überzeugt hatte, daß der gute Alte die Unwahrheit gesagt hatte, noch nicht wagten, sich die noch übrig gebliebenen Bonbons zu Gemüte zu führen. Erst nachdem ich zu ihrer Aufmunterung selbst einige verzehrte, gewannen sie das alte Gleichgewicht über sich selbst wieder und begannen lustig weiterzuessen, zum Schrecken des alten Mannes, der noch immer das Znckerwerk für Gift anschaute wegen dessen roter und gelber Farbe. Trotzdem wir Missionäre ihr volles Vertrauen erworben haben, trotzdem sie Tag für Tag bei uns, besonders bei P. Banholzer, der bei ihnen alles gilt, sich Rat erholen, muß man, was die Verabreichung von Medizinen betrifft, sehr vorsichtig mit ihnen sein und es trägt sehr zu ihrer Beruhigung bei, wenn 1 man selbst vorher die zu verabreichende Medizin an den Mund führt und ein klein wenig davon trinkt: dies gilt natürlich nur bei solchen Medizinen, bei welchen man es tun kann, ohne irgendwelchen Schaden zu erleiden. Wie und aus was das tödliche Gift fabriziert wird, sowohl von den gehaßten Arabern als auch von den unbekannten Weißen, darüber haben die tapferen Nachkommen „Nykangs" gewöhnlich folgende Ansicht. Sie glauben nämlich und behaupten ganz fest, daß die Dschallaba oder auch die andern Araber, wenn sie einen fetten Schwarzen sähen, denselben abfingen, ihn grausam töteten und das warme Blut auffingen. Hieraus zögen sie ihm die Haut ab und entledigten den Leichnam des Fettes, welches mit dem Blute und verschiedenen anderen Sachen vermischt und an der Sonne gedörrt würde. Sobald es nun eine ziemliche Zeit an der afrikanischen Sonne gelegen hat und recht ausgetrocknet sei, würde es recht fein iit Staub zerstoßen und mit dem Fette verschiedener giftiger Schlangen vermischt und fertig sei das Gift, welches Menschen und Vieh unfehlbar dem schnellsten Tod überliefere. Eine andere Giftbereitnng bestehe darin, daß man ans Menschenknochen, welche man zu ganz feinem Mehl zerstampfe, und anderen nur den Giftmachern bekannten greulichen Sachen einen Brei bereite, denselben recht gut untereinandermische und dann an der Sonne gut austrocknen lasse. Es ist noch nicht zwei Jahre her, daß unser erster christlicher Jüngling Niquei sich freiwillig mit dem Regierungsschiffe nach Khartum begab, um sich im dortigen Spitale einer großen und zugleich recht schwierigen Operation zu unterziehen. Dieselbe gelang ganz gut, aber die Wunde heilte nur ganz langsam und so mußte der arme Häuter einige Monate daselbst verweilen. Als nun die ersten zwei Monate vorüber waren und ich zufällig in sein Heimatsdorf kam, um einen kranken Verwandten von ihm zu besuchen, war die erste Frage aller Dorfgenossen an mich, wohin wir denn ihren Landsmann und Verwandten geschafft hätten und ob er nicht schon gar abgeschlachtet und in Gift verwandelt morden sei. Als ich hierüber lachte und sie über ihre so drollige Meinung aufzuklären suchte, fand ich leider taube Ohren. Erst auf die Kunde hin, daß ihr Landsmann mit dem nächsten Postschiffe in einigen Tagen kommen werde, beruhigte ich ihre unnütz aufgeregten Gemüter. Doch vollständig brachte man dieses Völklein erst wieder ins Geleise, als der gute Niquei endlich auf unserer Missionsstation angekommen war und einige Dorfgewaltige sich vollständig überzeugt hatten, daß es ihm gut gehe. Wäre er in Khartum gestorben und dort begraben worden, so hätten seine Verwandten und überhaupt sein ganzes Heimatsdorf fest und steif auf lange Zeit hin behauptet, sein Blut, sein Fett und seine Heft 8/9. Stern der Neger. 181 Knochen seien von den Fremden (Arabern nnd Dschallaba) zur Giftbereitung verwendet worden. Von den Europäern nehmen die Schillnk schon gewöhnlich an, daß sie nicht sn unmenschlich grausam wie die Araber seien und ihr Gift größtenteils aus Pflanzenstoffen und anderen unbekannten, nur in ihren Ländern vorkommenden Sachen bereiten. Ihr Gift aber sei so stark, daß es nicht nur unfehlbar wirke, wenn man es in irgend einer Speise genieße oder im Wasser oder Negerbier verabreicht trinke, sondern es habe sogar noch Erfolg, wenn man es mit dem Kleide des zu ermordenden Opfers in Berührung bringe oder in dessen Haus einschmuggle. Es kommt nicht selten vor, daß mancher Schillnk seiner: Feind durch Gift aus dem Wege schafft. Dazu wird dann ein Hexenmeister oft ans weiter Ferne, manchmal sogar aus dem Lande der Denka oder dem Nnerlande, herbeigeholt, der dann ganz still und unerkannt seines Amtes waltet nnd sein armes Opfer vermittels Giftes ineistens ganz sicher in die Unterwelt befördert. Ist eine solche Mordtat gut gelungen, so rvird der Medizinmann aufs beste belohnt, je nach dem Viehreichtum seines Gastgebers bekommt er oft zwei bis vier Kühe als Belohnung. Weil aber solchen Giftmischern oft das Gift ausgeht, so sind sie eifrig darauf bedacht, besonders bei den Arabern sich solches zu verschaffen, und bezahlen oft die höchsten Preise hiefür. In den ersten Jahren, als man uns Missionäre noch nicht im ganzen Lande kannte und viele noch die Idee hatten, wir seien nur gekommen, um Handel zu treiben, kam sogar einmal ein solcher Hexenmeister zu unserem P. Banholzer und bot ihm einen prächtigen Ochsen zum Geschenke an, wenn er ihm einige schnellwirkende Giftpulver schenken würde: der Pater, der seinen Pappenheimer kannte, erforschte ihm sein Gewissen recht gründlich und der schillukische Giftmischer suchte bald das Weite und war froh, noch einmal mit heiler Haut durchgekommen zu sein. Als ich bei meiner ersten Ankunft in Lul das Erbe des höchst ligen Bruder Heinrich, die Verabreichung von Medizin nämlich, übernehmen mußte, trauten mir die Schillnk zuerst gar nicht recht und manche sagten mir ganz offen heraus, ich sei ein Giftmischer, weil sie nämlich einmal gesehen hatten, wie ich zwei Arzneien von verschiedener Farbe zusammengemischt hatte. Ja, zwei bis drei Monate lang hörte ich immer von einigen Patienten das Wort „Timm" (Gift) aussprechen. Doch ich lachte hierüber und wartete geduldig zu. Heute, nach vier Jahren, sind die Verhältnisse ganz anders geworden und wenn es auch noch gar manche alte Schillnk gibt, welche uns Missionäre für Giftmischer halten, die Dummen werden eben auch im Schilluklande nicht alle, so hält doch die Schillukjugend fest zu uns. Ich habe, trotzdem ich nicht das Doktordiplom habe, bereits täglich mehr Patienten als der beste Arzt in Europa drüben, welche mir volles Vertrauen entgegenbringen und meine Medizinen furchtlos gläser- und flaschenweise vertilgen. Täglich gewinnen wir neue Kunden, welche dann meistens unsere Freunde werden. Ja, die Zeit ist nicht mehr ferne, wo dieses sonst so konservative Volk sich dem Christen-tume zuwenden wird, und die Mühen und Leiden der Missionäre und die Geldvpser der lieben Wohltäter werden gewiß überreichlich belohnt werden. Hier in diesem Lande braucht es eben große Geduld und man muß langsam vorangehen, weil man sonst nur mehr schaden würde. Das altbewährte Sprichwort: „Geduld bringt Rosen" geht besonders in diesen afrikanischen Ländern so recht in Erfüllung. 182 Stern der Neger. Heft 8/9. Don Gondokoro nach ©mäch*), der neuen sllMssionsstation. TReisebericbt des bodbw. P. Josef Vasqual Lrazzolara F. 8. C. Den nächsten Tug, den 9. März, gedachten wir nach 6 Uhr aufzubrechen, da nur ein kurzer Marsch vor uns lag. Doch um 5 Uhr nahten schon die Träger von Ibrahim, die uns mit ihrem Lärm aufweckten. In 5 Minuten waren wir marschbereit. Es war dies das erste und letzte Mal, daß die Träger Pünktlich zur festgesetzten Stunde eintrafen. - Singend und schreiend brach die ganze Karawane auf. — Das Landschaftsbild glich dem von gestern: alles eben mit sanfter Neigung gegen den Fluß. Zahlreiche Dörfer entsenden in früher Morgenstunde ihre Schaf- und Rinderherden auf die Weide. Etwas unerwartet war uns die Begegnung mit einem Radfahrer, hier mitten in einer Wildnis. Es war ein Engländer, der von Uganda kam in Begleitung eines Freundes, der gleichfalls Per Rad daherkam. Angelegentlichst erkundigte er sich, ob es von Gondökorv aus gegen Khartum Fahrgelegenheit gebe. Einige Hoffnung war vorhanden: hoffentlich haben sie nicht bis Ende des Monats auf das Postschiff warten müssen. Mit großer Teilnahme fragte er auch nach einem Bekannten von ihm, Dr. Brown (wenn ich mich des Namens noch recht entsinne), der vor kurzem mit ihm bis Nimule gekommen war und jetzt schon seit zirka acht Tagen im Schoße der Erde Gondokoro geborgen lag. Dr. Brown war ein englischer evangelischer Pastor, der 10 Jahre in Katanga (belg. Kongo) tätig gewesen war und nun in seine Heimat zurückkehren wollte: leider war's ihm nicht beschißen. Möge er in Gott einen gnädigen Richter und Vergelter *) Sprich: Linätsch. gefunden haben! Es soll ein sehr freundlicher und seeleneifriger Mann gewesen sein, wie IHyikang IRsaöor. Die Krankienwärterin hockt auf einem Fell vor der Tür der kranken Alima; sie ist traurig, weil ihr der Tabak ausgegangen ist. Monsignore Geyer, dem er in Nimule einen Besuch abgestattet, sich äußerte. „Er habe sehr wenig Erfolge gesehen, sei aber doch geblieben, weil Christus den Auftrag gab, das Evangelium zu verkünden!" Man hatte uns sein Grab in Gondökoro unter einem Baume gezeigt. Ein einfaches Kreuz schmückte es. Nachdem wir einen breiten Chor, der im tiefen Sande noch Wasser barg, durchquert, auch mit diese Stunde Träger nicht mehr langten wir gegen 8 Uhr in Kiriba, einer haben kann. v. I Wmm AM %äi- i rS’f «S. * =1 - MP . :•/" - ■ : ..WiJ . I, ' -: : ■- 1 i- R ■ M ■ Wi -:tÄ H 1-s 1! §■«• s s #1 a, S: v, S S .5 u^: £ © u 5 S 3 Y 5 K ii § ifl 0 'C< :S •° s ©■ ti 'S ' a CO 5 & ö s 1 P B: *» ö) •— :C Q ö •5t g B Z Ö 5= -b = =? S E Ä-S" =ä S s e 1 - i n S) Gruppe zahlreicher Dörfer, an. Weiter aber j Wir fanden eine schöne, geräumige Hütte konnten wir nicht mehr, da das' nächste Dorf i vor. Diese Hütten sind höchst einfach und echt über sechs Stunden entfernt ist und man ! tropisch. Ein Dach, dessen Gerippe zumeist aus Schilfrohr besteht, ist aufgestellt auf Pfählen, die in einer Gabel enden, welche auf Querbalken das Dach trägt. Damit sind die einfacheren Hütten fertig. Die besseren erhalten noch einen Zaun rund herum aus mehr oder weniger dicht aneinander stehenden Schilf-stengelchen. Die Türen sind so niedrig, daß man sich beim Hindurchgehen stets stark bücken muß. Von letzterer Art war die Hütte von Kiriba. Bald nach unserer Ankunft erschien der „grofje Sultan" in ganz modernem Kostüm mit einem Tarbnsch ans dem Kopfe. Er schenkte uns ein Schaf, brachte uns dann Milch und Eier. Er sprach ziemlich gut arabisch und rühmte sich, Khartum, Omdnrman und Umgebung sowie die verschiedenen Volksstämme den Weißen N>l hinab kennen gelernt zu haben zu Mahdis Zeiten. Inzwischen sprach er dem Kognakgläschen — ein Aluminiumflaschendeckel diente als Präsentierteller — das wir ihm ein paar Mal füllen mußten, tüchtig zu. Schließlich sagten wir ihm, wir fürchteten, es könnte ihm nicht gut tun. Er wollte es zwar nicht recht glauben, doch verabschiedete er sich mit dem Versprechen, uns noch einmal zu bewirten, was er natürlich pünktlich hielt. Er versprach, uns morgen mit den nötigen Trägern auszurüsten: wir gaben ihm Zucker zum Gegengeschenk. Wir hatten einen sehr heißen, schwülen Tag. Kein Lüftchen ließ sich wahrnehmen. Man probierte umsonst alle Winkel und Orte, um etwas Erfrischung zu finden. Eine heiße Sehnsucht nach einem kühlen, erfrischenden Glase Wasser verzehrte eines jeden Brust, aber nur zur Pein. Das Wasser, das es hier gab, hatte einen üblen Geruch und einen noch schlechteren Geschmack. Es war Nilwasser, aber nicht von der Strömung, sondern mitten ans dem hohen Schilfgrase, wo es nahezu stehendes Sumpfwasser ist, nur vielleicht noch ein wenig schlechter. Es wird jeder begreifen, daß wir die kühle, frische Nacht herbeisehnten, die unseren matten Gliedern wieder neues, frisches Leben eingoß. Den 10. März, 2 Uhr früh, ging's schon wieder munter durch die finstere, kühle Nacht. Ein Soldat ging voraus, der andere sollte die Karawane abschließen. Im nächsten Dorfe hörte man schon lärmen um der Träger willen. Nach Kiriba geht der Weg über eine kleine Gebirgskette, die den Bergflnß bis zum Asua begleitet. Wir hatten besonders in der Nacht einen sehr holperigen Weg zurückzulegen. Über Stock und Stein ging es dahin, bald aufwärts, bald wieder tief hinab in eine Furche und das unter beständigen zahlreichen Krümmungen. Man sah viele Steinblöcke zur Rechten und zur Linken, bis sich dann allmählich kleine Hügel zwischen uns und dem Nil einschoben — die Anfänge der Bergkette. Es ging durchschnittlich ziemlich ununterbrochen aufwärts, anfangs schwach, später bedeutend stärker. In der Frühe hatten wir eine sehr schöne Gegend vor uns. Wir marschierten über Hügel mit grünen Grasflecken, worauf auch hie und da eine schöne Blume zu sehen war, durchschritten auch dicht mit Bäumen bestandene Wälder >c. Es tauchten da in meiner Erinnerung wieder so manche Lieder auf, die leicht von den Lippen flössen, Nach Osten und Süden sahen wir auch schöne Berge. Zuletzt hatten wir noch eine Art Hochebene zu ersteigen auf ziemlich steinigem und felsigem Weg: oben angekommen, sahen wir Ledscho, unser heutiges Reiseziel. Wir waren dessen sehr froh, denn es begann warm und drückend zu werden. Nach einer halben Stunde sind wir in unserer Hütte. Es ist 81/-, Uhr. Die letzten Träger treffen erst gegen 11 Uhr ein. Der Häuptling macht uns einen Besuch: als er dann aber von Trägern reden hört, beginnt er zu lamentieren. Das kann schön werden. Ein Soldat ist ganz wütend. Den ganzen Nachmittag über verhandeln sie in ziemlich erregter Stimmung. Dieser Tag ist als der schlimmste unserer Reise in unser Gedächtnis eingetragen. Die Hütte war offen, die Warme höchst drückend. Dazu kam noch ein starker, aber glühend heißer Wind, der uns den Aufenthalt ans diesem Hügel höchst peinlich machte. Wir waren alsbald matt und mehr oder weniger niedergeschlagen lagen wir aus unsere Feldlager hingestreckt. Dazu kam noch schlechtes Wasser: den üblen Geruch desselben nahmen wir schon von weitem wahr. Es war einfach altes Regenwasser, das in einer Grube stehen geblieben. Es hatte inzwischen die verschiedensten Farben angenommen. Wir mußten es der Sicherheit halber sieden, daß der Schmutz wenigstens nichts Schädliches enthielte. Gezwungen trank man es. Meine Phantasie schweifte an jenem Tage sehnsüchtig in den Tiroler Bergen herum, wo es soviel erfrischendes Quellwasser gibt, während wir hier nicht einmal das gewöhnlichste Flnßivan er haben können. Doch mit Gottes Hilfe wird auch das vorüber gehen. Ans dieser buckeligen Welt hat man eben manchmal keinen anderen Trost als den des Glaubens an eine bessere Zukunft. Die Nacht brachte endlich auch heute wieder kühlende Frische. Am 11. März, l1/* Uhr früh, ging es schon wieder weiter. Es war eine stockfinstere Nacht. Der Himmel, frei von Wolken, erglänzte in Millionen glitzernder Sterne. Es war frisch und angenehm zum Gehen. Ich fühlte mich etwas unwohl. Mein Magen war beschwert, wohl infolge der gestrigen Strapazen. Erst nach gutem Erbrechen kehrten nach und nach die Kräfte wieder. Der hochw. P. Cvrdone fühlte sich ebenfalls nicht ganz wohl. Wir ritten darum gerne die zwei uns von Mon-signore Geyer zur Verfügung gestellten Esel. — Das Landschaftsbild ist noch immer dasselbe, nur fehlen heute die Steine und Felsen von gestern. Nachdem wir an einigen Weilern vorbei sind, beginnen wir alsbald zu steigen, und zwar von Stufe zu Stufe immer höher. Es ist das ein langweiliges und ermüdendes Gehen. Besonders gegen Ende, wenn man schon etwas müde ist und die Sonne bereits heiß zu werden anfängt, hofft man immer, die letzte dieser Stufen bald erreicht zu haben, um dann doch wieder vor einer neuen zu stehen, hernach neue Hoffnung und — neue Enttäuschung usw., bis man schließlich ganz melancholisch und mechanisch weiter trabt, bis der Weg zu Ende ist. Endlich um8lä Uhr waren wir in Nyonki (oder Musa) in unserer baufälligen Hütte. Die Hitze war auch heute wieder recht lästig, aber, was eine bedeutende Erleichterung war, von Zeit zu Zeit kam ein frisches Lüftchen. Das Wasser war von derselben Natur wie in Ledscho, übelriechend und übelschmeckend. Wir trinken es nur gesotten. Die Träger erscheinen heute nicht, also morgen heißt es unfreiwillig rasten. 12. März. Um 31/ Uhr erschienen auf einmal 25 Träger. Erst gegen 9 Uhr kamen die letzten, zu spät zum Weitergehen. Erst gegen Abend konnten sie gestern Ledscho verlassen. Auf halbem Wege entfernte sich davon die Hälfte unter nichtigen Vorwänden auf Nimmer- • wiedersehen, die anderen kamen heute in aller Frühe an. Für die Entflohenen mußte der Soldat und ein uns begleitender Neger aus Khartum (namens Titus) um Mitternacht Ersatzmänner suchen, während ein Getreuer von Ledscho redlich beim Gepäck Wache hielt. — Die Leute von Nyonki machten einen guten Eindruck. Sie kamen, um sich mit uns zu unterhalten. Sie hätten uns gern dort gesehen mit einer Schule oder wenigstens in der Nähe: sie versprachen uns gleich die Träger. Hier ist auch ein Posthaus, d. h. eine bessere Hütte für bie Post runners. Die Post wird nämlich durch Läufer befördert und an den Poststationen, wie hier in Nyonki, übernimmt einer mit frischen Kräften die Post und geht gleich weiter, um dann wieder ersetzt zu werden und so fort. Hier herum sah man viele Gazellen und Antilopen, doch keiner von uns konnte eine erjagen. 13. März, Endlich, 21 , Uhr morgens. 186 Stern der Neger. Heft 8/9. ■ging es wieder weiter in die kühle, wohltuende Nacht hinein. Allgemeines Landschaftsbild immer das alte. Der Wald wurde non jetzt an ziemlich dicht. Heute verließen wir endlich dieses heiße, wasserlose Becken, das durch die Latuka-Berge im Osten und Südosten und die niedere Gebirgskette gebildet wird, die nördlich von der Einmündung des Asnaflnsses in den Kergfluß sich nach Osten wendet und in die Latuka-Berge übergeht. Auf dem Passe angekommen, hatten wir winzig kleine Hügel (zirka 100 Meter) zu passieren, die gleich Kegeln dem Berge entsprungen Sträucher entfernt worden. Das Wasser, etwas besser als das der vorhergehenden Tage, fand sich in Vertiefungen des Sandes des llmct. Der Sultan ist nicht übel gesinnt. Träger wird er uns nach zwei bis drei Tagen geben: sie sind gegenwärtig in einer anderen Richtung in derselben Eigenschaft beschäftigt. Die Weiler sind hier auch sehr weit von einander entfernt und klein. Die nächste Strecke soll bedeutend schlimmer sein, was Träger betrifft. Gott wolle uns helfen, nur für ihn machen wir ja derartige Reisen! Hier wäre es auch bald zu einem blutigen Handgemenge gekommen EotalanltcM von Waötbalfa. scheinen, von schöner, zierlicher Form. Der Weg begann dann etwas abwärtszuführen, aber nicht gar zu viel, bis mir schließlich gauz unerwartet am Ziele waren, in ein paar Hütten, etwa 5 Minuten vom Bette des Umaflusses entfernt. Es war 7' 4 Uhr. Wir sind von Kiriba, wo wir noch den Nil sahen, bedeutend gestiegen und nachdem wir jetzt kaum den höchsten Punkt passiert, stehen wir schon fast in gleicher Höhe mit dem Nil. Es ergibt sich daraus ein sehr bedeutendes Gefälle für den Bergsluß auf dieser Strecke. Wir waren mitten im Wald, nur rings um die Hütte herum waren Bäume und zwischen dem Sultan und bem hitzigen Soldaten, der jenen einen „Narren" geheißen, was dieier sich nicht gefallen ließ. Einige gütige Worte kühlten jedoch das Feuer ab. Es war jetzt klar, daß wir nicht mehr mit unserem Gepäcke zusammen reisen konnten. Unsere Baganda hatten einerseits nichts zum Essen und andererseits keine Lust, zurückzubleiben, ebenso rw'e auch wir. Das längere Trinken von dem schmutzigen schlechten Wasser hätte wohl auch für unsere Gesundheit nachteilig wirken können. Wir beschlossen also, vorläufig bis zum Assua vorzudringen und dem Titus das Nötige für die Träger zu geben, der dann mit dem Soldaten die Träger Heft 8/9. Stern der Neger. 187 aufzutreiben hatte. Bei ihnen befand sich auch ein früherer „Läufer" (post runner) vonUganda, der später die Stelle des Titus vertrat. Um 2 Uhr des 14. März brachen wir mit den Baganda-Trügern, die unsere notwendigsten Sachen trugen, auf gegen Kiriffi. Es ging durch dichten Wald in südöstlicher Richtung am Fuße der Latnka-Berge. Westlich verdeckte | Am Abend hätte sich bald Bruder Klemens Schröer im Walde verloren. Erst nach längerem Suchen konnte er gefunden werden. Er konnte sich nicht mehr orientieren im Walde. Am 15. April kamen wir endlich am langersehnten Asfua-River an, von den Eingeborenen Ruassa genannt, einem jener wenigen Nebenflüsse des Niles, die immer Wasser haben. gp.........W lpoststation zwiscben Scbeltal und Waöibalta. eine niedere Erhebung des Bodens den Nil, hinter welchem die Berge von Dufile (Lado, Enklave) emporsteigen. Es ereignete sich auch an diesem Tage nichts Besonderes, als daß wir einigen Affen begegneten. Um 8^ Uhr kamen wir ermüdet bei einer auf drei Seiten offenen Hütte an. Wasser gab es keines. Man grub, da die Erde an einer Stelle feucht war, nach und wir erhielten einiges, aber schlechtes Wasser. In der Freude, endlich einmal hinreichendes, fließendes Wasser zu haben, standen wir bald barfuß im Wasser, um uns einmal wieder gründlich zu waschen und zu erfrischen. Der ganze zeitweilig mächtige Strom besteht gegenwärtig ans drei bis vier seichten Bächlein. Die Uferlandschaft ist sehr schön, geschmückt durch zahlreiche Delebpalmen, hinter welchen die verschiedenen anderen Bäume wie in künstlerischer 188 Stern der Neger. Heft 8/9: Ordnung sich daran zu reihen scheinen. Auch eine prächtige Vogelwelt trafen wir an. Eine Poststation ist das einzige Haus mit menschlichen Bewohnern in dieser Gegend. Für den morgigen Tag beschlossen wir den Weitermarsch nach Nimule, um dort die Ankunft unseres Gepäckes abzuwarten und unsere Träger aus Uganda in Freiheit zu setzen. 16. März. Um 3 Uhr ging es über Assna und dann hinauf an einem niederen Bergrücken, hinter welchem Nimule, der Residenzort des „Districts Commisary“ der „Nile province“, liegt. Von der Höhe aus hatten wir eine schöne Aussicht über die sich nach dem Süden hinziehende unabsehbare Ebene, welche mit dem Albert Nyanza endet, an dessen nördlichem Gestade unsere neue Station liegen soll: im Osten zieht sich ebenfalls ein niederes Hügelland südabwärts, soweit das Auge reicht. Um 71/o Uhr waren wir in Nimule, welches außer den Behausungen der Eingeborenen aus einigen Regierungshütten und Kaufmannslüden besteht. Die Kaufleute und die meisten Beamten sind, wie in ganz Uganda, Inder und katholische Goanesen. Zu unserer freudigsten Überraschung trafen wir hier den Bruder Cagol, bereits fertig für die Rückreise, während Monsignore Geyer noch in Omach, der neuen Station, ist. Er geleitet uns nach dem neuen Heim, das wir für die kommenden 14 Tage bewohnen wollten. Es war der einstige Palast Roosevelts (amerikanischen Expräsidenten) in Nimule, dem wir vor einem Monat etwas vor Gondökoro auf dem Schiffe, genannt j „Dal", begegnet waren. Die Hütte war sonst nicht übel, aber aufrecht stehen konnte man nur an wenigen Punkten derselben. Die Stangen für das Dach hatten so nachgegeben, daß man beständig mit dem Kopfe anrannte. Alsbald begleitete ich den Bruder Cagol zum Kommissär, der »ns in der Folge in jeder Weise behilflich war, so daß wir unser Gepäck in zehn Tagen nach unserer Ankunft hier haben konnten. Auf der Strecke Um a—Nimule sind eben sehr wenig Träger und die sind noch schwer zu haben. Wir inußten 35 Träger von Nimnle entgegenschicken bis Assua, darunter 15 des Kommissärs, die derselbe bereitwilligst uns zur Verfügung stellte. — Wir saßen noch einige Stunden in vertraulichem Gespräche beisammen mit Bruder Cagol, der über manche Punkte unsere Wißbegierde befriedigen mußte. Abends war er bereits am Assua. Wir hätten nun zu Fuß nach Omäch gehen können, aber nach den gemachten Erfahrungen hatten wir ganz und gar keine Lust mehr, mit (Notabene jetzt 60) Lokaltrügern einen noch längeren Weg als zuvor zurückzulegen: Gott weiß, wann wir angekommen wären. Also hieß es warten bis nach Ostern. Das war eine arme Karwoche und ein fast noch ärmeres Osterfest, an dem wir kaum Messe lesen konnten, des Unwetters wegen. Aber so lebt nun ein Missionär. Am 28. März, Ostermontag, bestiegen wir die Barke, wo wir auf unserem Gepäck volle zwei Tage sitzen mußten: denn der Raum war so beschränkt, daß wir nicht wußten, wo und wie wir unsere Beine ausstrecken sollten, von einem Aufrechtstehen gar keine Rede. Damit man wenigstens für die Nacht sich ausstrecken könnte, schlief ich, und das vielleicht am besten von allen, hoch oben auf dem Dache, auf welchem man allerdings die Wellen des Dachbleches stark verspürte, aber macht nichts (malesch). Auch diese armselige Reise fand, Gott sei Dank, ihren Abschluß am 30. März, abends. Monsignore Geyer fuhr mit demselben Schiffe weiter über Hvima, Kampalla (wo zwei katholische Bischöfe von Uganda residieren), Entebbe (Sitz des englischen Commisary für Uganda), Mombasa, Suez re. Omäch, 27. April 1910. Die Mode in Zentralafrika. Was für eine wunderliche, närrische und zugleich grausame Herrin ist doch die Mode! Ja, auch eine grausame, weil sie ihren Dienern unaufhörliche und bisweilen unglaubliche Opfer auferlegt. Trotzdem bleibt sie überall die Herrin. Wohin man geht, findet man sie, und zwar mit einem großen Gefolge von schwärmerischen Höflingen, die ihr sklavisch dienen. — Wer aber würde sich träumen lassen, daß auch die Wilden Afrikas, die doch fast nackt herumlaufen, sich um die Mode kümmernP Und doch ist es so, und zwar sind sie recht angelegentlich dafür besorgt, nicht weniger als unsere vornehmen Damen von Paris, und auch sie scheuen keine Opfer, wo es gilt, den Launen der Modekönigin Rechnung zu tragen. Doch Worte bleiben Worte und ihr wollt Belege hiefür: heraus also mit denselben! Ich habe davon eine solche Menge gesammelt, daß es wahrlich keine Not hat, euch damit aufzuwarten. Zum Beispiel. Kam da eines Tages ein armer alter Schilluk, Gnaqnei-auing, wirklich ein armer Schlucker, der hinter sich ein fettes Schaf nachzog, vielleicht das schönste seiner kleinen Herde, welche sein einziges Besitztum bildete. „Pater," redete er mich an, „ich möchte dieses Schaf gegen ein Stück Eisen umtauschen." „Gegen ein Stück Eisen! Was willst du daraus machen P Eine Lanze? Einen SpatenP" „Nein, nein, ich will daraus für meine Tochter Ringe anfertigen lassen." „Wie? Deine Tochter will eiserne Ringe haben? Du hast ja nicht einmal genug Brot im Hause, um deine Kinder zu ernähren, und du verlangst Eisen, um daraus Ringe für deine Tochter zu verfertigen?" „Ja, Vater, du hast allerdings Recht, ein gefährlich Ding ist der Hunger" und dabei drückte er sich auf den Bauch. „Ein schlimmes Ding, fürwahr, ist der Hunger, aber was soll ich tun, wenn meine Gnadek*) schon seit fünf Tagen sich weigert, Wasser und Holz zu holen, und gar nichts mehr tun will, bevor ich ihr nicht Ringe für ihre Füße bringe!" „Ja, Pater, du weißt nicht, was das sagen will, wenn ein Mädchen in etwas vernarrt ist . . ., sie sagt, daß alle ihre Altersgenossinnen schon Ringe an den Füßen tragen und daß auch sie solche tragen müsse; es sei eine zu große Schande, aus dem Hause zu gehen ohne Ringe an den Füßen. . . und sie jammert und schreit und tobt und will mir auf keinen Fall mehr gehorchen. Daher, guter Vater, gib mir Eisen und meine Gnadek wird wieder gehorsam und gelehrig sein. . ." Was sind das also für Eisenringe, derentwegen die Gnadek so viel wütet? Es ist Mode bei den Schillukfrauen, kleine und größere Ringe an den Füßen zu tragen. Sie haben deren zwei, drei oder auch vier an jedem Fuße und die reicheren sogar sechs. — Gewiß ! Vier bis sechs dieser eisernen Ringe von Fingerdicke an jedem Fuß sind eine Kleinigkeit! Nicht wahr? Aber vielleicht sind sie nicht sonderlich schwer? Doch man höre nur! Man trägt an jedem Fuß mehr als ein halbes Kilogramm Und tut es ihnen vielleicht nicht weh? O, freilich, und zwar sehr! Und diese Schmerzen sind mit so heftiger, da die jungen Damen der Schilluk von morgens früh bis abends spät stets beschäftigt sind, wie wir vom Vater der Gnadek eben gehört haben. Bald holen sie Wasser, dann wieder Holz, jetzt arbeiten sie am Feld, dann wieder verrichten sie ihre häuslichen Arbeiten und immer mit *) Gnadek ist der allgemeine Name für Tochter. diesen klingenden Eisenringen an den Füßen. Dann haben wir noch den Bach und zwar den Ball der Schilluk, der 3 bis 4 Stunden dauert, während welchem sie unaufhörlich herumspringen. So sind sie den ganzen Tag und selbst während des halben Abends auf den Beinen, immer mit dieser „Kleinigkeit" an den Füßen. Saget selbst, welch angenehmes Vergnügen das ist! Aber es ist nun einmal so Mode! Es kommt sehr häufig vor, daß die Füße infolge am lebenden Fuße zusammengeschweißt J wurden! Es versammelt sich zu diesem Zwecke das I ganze Dorf am Hauptplatze und die Ältesten beraten sich über die Art und Weise, wie sie der Armen helfen und sie befreien könnten. Diese selbst liegt aus dem Boden, rings um sie herum die „Professoren", der eine mit einer Zange, der andere mit einem Hammer, manche auch mit Riemen. Stelle man sich nur diese Tortur vor! Meine Feder sträubt sich, Edlansicbt vor. IRbartum. des Gewichtes und des beständigen Reibens | anschwellen; das Fleisch wird aufgerieben, j wird recht schmerzlich und die armen Fräuleins fangen an zu hinken. Aber, es geschieht aus Liebe zur Mode! Das Mädchen nimmt zu an Alter und ihre Füße wachsen infolgedessen. Die Ringe werden deshalb immer enger und enger, das Fleisch widersteht dieser engen Schranke und schließlich springt die Haut auf . . . Jetzt ist es höchste Zeit, sie davon zu befreien. Aber wie das anstellen, da diese teuren. Kleinodien dieselbe zu beschreiben. Ich sage nur, daß viele Schilluk-Schönheiten eine andere Art und Weise vorziehen und diese auch für besser befunden haben, um sich von diesem Zierat zu befreien. Sie kommen nämlich zum Bruder Jakob, welcher mit Hilfe eines mächtigen Schraubstockes und einer großen Zange die heikle Operation ausführt, während Bruder Poloniato, unser bekannter Doktor, seine Pflaster auf die Wunden legt und der Pater die Gelegenheit benützt, eine väterliche Ermahnung an die Patientin zu richten. Heft 8,9. 191 Stern der Neger. Hier ist es auch Mode, Ringe an den Handgelenken und Armmuskeln zu tragen, und dieselben sind stets sehr gesucht. Aber diese Ringe müssen der Mode des Landes entsprechen, da sie sonst nicht getragen werden und wären sie auch noch so fein und wertvoll. Diese Ringe unterscheiden sich voneinander je nach Stoff und Feinheit der Ausführung, ferner darin, welchem Range die Person angehört, für welche dieselben bestimmt sind: fast notwendig, daß man entweder selbst ein Schillnk ist oder daß man sich halb umbringen läßt, ohne auch nur das leiseste Zeichen von Schmerz zu verraten. Ich habe mir oft den Spaß gemacht, diese Armbänder abzuwägen, und wie viele fand ich, die ein Kilogramm überstiegen! — Ein einziges Armband über ein Kilogramm, welch niedliche Schmnckgegenstände, nicht? — Ich muß aber bemerken, daß diese Armbänder, sogenannte Longho, nicht nur zur Zierde, {Teüansicbt von IRbartum. sie sind teils von Eisen, teils von Messing, von Kupfer und auch von Elfenbein, zum Beispiel der Ghielo; häufig bestehen sie aus venezianischen Perlen, hin und wieder auch aus Silber, am weitaus öftesten aber aus gedrehten Stoppeln und einer besonderen Art Wurzeln. Jeder Ring muß ans einem einzigen Stücke verfertigt sein, so zwar, daß nicht einmal die Federn, die wir an unseren Armbändern zum leichten Schließen und Öffnen tragen, sich an denselben finden dürfen. Um sich ein Armband anlegen zu lassen, dazu ist sondern auch als Waffe dienen und namentlich bedienen sie sich derselben bei ihren Streitigkeiten, wo es dann Hiebe in Menge regnet. Ebenso ist auch das dritte Armband, Ngee genannt, sehr unter den Schillnk verbreitet. Es besteht aus Eisen und ist über und über mit eisernen Spitzen versehen, womit sie dem Gegner die Haut derart bearbeiten, daß er noch lange Zeit daran denkt. * -i- * Es ist traurig und es berührt einen schmerzlich, wenn man so einen jungen, kräf- tigen und breitschultrigen Mann daherkommen sieht mit einem stolzen Haarputz auf dem Kopf und ganz mit schneeweißen Federn geschmückt: wenn man ihn sieht mit seinen breiten Schultern sowie seinen nervigen Händen, man glaubt fast, daß er eigens dazu geschaffen wurde, sein fruchtbares Land urbar zu machen. Statt dessen faulenzt er, stiehlt unserem Herrgott den Tag weg und findet keine angelegentlichere Beschäftigung, als aller Welt seine Gestalt zu zeigen und sich zu brüsten mit seinem linken Arm, den er stets der Ringe wegen emporhalt. — Seht diese arme Schillnkhand! Vom Pulse an bis zum Ellbogen ist der ganze Arm mit 40 und noch mehr Messingringen bedeckt, die aufs engste ans Fleisch anliegen. Er trägt den Arm deshalb nach aufwärts gekehrt, weil sonst das Blut allzusehr in die Hand strömen würde. Nicht nur, daß der linke Arm nichts arbeiten kann, so ist er auch noch dazu heftig angeschwollen und schmerzend, weswegen der Unglückliche, um den Schmerz zu lindern, gezwungen ist, mit einem Messingringe, den er an der rechten Hand trägt, unaufhörlich den linken Arm zu reiben. Dieser grausamen Mode gegenüber haben wir Missionäre uns natürlich keineswegs gleichgültig verhalten; bald haben wir diese Faulenzer an den Pranger gestellt, bald sie gestraft, und zwar damit, daß wir ihnen keine Arbeit gaben, mit der Bemerkung, daß man bei uns mit solchen Händen nicht arbeiten könne, und ans diese Weise brachten wir es dahin, daß in weitem Umkreise unserer Station kaum einer mehr zu finden ist, welcher dieser grausamen Mode huldigt. Da wir nun schon einmal bei dieseni Gegenstände sind, so möge noch ein Wort über die Ohrgehänge der Schilluk folgen. Dieselben sind nicht so schön und niedlich wie unsere europäischen. Ein für allemal merke man sich: die Neger lieben das Starke, das Massive und darum tragen sie auch an ihren Ohren Ringe jeglichen Metalles, sogar von Blei, obschon sie mit großer Gier nach silbernen Ringen verlangen. Die Größe dieser Ohrgehänge ist sehr verschieden: so findet man z. B. Kokette, die einen Ohrschmnck tragen, der eine Spanne im Durchmesser mißt. Es ist sonderbar, daß sie nicht das Ohrläppchen, sondern den oberen Teil des Ohres durchlöchern. Wie mit dem Essen der Appetit wächst, so wächst bei den Schilluk auch mit dem Alter der Wunsch nach einem reichlicheren Ohrschmuck und viele Mädchen durchbohren sich ein zweites Mal das Ohr, um einen neuen Ring einzuhängen; mit der Zeit koinmt eilt dritter, dann ein vierter Ring dazu und so fort, bis schließlich in jedem Ohre acht bis zehn Ringe hängen. Wenn ihr nach Tonga filmet, würdet ihr finden, wie die Ohren vieler ganz besetzt sind mit Löchern, die von Eisen- oder Messingringen herrühren. — „Jeder hat seinen eigenen Gusto", hat einmal einer gesagt, der sich mit dem Ochsenstriegel das Haar frisierte. Viele andere Mädchen haben statt an Ringen ein großes Vergnügen an dünnen, langen Stäbchen, welche sie ebenfalls als Zierde in den Ohren tragen. Die Methode, die Ohren zu durchbohren, ist dabei überaus einfach und praktisch. Ich ging eines Tages durch ein nahegelegenes Dorf, um bei einem Kranken einen Besuch zu machen: da fand ich unter einer Akazie mit langen Dornen eine zahlreiche Schar von Knaben und Mädchen, alle eifrigst beschäftigt. Ich näherte mich ihnen und fragte: „Was macht ihr, Kinder?" „Oh, nichts Böses, Pater, Ua tui cit kipo iel — wir machen Löcher für die Ohrgehänge." Und wirklich! Soeben hatte ein größeres Mädchen einem kleinen das Ohr durchbohrt! Hub mit was für einem Instrument? Mit einem drei Zentimeter langen Dorn. Die Mädchen standen alle im Kreise herum und während das größte unter ihnen sich dabei Mühe gab, den Dorn durch das Ohr hin-dnrchzutreiben, preßte die Kleine nur die Lippen fest aufeinander und reckte ein wenig die Arme. Aber keine Träne, kein Schrei wurde bemerkt. Ein bißchen Erde ward auf die Wunde gelegt und so das Blut gestillt. Den Dorn läßt man dann einige Tage im Ohr, worauf man ihn herauszieht, um ihn durch einen anderen, dickeren zu ersetzen, dem bald ein dritter, vierter folgt, der stets dicker ist als der vorhergehende, bis das Loch ine für den Ring erforderliche Größe hat. Mancher von den werten Lesern dieses Berichtes wird vielleicht meinen, es sei in demselben denn doch vielleicht ein wenig zu stark aufgetragen worden: aber ich gestehe, daß dies keineswegs der Fall ist. Im Gegenteil; ich gebe die Versicherung, daß ich mich eher zu gelinde ausdrückte als zu überschwenglich. Ich gab in diesem Berichte nur einige Andeutungen, vieles habe ich ganz übergangen. So sagte ich z. B. nichts von den zahlreichen Schnüren, die teils aus venezianischen Perlen, teils aus kleinen Blechstücken bestehen. Man beginnt diese Schnüre oder, besser gesagt, Gürtel zu tragen, wenn man zum ersten Mal zum Tanze geht, d. i. bei den Mädchen ungefähr im achten Lebensjahre; während man sich bei dieser Gelegenheit mit zwei Schnüren begnügt, wächst deren Anzahl im Laufe der Zeit auf zehn, ja vierzehn, was abermals ein paar weitere Kilogramm Gewicht ausmacht, und wohlgemerkt, die Schnüre werden ebenfalls am bloßen Fuße getragen! — „Aber", werdet ihr sagen, „wozu denn io einen halben Blechwarenladen mit sich Herumschleppen? Was für eine Grausamkeit! Was für Narrheit!" — Nun, es geschieht aus Liebe zur Frau Mode und da ist alles erlaubt, ja sogar schön und geschmackvoll! Auch auf der Brust pflegt man mehrere Schnüre von venezianischen Glasperlen zu tragen; eine weitere, überaus breite Kette, die ans zahlreichen anderen Perlenkettchen von verschiedener Farbe besteht, bildet für die Mädchen den Hanptgegenstand ihres Schmuckes: ohne dieselbe erscheinen sie nie, weder bei einem Balle noch bei einer andern Festlichkeit. In der Auswahl ihrer Zieraten legen die Schilluk einen wirklich guten Geschmack an den Tag, sowohl in der Wahl der Farben wie im Zusammenstellen derselben. Gewisse recht lebhafte Farben lieben sie nicht, wie z. B. die rote, weil „zu auffallend". Andere Farben dagegen schließen sie aus, weil sie nicht Mode sind: mögen dieselben auch noch so sehr den einzelnen gefallen, mögen sie im benachbarten Dorfe noch so gebräuchlich sein, sind sie aber im eigenen Lande nicht Mode, so will keiner etwas davon wissen, auch dann nicht, wenn er einen Schmuckgegenstand in der betreffenden Farbe geschenkt erhält. Ich erinnere mich z. B., wie Monsignore Roveggio, als er in Kairo für die erste Expedition den Weißen Nil hinauf seine Vorbereitungen traf, in einem venezianischen Warenhause nur solche Perlen sich beschaffte, von denen er glaubte, daß sie nach dem Geschmack der Neger wären, um dann damit Lebensmittel einzutauschen oder auch den schwarzen Arbeitern den Lohn in dieser Form zu verabreichen. Auch ist es mir noch ganz gut in Erinnerung, daß er sich buntfarbige und mit den sonderlichsten Figuren bemalte Gegenstände mitnahm, um damit den einzelnen Stammeshäuptlingen aufwarten zu können und auf diese Weise sich deren Gunst zu sichern bei Gründung einer Missionsstation. Na — dachte ich mir damals — wie wird da den Negern beim Anblick dieser bunten Sachen das Wasser im Munde zusammenlaufen Aber ich hatte mich gewaltig verrechnet. Nach unserer Ankunft bei den Schilluk öffneten wir unser Gepäck und zeigten ihnen die glänzenden Schmuckgegenstände, für die sie aber nur Micke der Verachtung hatten. Auf alle unsere Versicherungen hin, daß wir ihnen mit diesen schönen und wertvollen Sachen ein Geschenk machen wollten, hatten sie nur die eine Antwort : Räc, und indem sie die Gegenstände in der Hand herumdrehten, sagten sie: Ja bedo — häßliches Zeug! Weg damit! Und sie wandten sich mit verächtlicher Gebärde ab. Zu all den angeführten Schmucksachen kommt aber noch eine ganze Menge anderweitigen Zierates hinzu, z. B. Muscheln, Haarbüschel, Ochsenschwänze, Vogelschnäbel Krokodilszähne, Löwenkrallen usw. — mit einem Worte, dem Neger ist jeder Plunder schön genug, wenn es gilt, den Anforderungen der Mode gerecht zu werden. Aber es ist an der Zeit, etwas zu berichten über die Mode, wie sie sich bezüglich der Kleidung und des Haarschmirckes kundgibt, und zwar wollen wir mit dem Haarschmuck beginnen, um eine gewisse Ordnung einzuhalten. Wenigstens in einem Punkte kommen Weiße und Schwarze überein, im Punkte der Haarsrisur, worauf bekanntlich die einen wie die andern großen Wert legen, doch macht sich auch hierin eine große Verschiedenheit des Geschmackes geltend. Während in Europa die Mädchen großes Gewicht auf ein recht lgnges Haar legen, lieben es die afrikanischen, dasselbe möglichst kurz zu tragen, ja lassen sich oft sogar den Kopf glatt rasieren, während die Burschen ganz stolz sind auf ihren langen Haarschmuck, den sie in den sonderlichsten Formen auf dem Kopfe tragen. Ferner sind in Europa die lockigen Haare sehr beliebt, unter den Schilluk aber, denen die Mutter Natur ein geradezu prächtiges Ringelhaar verliehen hat, herrscht eine völlige Abneigung dagegen und sie geben sich große Mühe, die Locken zu entfernen; gleichzeitig suchen sie auch ihr schönes schwarzes Haar blond zu färben. — Bringen sie dies aber auch zuwege? Gewiß! Denn obschon die Natur sie alle ohne Ausnahme mit schwarzem Haar versehen wissen wollte, laufen heute dennoch viele Burschen herum, die das schönste Blondhaar tragen. Es ist einmal so Mode hier im heißen Schilluklande. — Und wenn ihr mich um das Mittel fragt, das sie hiebei verwenden, so ist dies das denkbar einfachste und billigste. Ich will es euch verraten, aber nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit, denn es ist noch ein Geheimnis, womit man eventuell noch ein Geschäft machen könnte. Doch ich will mich großmütig zeigen! Empfangt hiemit das Rezept! 5cb\var;e Iberrscbaftsöiener von IRbavtum. Man verbrennt Kuhmist und stellt aus dessen Asche eine Salbe her und die Tinktur ist fertig. Nun streicht man dieselbe möglichst sorgfältig und in ziemlicher Quantität auf den Kopf und läßt sie dort durch drei bis vier Tage, bis sie vollständig trocken ist, dann entfernt man sie und ersetzt sie durch eine neue Auflage, läßt diese wieder trocknen und so fort einen Monat hindurch, nach dessen Ablauf die Haare das schönste Blond ausweisen. Zudem haben die Haare infolge dieses wunderbaren Verschönerungsmittels auch ihre natürliche Lockenform verloren und haben überdies die von den Jünglingen so sehr gewünschte Länge erhalten. Da ich eben dieser Tage vernahm, daß die Pariser Friseure ihre ganze Erfindungsgabe erschöpft haben und die Damenwelt fast verzweifeln möchte, da sie nicht mehr wisse, was sie treiben solle, um ihre Haarfrisur nur j ja recht gefällig und zierlich zu gestalten, so möchte ich mich um die vornehme Welt irgendwie verdient machen und der europäischen Mode etwas zu Hilfe kommen. Ich werde daher, allerdings zu seiner Zeit, die Formen der zahlreichen und mannigfachen j Toupets der Schilluk im Bilde bringen, versehe sie mit einer kurzen und praktischen Anleitung hiezu und ich bin überzeugt, diese Formen werden allgemeinen Anklang finden. Die Schilluk haben auch ihre Friseure und was für tüchtige! Obschon deren Toilettezimmer äußerst einfach ist, im Schatten eines Baumes läßt man sich ans einem Felle nieder, und obwohl sie keine Instrumente besitzen, ist diese „Kunst" doch sehr entwickelt. Mit einem einfachen Stäbchen vermögen sie dem Haar die schönsten und mannigfachsten Toupets zu verleihen, aber wohlgemerkt, diese Friseure sind bloß für die Männer bestimmt, da die Frauen wegen ihres kurzen Haares dieselben nicht bedürfen. Und diese Toupets, obschon an sich hübsch, zieren diese eitlen Tröpfe dann noch mit weißen Straußfedern und allerlei glänzendem Flitterwerk. Kurz, die Haarmode steht im Lande der Schilluk auf einer hohen Stufe der Entwicklung und dieses Volk hat daher allen Grund, darauf stolz zu sein. Die Sitte, die Mode, was für Opfer fordert sie in kultivierten Ländern und umgekehrt, in unkultivierten! Sehen Sie sich den Schilluk an! Wegen seinem Haarputz kann er seinen müden Kopf nie recht stützen oder zur Ruhe legen. Er liegt zur Nachtzeit Wafserträgermnen von "IRbartum. auf der Erde, unter dem Hals ein drei-füßiges Stühlchen, ein Kopfkissen, das für einen Europäer auf die Dauer unerträglich wäre, selbst für den größten Verbrecher, geschweige einen verweichlichten Städter. Also der Kopf, der Kopfputz, ist frei, unberührt, unantastbar. Daß die Schillukschädel auch hart sind, ist bewiesen, denn gewöhnlich bei Raufereien bekommen sie auf den Schädel, daß das Blut nur so herabfließt. Empfindlich sind sie gegen Schmerzen überhaupt nicht so wie der Europäer: zwar nicht alle, einige sind auch delikat, ich sage im allgemeinen. Wir haben viele behandelt wegen Skorpionstichen. Die meisten, ob Männer oder Frauen, schauen schön gemütlich zu beim Einschnitt in die Haut. Doch einige, wenn sie das Messer sehen, machen Grimassen oder laufen uns davon. Wie gesagt, es sind überall Ausnahmen. (Schlug folgt.) Bus dem MMonsleben. Die Kranke Blima und ihre Ikran-kenwärterin Mikang Mador. Es war an einem Sonntage eines schönen heißen Jännertages, als ich in den Hof hinauskam und vor einer Hütte eine kleine, abgemagerte Frau sitzen sah. Ich hatte sie schon einmal gesehen und gesprochen, doch weiters keine Bekanntschaft mit ihr gehabt. Ihre Gesichtszüge, ihre kleine Statur, ihre rötlichschwarze Hautfarbe verrieten beim ersten Anblick, daß es keine Schilluk war. „I bi," grüßte ich sie, „du bist gekommen, was willst du hier?" „Abuna ya bi, Pater, ich bin gekommen, um bei euch zu bleiben; ich sterbe zu Hause vor Hunger-, es ist nichts zu essen da. Ich bin so krank, wie du siehst, deshalb bin ich von Enyago (einem Dorfe in der Nachbarschaft) dahergekrochen (gehen konnte sie nicht wegen ihrem bösen Fuß) und will jetzt bei euch bleiben, o ya came — o, ich hungere." „Gut," sagte ich, „hier in dieser Hütte kannst du bleiben, ein Fell ist drin zum Schlafen" — die ganze Bettausstattung der Schilluk besteht nämlich in einem Fell, am Boden ausgebreitet, und einem tani (Kopfkissen) aus einem zwei fingerdicken Stock mit drei eine Spanne hohen Beinen — „und zu essen bekommst du auch etwas." Und mehr braucht ja ein Schilluk nicht zu seiner Glückseligkeit.. So, die Aufnahme war gemacht, sie kroch glücklich und zufrieden in ihre Hütte und ich ging meines Weges. — Später besorgte ich ihr einen kleinen Kochtopf, ein paar Kürbisschalen, welche als Teller bienen bei den Schilluk. Regelmäßig erhielt sie etwas Durra oder Mehl, wenn das Jagdglück günstig war, auch noch ein Stück Fleisch dazu und so kochte unsere Alima sich täglich selbst ihr Essen. Selbstverständlich der Tabak für die Pfeife durfte nicht fehlen. Alima war zufrieden: sie erholte sich auch bald etwas und wurde munterer. Ich besuchte sie öfter und suchte ihr die Grundwahrheiten unserer heiligen Religion beizubringen; das ging alles gut; sie hörte sehr gerne zu lind zeigte den besten Willen. Doch mit dem Wiederholen ging es stets sehr schwer, manchmal wurde alles dreimal rund umgekehrt: Gott der Schöpfer hieß manchmal Adam, manchmal drei Personen und ein Gott, manchmal eine Person und drei Götter. Doch der gute Wille war da; sie wollte auch beten und in den Himmel kommen. Das Gedächtnis fehlte aber fast gänzlich; so bin ich nie imstande gewesen, ihr das Vaterunser beizu-bringen. — Sie erzählte, sie sei oben am Bahr-el-Gebel (Weißen Nil) geboren und als kleines Mädchen mit mehreren anderen von den Derwischen damals geraubt worden; dann wurde sie hier bei den Schilluk verkauft für Korn und Real (Geld). Mit der Zeit wurde sic dann auch die Frau ihres Herrn, der schon seit langer Zeit gestorben ist. Vor einem Jahre wurde sie krank: am Bein öffnete sich eine schreckliche Wunde, zwei faustdick hing das faule Fleisch daneben: schrecklich war es anzusehen und ein unausstehlicher, übler Geruch entstand. Und wie gewöhnlich in diesen Fällen, von allen fast verlassen, stand sie da, dem Hunger preisgegeben: so entschloß sie sich dann, hieher zu uns zu kommen. In den ersten Tagen des Monats März verschlimmerte sich ihr Zustand plötzlich, sie konnte sich selbst nicht mehr allein helfen, weder bei Tag noch bei Nacht. Was war nun anzufangen? Doch siehe, die göttliche Vorsehung kam uns zu Hilfe. Aus der Nachbarschaft gesellte sich eine alte Schillukmatrone zu ihr: ich weiß nicht, wie, warum und aus welchem Grunde. Sie war weder verwandt noch bekannt mit ihr. Diese improvisierte Krankenwärterin also, namens Nyikang Nya-dor, bediente sie bei Tag und Nacht und kochte für sie. Das war eine große Aushilfe für uns. Manchmal kamen auch noch ihre Verwandten und Bekannten und so war sie nie ohne Beistand. Eines Abends, gerade vor dem Abendessen, wurde gerufen: „Abuna bi Alima etau — komm', Alima stirbt." Und wirklich schien ihre letzte Stunde gekommen zu sein. Ich hockte neben ihr ans den Boden hin und trachtete, die ihr beigebrachten heiligen Grundwahrheiten wieder in ihrem Herzen wachzurufen und einen Akt der Reue zu erwecken, um sie ans die heilige Taufe vorzubereiten. Neben ihr saß eine ihr bekannte jüngere Frau, welche in damaliger Zeit auch von den Schilluk als Sklavin gekauft worden war und welche in letzter Zeit oft dem Katechismusunterricht beiwohnte und auch jetzt noch oft beiwohnt: diese nahm mir das Wort aus dem Munde und machte der Kranken eine tüchtige Predigt; man sah, es kam ihr wirklich von überzeugtem Herzen und ihre Worte gingen auch der Kranken zu Herzen (die Neger unter sich mit ihren eigenartigen Ausdrücken verstehen sich viel leichter). Alima wollte gleich getauft werden. Sie richtete sich von ihrem Lager auf und der Missionsobere, welcher zufälligerweise gerade ein paar Tage hier war, goß das Wasser des Heiles über ihr Haupt: „Maria, ich taufe dich ..." Aber schon nach einigen Tagen besserte sich der Zustand Alimas ein wenig: doch sie wurde nicht mehr so munter wie früher, da sie viel zu leiden hatte. Ihr Bein wurde immer schlimmer und verbreitete einen solchen Geruch, daß ich öfter in der Hütte Weihrauchkörner auf glühende Kohlen legen mußte. Wie es halt gewöhnlich bei Kranken ist, so war es auch bei ihr: sic wollte bald dieses, bald jenes und war mit nichts zufrieden. Das ließ sich aber unsere gute Krankenwärterin Nyador nicht immer gefallen und sagte ihr dann ordentlich die Wahrheit und so kam es zum gänzlichen Bruch zwischen den beiden. Dann kam Nyador zu mir: „Abuna, ich bleibe nicht länger beim Weibe da, die hat ein Mundstück: sie soll allein sterben. Der Gestank tötet mich, ich gehe nach Hause und fertig." „Nun, Nyador," sagte ich dann gemütlich, „was ist's wieder: sie ist ja krank, macht ja nichts: bei Tag kannst du ja nach Hanse gehen, aber bei Nacht mußt du herkommen; hier hast du eine Handvoll Tabak: wenn du rauchst, dann vergeht der Geruch." Und alles war wieder gut. Die Kranke hatte schrecklich Angst, allein zu bleiben, deshalb weinte sie stets wie ein Kind, wenn Nyador drohte, sie zu "verlassen. Deshalb wollte Alima auch öfter wieder nach Hause: sie wollte zu Hause sterben, obwohl sie früher oft geäußert hatte, bei uns zu sterben. Wir sollen sie mit unserem Ochsenwagen nach Hause führen. Ich redete mich natürlich immer aus: „Alima, das Schütteln kannst bit nicht aushalten und zu Hause stirbst du bald vor Elend und Hunger." „Oh, ist besser, Abuna, ich sterbe bald." Das war zuletzt schon immer ihr Wunsch. — Die Ihrigen sollten sie abholen, aber dieselben wollten nichts davon wissen, denn da war schon längst keine Durra mehr vorhanden. Sie mußte sich also in ihr Schicksal fügen. — Eines Tages gegen abends kam die Krankenwärterin Nyador ganz außer sich zu mir: „Jetzt ist's aus, Abuna, aus ist's, weg gehe ich!" Dabei schrie sie und machte ein Gesicht und Grimassen, wie nur sie es konnte, daß alle Anwesenden laut auflachten. „Gut ist's, Nyador, geh' nur zu ihr, ich komme bald und werde sehen." Was war los? Die Alte hatte gekocht und die Kranke wollte nicht essen: das war der ganze Krach. Jede hatte natürlich ihre Gründe: „Wenn du nicht essen wolltest," schrie die Alte, „so hättest du es mir sagen können heute nachmittags, dann hätte ich nicht kochen brauchen? aber ich koche und jetzt ißt sie nicht." „Nyador, so schlimm ist das nicht? sie soll es stehen lassen? du kannst es ja essen oder laß es bis morgen, dann brauchst du nicht zn kochen. Nyador — i ling — hörst du, hast du noch Tabak für deine Pfeife, sonst hole ich welchen." „Hm, Abuna, knob agag — so, Abuna, das ist jetzt ein Wort", sagte sie. Unterdessen hatte Alima die Schüssel zu sich herangezogen und würgte eine Handvoll Polenta hinunter und der Friede war bald wieder hergestellt. Eines Tages hatte Nyador einen Knüttel Holz genommen, um Köhlen zu brennen für ihre Pfeife — wie bekannt ist, rauchen die Schilluk meistens Kohlen von einem bestimmten Holz in ihren Pfeifen — ohne mir etwas zu sagen. Gleich ging ich zu ihr und ließ ein Donnerwetter über sie los: „Du lebst im Kal Abuna (Hof des Paters), du ißt im Kal Abuna und jetzt fängst du auch an, Sachen zu nehmen, ohne etwas zu sagen! Wenn du es so machst, dann geh' ? immer willst du fortgehen, also geh' nur, wir brauchen dich nicht länger." Sie entschuldigte sich, sie habe es mir gesagt, aber ich hatte nicht darauf gehört." „Ist mir alles eins? wenn du was brauchst, mußt du es mir sagen, daß ich es höre. Mäuschenstill saß sie am Boden hingehockt und starrte mich steif an, dann sagte sie: „Also, Abuna, muß ich gehen?" Die Kranke, die alles mit-angehört hatte, flehte um Barmherzigkeit, sie doch nicht wegzujagen, denn diese kam dadurch in die größte Verlegenheit. Auch ich war mehr als zufrieden darüber, daß sich die Sache wieder so ausgleichen ließ, dann sagte ich: „Nun gut, Nyador, suche mir gleich so einen ähnlichen Knüttel, den ich gebrauchen kann, dann mag alles wieder gut sein? aber merke dir, nichts wegnehmen, ohne es zn sagen." — So vergingen die Tage imb fast jeder Tag brachte etwas Neues. Die Kranke wurde von Tag zu Tag sichtbar schwächer. Ich besuchte sie öfters. Eines Morgens hockte ich auch bei ihr und ging alle Grundwahrheiten mit ihr wieder durch. „Abuua," sagte sie, „jetzt werde ich bald sterben? bekomme ich Pi Cuok*) jetzt noch einmal?" — „Nein," sagte ich, „einmal ist genug: jetzt brauchst du nur noch deine Sünden bereuen, die bit nach der Taufe begangen hast. Hast du Schlechtes geredet ?" „Nein!" „Hast du Schlechtes getan?" „Nein!" „ Bftt du mit anderen böse gewesen?" „Nein!" — Sie war also ganz, unschuldig, wie gewöhnlich alle Schilluk, wenn man ihnen von Sünden und Reue spricht. — So z. B. ist hier ein sehr alter Großpapa, der kaum mehr oder, besser gesagt, gar nicht: mehr gehen oder stehen kann? er will auch in das Land Jesus (Himmel) hinauf. Wenn man ihn fragt, ob und wie er betet, sagt er: „Ich bete: Idud (Jesus), wenn ich sterbe, will ich auch in dein Land kommen, wo du bist." Wenn man aber sagt, er soll seine Sünden bereuen, dann weiß er nicht, welche. „Gestohlen habe ich nicht," sagt er stets, „mit Frauen nichts Schlechtes getrieben, mein Land und meine Durra habe ich immer bearbeitet ■. als mein Sohn an einem Schlangenbisse starb,. *) Wasser Gottes = Taufe. habe ich einen Ochsen geopfert, als dann meine Tochter beim Wasserholen von einem Krokodil weggeschnappt wurde, habe ich wieder ein Vieh geschlachtet. Was sollte ich denn mehr tun?" — „So, Alima," sagte ich, „gut ist's, bitte den lieben Gott um Verzeihung für alles, was du Böses getan, dann wird deine Seele weiß, dann kommst du auch in den Himmel." Ich sprach zu ihr dann von den Freuden des Himmels: darüber hörte sie immer gern sprechen. So trübsinnig und traurig sie auch die ganze Zeit war, jetzt kam ihr nochmals ein zufriedenes Lächeln über die Lippen. Es war wohl ihr letztes Lächeln in diesem Tale der Tränen. Noch an demselben Abend wurde ich plötzlich gerufen: „Schnell, schnell,Alima stirbt." Sie lag in den letzten Zügen; schon war die Sprache weg. Ich gab ihr die Absolution und dann, auf den Knien am Boden herumrutschend, die letzte Ölung. Die Hütte war, wie gewöhnlich alle Schillukhütten, so voll Rauch, daß ich kaum die Gebete lesen konnte. Eine Stunde später war Alima Maria, man kann es hoffen, in eine bessere Ewigkeit übergegangen. Wir deckten sie schön mit einem weißen Tuch zu, um sie dann am nächsten Morgen zu begraben. Während dieser ganzen Zeit saß die alte Krankenwärterin still auf einer Seite und schaute starr bald auf die Dahingeschiedene, bald auf uns, was wir machten. Dann traten ihre dicke Tränen in die Augen und rollten über die schwarzen Wangen. „Komm', Nhador," sagte ich, „du kannst diese Nacht in der nächsten Hütte schlafen." Ich machte ihr das Feuer an, denn sie war zu nichts mehr fähig: dann auf einmal sagte sie: „Abuna, ya tau“ (ich sterbe): dabei fing sie an zu zittern am ganzen Leibe, immer heftiger und heftiger, krampfhaft schlug sie mit den Händen auf den Boden: „Alima ist nicht mehr, Alima ist gestorben." Ich packte sie beim Arme, schüttelte sie und rief sie an; alles umsonst. Als sie wieder zu sich kam, breitete ich das Fell aus und sagte: „So, Nhador, jetzt leg' dich hin und ruhe aus!" Sie schaute in der Hütte herum und sagte: „Wo ist meine Pfeife; der Schlaf geht diese Nacht nicht auf meine Augen, ich muß mit Alima sprechen." Dann legte sie sich hin und ich ging und schloß die Türe. — Darauf gingen wir alle in die Kirche, um drei De profundis zu beten; auch die Buben, die im Hause waren, mußten mittun; denen war das alles natürlich etwas Neues, auch für die Toten zu beten. Am anderen Morgen stellte ich einen Mann und einen jungen Burschen an, neben dem anderen Grab ein Loch zu machen. Zuerst wußten sie nicht, was das zu bedeuten habe, doch bald verbreitete sich das Gerücht, daß Alima gestorben und hier begraben werde. Jetzt befürchtete ich, die beiden Totengräber werden alles in Stich lasten und davon gehen. Doch das ging gut. Wohl ging jeden Augenblick eine alte Großmama vorbei und gab ihre heilsamen Ermahnungen dem Jungen, ins-besonders sich doch wohl zu hüten und den Fuß nicht in das Grab zu setzen. Zuletzt wurde mir die Sache auch zu arg: „Schaut's, daß Ihr weiter kommt," schrie ich, „was geht denn das Euch an? Was soll ihn denn beißen, wenn er in die Grube geht?" — „Aroi, er ist ein Nyacouk (Zwillingskind), er muß sterben, wenn er den Fuß ins Grab setzt." — „Gut, macht nichts, dafür bin ich verantwortlich." Der junge Bursche kümmerte sich zu meinem Trost wenig um all diese heilsamen Ermahnungen und arbeitete ruhig weiter. Als das Grab fertig war, kam Pater Hofmayr in Chorrock und Stola, um die Leiche aus der Hüte abzuholen; die Buben trugen Kreuz, Weihwasser und Rauchfaß. Im Nu verschwand alles aus dem Hof hinter der Ecke des Hauses, von wo aus sie alles genau beobachten konnten. Doch die Buben hielten zu meiner Überraschung tapfer aus. Die Leiche wurde in die Kirche getragen, wo die Einsegnung kitrz gemacht wurde, und darnach zum Grabe. Doch während die Einsegnung des Grabes gemacht wurde, wurde es auch den Buben oder Ministranten, wenn man so sagen darf, etwas zu unheimlich: schnell stellten sie ihre Sachen nieder und davon ging's. Die Leiche, welche in ein weißes Tnch eingewickelt war, wurde hinabgelassen. Dann gab ich der treuen Krankenwärterin Ny ad or und den zwei Bekannten der Verstorbenen, die auch zugegen waren, das Weihwasser in die Hand, um das Grab damit zu besprengen. Und hiermit war j die Zeremonie zu Ende. So liegen hier schon zwei nebeneinander, die uns die göttliche Vorsehung auf sonderbaren Wegen zugeführt hatte und die hier in der Mission eine selige Auferstehung erwarten. Unsere Art und Weise, die Toten zu begraben, gefällt den Schillnk, d. h. wir machen es wie sie: die Leiche wird hegenb ins Grab gelegt. Die Nner hingegen, so erzählen sie, werden in sitzender Stellung begraben. Dem Toten werden die Beine zusammengebunden, so daß das Kinn auf den Knien ruht, die Arme umfassen dann die Knie, darnach wird ihm die Pfeife in den Mund gesteckt. Und in dieser Stellung wird er bann ins Grab gesetzt, welches natürlich ein rundes, kegelförmiges Loch ist. Nyikang Nyador, die Krankenwärterin, hat sich so an die Mission gewöhnt, daß sie die Hütte schön gesäubert und eingerichtet hat und bereits stets bei uns wohnt: sie arbeitet immer etwas hemm in der Mission und so hat sie wenigstens etwas znm Essen: ob das nur solange dauert, bis die Hungersnot vorüber ist, werden wir sehen. Wir haben dieses Jahr j eine ziemlich große Hungersnot und es wird in nächster Zeit noch schlimmer werden. Bor einigen Tagen kam Nyador gegen Abend und ich fragte sie: „Nyador, wo bist du heute gewesen?" — „Zn Hanse." — „Hast btt dein Feld bearbeitet?" — „Aber, Abnna," unterbrach sie mich, „frage mich doch zuerst: Nyador, hast du schon etwas gegessen?" „Ist gut," sagte ich, „jetzt komm nur zuerst in die Kirche" (es war gerade Segen) „und dann werde ich dich fragen." Für die treuen Dienste, die sie der kranken Maria Alima erwiesen, wird der liebe Gott, so hoffe ich, auch ihr die Gnade einer seligen Sterbestunde geben. P. Bernard Kohlten F. S. C. (Bebauten splitter. Der Grundsatz: Was wahr ist, darf und soll jedermann wissen, richtet viel Unheil an, besonders in unserer Zeit. — Wie bist du mit dem zufrieden, der dir in finsterer Nacht zu leuchten verspricht und dir mit der Fackel ins Auge fährt? * * * Die Wahrheit hat mancherlei Herbergen: bei einigen wohnt sie im Gedächtnisse, bei andern im Verstände, bei wenigen im Herzen, bei den wenigsten im Leben. - Die ersten lernen, die zweiten denllen, die dritten lieben das Wahre, die vierten tun es auch. * * Willst du deine Tugenden vermehren, so verrate sie nicht. (St. Thrpsost.) Der Besitz der Wissenschaften ist schädlich ohne Kenntnis des Besten. (Plato.) * * * Die Kleider find nützliche Decken dem Weisen, I Kaufware dem Krämer, Spielzeug dem Kinde, (Eitel* I Kelts kr am dem Toren — das sind die Künste und Wissenschaften der Menschen. * * Wir wissen oft das Notwendige nicht, weil wir so viel Entbehrliches lernen. Nicht alles, was von der hohen Schule kommt, ist von hohem Werte. (Kornmann ) * * * Besser ist truglose Unwissenheit als verwegene Wissenschaft. (St. Augustinus.) .pen 8 9. Ltern der Neger. 201 li- Sj Unterhaltendes, [j Sn ) = n Schwatzes Meilen und Hbenieuer tin Innern 10. Kapitel. Sin Däuptling des llnnern. Das Dorf Cassongos, eines der mächtigsten Häuptlinge der Gegend zwischen dem Lualaba und dem Tanganjika, liegt untern vom Flusse Lualaba und trägt den Namen seines grausamen Herrschers. Es besteht aus zwei sauber von einander geschiedenen Teilen: aus der Wohnung des Königs mit seiner zahlreichen Familie, und dieser Teil erhebt sich auf der Spitze eines Hügels und ist von einem hohen Zaun umgeben, und aus dem Dorfe, bewohnt von seinen Untertanen, das am Fuße des Hügels gelegen ist. Das Dorf ist sehr groß; es zählt bei dreihundert Hütten und die Zahl seiner Bewohner erreicht das zweite Tausend. Es blüht daselbst der Handel mit schwarzem und weißem Elfenbein; die arabischen Händler besuchen häufig diesen Ort, um dem gütigen und liebreichen Herrscher seine aufrührerischen Untertanen abzukaufen, und wenn Cassongo Geld braucht, so werden seltsamerweise alle seine Untertanen rebellisch; die zahlreichen Untertanen kommen nur dahin, um Steuern und Zölle zu zahlen; bald in Form von Tieren, von Bier, von Obst, bald auch in Form von Sklaven. Cassongo ivill bezahlt sein und erläßt keinem die schuldigen Abgaben. Wer ihn also sonst nicht zufrieden stellen kann, muß ihm seinen Sohn oder sonst jemand aus der Familie zum Sklaven geben; sonst würde Cassongo den säumigen Schuldner selbst verkaufen. Drei Tage nach dem Brande des Dorfes im Walde war ich in das Dorf Cassongos gekommen. Ich war einen ganzen Tag noch bei den Negern geblieben, hatte sie wegen des Verlustes ihrer Habe getröstet und hatte sie nach ihren Begriffen reich beschenkt: jeder Neger bekam einige Perlen und eine Nadel, die einflußreicheren Personen überdies ein Stück eine Spanne breiten Baum- IlBlf CHICHI» (Sortierung.) Btrikas. — Don Dr. Dugo Mi o ni. Wollstoffes, mehr als hinreichend zu einem vollständigen Gewände nach afrikanischer Manier; dem Häuptling gab ich auch eine rote Mütze, ein Messer mit stehender Klinge und ein Päckchen kupferner Platten, die im Lande sehr gesucht waren. Diese Geschenke stellten in den Augen der Neger einen viel größeren Wert dar, als sie in den Flammen verloren hatten, und erfüllten sie mit Freude. Als ich mich am nächsten Tage von ihnen trennte, begleiteten sie mich ein gutes Stück Weges und die Grüße, die Versprechen, mich nie vergessen zu wollen, das Händedrücken und die Glückwünsche zur Reise wollten kein Ende nehmen. Die Neger sind nicht schlecht; sie sind ein Volk von großen Kindern, auch fähig zu bedeutender Entwicklung. Man muß sie verstehen lernen. Das bezeugen zur Genüge die großen Erfolge der katholischen Missionen unter ihnen. Der Weg vom Dorfe der Neger bis zu dem Cassongos war ziemlich gut. Als ich dorthin kam, teilte ich einem Neger, dem ersten, den ich traf, meine Absicht mit, den Häuptling zusprechen. Josef diente mir als Dolmetsch. Der Neger schien über meine Worte überrascht und dann sagte er zu mir: „Wende dich in dieser Sache an den Aufseher des Palastes." Auf meine Frage zeigte er mir ein ziemlich geräumiges Haus am äußersten Ende des Dorfes, welches die andern an Größe und Ausdehnung übertraf. Ich ging dorthin. Um zu diesem Hause zu gelangen, mußte ich das ganze Dorf durchqueren. Meine Ankunft erweckte die Aufmerksamkeit der Einwohner, welche ihre Hütten verließen und sich auf der Straße versammelten, um mich zu beobachten. Die Ankunft eines Weißen ist selten in dieser Gegend und die Neger hatten davon nichts Gutes zu erwarten, da sie Wohl wußten, daß, so oft ein solcher in das Dorf kam, einige von ihnen als aufrührerisch erklärt wurden. Und die Strafe für Rebellen bestand darin, daß sie als Sklaven an die Kaufleute verkauft wurden. Als ich an das Ende eines Gäßchens kam, glaubte ich einen Weißen zu bemerken, der, als er mich sah, sich wandte und sich in einer Hütte verbarg. Das Gesicht dieses Mannes schien mir bekannt. Aber vielleicht hatte ich mich geirrt. „Hast du ihn gesehen?" fragte mich Josef in diesem Augenblicke. „Wen?" „Den Mann, der sich vor unseren Blicken verbarg." „Ich habe ihn gesehen." „Hast du ihn erkannt?" „Wer konnte es sein?" fragte ich den Diener, um zu sehen, ob mein Verdacht wenigstens begründet sei. „Hast du nicht in ihm Dagombe erkannt?" Ich hatte mich also nicht getäuscht. Der grausame Dagombe, mein ärgster Feind, befand sich im Dorfe. Er war nicht in den Flammen umgekommen; es war ihm gelungen, sich aus dem Brande zu retten, und er war mir in das Dorf vorausgeeilt. Was wollte er jetzt tun? Wollte er sich verstecken oder hatte er vielmehr versucht, Cassongo gegen mich feindlich zu stimmen, indem er mich bei ihm verklagte? In diesem Augenblicke bereute ich, in dieses Dorf gekommen zu sein. Wenn ich daran gedacht hätte, Dagombe hier zu treffen, so wäre ich ihm ausgewichen, wenn ich es auch noch so notwendig hatte, meine Mnndvorräte zu erneuern, indem ich das Notwendige kaufte, was ich nur hier bekommen konnte. Aber zu nichts nützen die späten Erwägungen. Ich befand mich einmal schon im Dorfe. Es half mir also nichts, daran zu denken, was ich hätte tun sollen; ich mußte vielmehr überlegen, was jetzt zu tun sei. Ich kam zur großen Hütte, die Palast genannt wurde. Auf der Schwelle derselben stand aufrecht ein Neger, welcher als einzige Kleidung ein Stück rotgefärbten Baumwollstoffes trug und in der Hand eine Keule hielt. „Ist das der Palast?" fragte ich. „Ja. Du wirst darin wohnen", antwortete er. „Kann ich das tun?" „Ohne Zweifel. Alle Fremden von Ansehe» werden hier von Cassongo beherbergt. Du bist ein Weißer, hast also Recht auf die Gastfreundschaft des Königs." Ist es möglich? Cassongo war sehr gastfreundlich! Schade aber, daß sich seine Gastfreundschaft nur über die Großen und Reichen erstreckte, auf jene, von denen der schlaue Fuchs ein hübsches Geschenk erwarten konnte, das ihn reichlich für die zugestandene Gastfreundschaft entschädigte. „Ist das Haus jetzt leer?" fragte ich den Alten, immer durch Josef, der denDolmetsch machte. „Es wohnt nur ein Mann darin." „Von Ansehen?" „Ein Weißer, Freund Cassongos, welcher oft kommt und dem er sehr geneigt ist." Diese Nachricht wollte mir nicht recht behagen. Dieser Mann war sicher Dagombe; der Alte sagte mir also, daß mein alter Feind Cassongos Busenfreund war; meine Lage war deshalb nicht besonders beneidenswert. „Ich bin nicht gewohnt, meine Wohnung mit einer anderen Person zu teilen", sagte ich dem Alten. „Du bist zwar ein sehr hoher Mann, aber ich kann dir nicht anders dienen. Du wirft hier wohnen müssen." „Dann tu erbe ich die Nacht im Freien verbringen und werde mich deshalb bei Cassongv beschweren. Wo kann ich ihn treffen?" „Willst du ihn sprechen?" fragte der Alte überrascht. „Ja und gleich. Sage mir, wo er ist." Der Alte lachte laut. „Cassongo ist Sultan des Landes. Er wird dich empfangen, wann es ihm gefällt, heute oder morgen oder gar erst in acht Tagen. Er ist der Herr." Ich schüttelte den Kopf als Zeichen des Unwillens. „Cassongo ist groß, aber ich nicht weniger; in meiner Heimat bin ich von allen geachtet und keiner läßt mich auch nur einen Augenblick warten. Geh'zu Cassongo und melde ihm, daß ich, der Emir Hadschi Hadscha den Mahoma, mit ihm zu sprechen habe." Der Alte schaute mich betroffen an. „Wenn ich ihm das meldete, würde ich das .Leben verlieren", antwortete er. „Dein Kopf ist nicht sicher, wenn du mich nicht anmeldest. Der Zorn Cassongos würde sich über dich ergießen, der du verhindern willst, daß vor seinem Angesichte ein Mann erscheine, der ihm so reiche Geschenke machen will." „Wirst du das tun?" fragte er mich vergnügt. „Ja, ich werde ihn würdig beschenken." „Dann gehe ich gleich und verspreche dir, daß du ehrenvoll aufgenommen werden wirst." Und er entfernte sich eiligst. Es waren die ersten Nachniittagsstunden. Ich setzte mich in den Schatten und öffnete meine Koffer, um ei» Geschenk herauszunehmen, würdig des Sultans. Die Neger beobachteten mein Tun von einiger Entfernung aus. Ich Ivählte zum Geschenk für den König eine schöne silberne Uhr, ein Glöckchen aus vergoldeter Bronze, zwei kleine Spiegel, vier Stücke Kattun, einen Meter laug und breit, verschieden gefärbt, eine schöne rote Mütze und ein Messer mit Metallgriff; dieses Geschenk würde in Europa zwei Goldstücke gekostet haben, hier aber hatte es einen wenigstens zwanzigfachen Wert: es war ein eines Königs würdiges Geschenk. Ich fügte aber keine Feuerwaffe hinzu; eine solche, wenn auch von geringem Wert, wäre von großer Bedeutung in den Augen des Häuptlings gewesen und hätte mir seine Zuneigung eher erworben als hundert Uhren oder Glöckchen; aber ich wußte nur zu gut, daß eine Waffe dem Sultan ein Mittel mehr au die Hand gegeben hätte, seine Untertanen zu Sklaven zu machen, und ich wollte ihnen nicht irgendwie zum Schaden oder Untergang gereichen. Ich wickelte die Geschenke in ein Stückchen roten Kattuns und band es mit einer Schnur zu einem gefälligen Päckchen. Der Alte hatte sich kaum seit einer halben Stunde entfernt, als ich ihn zurückkehreiMah. Er lief eilig, sein Gesicht war von Schweiß bedeckt, die Adern auf der Stirn waren geschwollen und er schien eine Beute des höchsten Schreckens zu sein. „Bleib' stehen," rief er, als er mich sah, „bleib' stehen!" Ich ließ ihn schreien. Als er nahe bei mir war, rief er: „Rühre dich nicht!" „Warum?" fragte ich lachend. „Cassongos Soldaten kommen, dich gefangen zu nehmen und zu töten." „Ah und ich soll sie ruhig erwarten? Es ist viel besser, ich gehe ihnen entgegen", und indem ich mich an meine beiden Neger wandte, fügte ich bei: „Gehet mit dein Gepäck zum Palaste und wartet dort auf mich." „Herr, in welcher Klemme stecken wir!" rief Josef mit dem Ausdrucke des Schreckens. „Du hast nichts zu fürchten. In kurzem werde ich zurück sein." „Wirst du nicht fliehen?" „Nein." „Und wenn Cassongo dich gefangen nähme, dich ermordete, was stünde uns bevor?" „Cassongo wird das nicht tun." „Aber, Herr. . ." „Du brauchst keine Furcht zu haben. Ich habe es schon mit anderen Feinden aufgenommen. Sei ein Mann und ein Christ!" Josef entfernte sich mit seinem Kameraden und ich machte mich auf den Weg zur Residenz Cassongos, die sich auf beut Gipfel des Hügels erhob. Als der Alte sah, daß ich mich entfernen wollte, ergriff er mich beim Gewände und schrie aus voller Kehle: „Nicht gerührt, halt!" Mit seinem Rufe vereinigten sich die andern Neger, welche bei dem Auftritte gegenwärtig waren; auch sie schrien und unter den vielen Sätzen, deren Sinn ich nicht verstand, war die häufigste, welche besagte: „Halt, halt!" Ich entwand mich den Händen des Alten und entfernte mich mit schnellem Schritte. Die Neger, die glaubten, ich wolle fliehen, liefen auf mich zu, um mich zu halten; aber ich nahm das Gewehr von der Schulter, runzelte drohend die Stirne und richtete die Waffe gegen sie. Benu Anblick der Flinte nahmen die Helden den Weg unter die Füße und entflohen schnell, indem sie erst in ziemlicher Entfernung Halt machten. Wenn ich gewollt hätte, iväre ich leicht aus dem Dorfe entkommen, keiner hätte mich zurückgehalten. Aber eine Flucht wäre für mich höchst schändlich gewesen und dann brannte ich vor Verlangen, den Tyrannen zu sehen und mit ihm zu verkehren. Ich fürchtete mich nicht. Ich wußte mich mit meinen Waffen stärker als er und dann hoffte ich, ihn wohl oder übel zu beschwichtigen. Ich kam an den Fuß des Hügels und stieg einen Weg hinauf, der mit Stufen versehen war; kaum hatte ich den Aufstieg begonnen, als sich eine Tür in den Angeln drehte und zwar an dem Verhau, welcher das Haus des Negerhäuptlings umgab, und einige Männer kamen in Unordnung auf den Weg heraus. Es waren starke Burschen mit eisernen Muskeln, vollständig nackt mit Ausnahme des Gürtels um die Hüften; sie hielten j mit der Linken einen großen gespannten Bogen, auf den sie sich wie auf einen Stock stützten, j während die Rechte ein Pfeilbündel trug. Es waren Cassongos Soldaten. Als sie mich so ruhig den Hügel besteigen sahen, brachen sie in Rufe der Überraschung aus, vermischt mit Wut, j schwangen die Waffen und drohten mir mit dem Bogen und mit den Pfeilen; sie bewegten sich i jedoch nicht und warteten unter fortgesetztem Rufen, bis ich den Hügel erstiegen hatte. Ich ging mit langsamem und gemessenem Schritte, als ob es sich nicht um mit handelte und als ob jene Kerle, die wie besessen schrien, meine Freunde und nicht vielmehr meine Feinde wären, gekommen, mich gefangen zu nehmen. Endlich war ich in ihrer Nähe. Jetzt trug ich, gerade als ob es das selbstverständlichste ! Ding von der Welt wäre, die Hand am Gürtel, zog einen Revolver heraus und zielte damit auf die Helden. Ich erreichte damit, daß die Soldaten nicht die vergifteten Pfeil auf den Bogen legten und auf mich selbst zielten. Einer dieser Burschen, der eine alte Schärpe um oen Hals gebunden hatte und deswegen der Anführer der kleinen Schar zu sein schien, näherte sich mir auf zwei Schritte und richtete einige Worte an mich in einer Sprache, die ich nicht verstand. „Sprich arabisch", sagte ich zu ihm. Zu meinem nicht geringen Erstaunen antwortete er mir in dieser Sprache, aber mit schauderhaften grammatikalischen Fehlern. „Du bist unser Gefangener." „Weswegen?" fragte ich. „So will es Cassongo." „Und Ivenn ich mich verteidige?" „So werden wir dich mit unseren vergifteten Pfeilen töten!" „Kind! Siehst bit nicht, daß ich in dieser meiner Hand, in diesen meinen Waffen das Leben von euch allen habe?" „Ich sehe, daß du Waffen hast, die Feuer speien, aber wir sind bei weitem in der Überzahl!" „Ich fürchte euch nicht, aber ich habe Mitleid mit euch. Wohin habt ihr mich zu verbringen?" „Vor Cassongo." „Gut, ich wünsche ihn zu sprechen. Helden, führet mich vor sein Angesicht!" Der Anführer gab den Seinen ein Zeichen und sie umschlossen mich. Ich war Gefangener. Von der Ebene vernahm ich laute Beifallsrufe; die Neger, die sich versammelt hatten, applaudierten ihren tapferen Gefährten, daß sie den Mut gehabt hatten, nichts mehr und nichts weniger als einen Weißen zu fangen, der noch dazu mit Feuerwaffen versehen war. „Gib mir jetzt deine Waffen!" sagte der Anführer. „Nie!" „Ein Gefangener muß entwaffnet werden." „Ich bin nicht dein Gefangener." „Du bist es." „Nein. Ich lasse mich einfach von euch zu Cassongo einführen." „Aber Cassongo wird dich nicht bewaffnet empfangen." „So ist er ein Feigling, der einen einzigen bewaffneten Mann fürchtet." „Ein Feigling? Du beleidigst den großen Sultan", sagte der Anführer mit Entrüstung. „Weißt du nicht, daß Cassongo nicht ein Mensch ist,s andern ein Gott? Er hat nicht Not, zu essen, zu trinken oder zu schlafen." „Aber er ißt, trinkt und schläft!" bemerkte ich ironisch. „Ja, weil es ihm geitehm ist. Er brauchte nicht einmal zu sterben." „Aber er wird sicher sterben." „Er wird sterben, wenn es ihm gefällt, in den Himmel zu gehen, um seine Vorgänger zu sehen und glücklich mit ihnen zu sein." „Er ist also unverwundbar?" „Natürlich. Keine Waffe kann ihm schaden, wenn er dies will", antwortete der Anführer, der auf solche Weise den Märchen Ausdruck gab, welche Cassongo auf eigene Rechnung ausstreute. Dieser schwarze Beutelschnetder behauptete mit dem größten Ernste, ein Gott zu sein und kein menschliches Bedürfnis zu kennen. Und wehe dem, der nicht blind solches geglaubt hätte! Niemand vielleicht glaubte ihm wirklich, aber es wagte auch niemand, seine Zweifel offen auszudrücken. Mit einem Tyrannen ist nicht zu spassen. Ich tat, als ob ich dem, was mir der Soldat erzählte auf Rechnung seines Königs, Glauben schenke, und sagte zu ihm: „Wenn Cassongo unverwundbar ist, warum fürchtet er dann meine Waffen? Führe mich bewaffnet zu ihm!" „Er furchtet dich nicht. Es gefällt ihm einfach nicht, dich mit den Waffen in der Faust zu empfangen." „Du führst mich bewaffnet bis zur Schwelle seines Hauses und dann vermeldest du ihm meinen Wunsch und sagst ihm, daß ich ihn für einen Feigling halte, wenn er mich nicht mit meinen Waffen empfangen wolle. Ich werde seine Antwort erwarten." „Und wenn ich dich nun nicht bewaffnet zum Palastebringen wollte, wenn ich dich entwaffnete?" „So würde ich mich verteidigen. Es würde viel Blut fließen und du fielest als der erste." Der Anführer war einen Augenblick unschlüssig. Es kämpfte in ihm der Wunsch, seinem Herrn zu gehorchen, und der Unwille über meine Handlungsweise, die nicht ganz nach seinem Kopfe mar, mit der Liebe zum Leben. Er fürchtete den Streit, wohl überzeugt, daß ich bei einem etwaigen Kainpf an erster Stelle auf ihn gefeuert hätte. Endlich sagte er zu mir: „Bist du sehr edel?" „Sehr edel", antivortete ich belustigt. „Bist du unschuldig an dem, was dir zur Last gelegt wird?" Ich lvußte zwar nicht die Anklagepunkte, aber ich glaubte, mit Ja antworten zu können. „Ich bin unschuldig und werde meinen Ankläger strafen." „Dann werde ich dir gehorchen, Herr, und möge deine Huld auch über mich leuchten", sagte der Offizier." Er gab seinen Leuten einen Befehl in der Sprache, die ich nicht verstand. Der Zug setzte sich in Bewegung, ich inmitten der Soldaten. Der Haufen Neger vom Dorfe klatschte Beifall. Hätten sie es auch getan, wenn sie gewußt hätten, daß diese heldenhafte Gefangennahme ein Triumph für mich und ein feierlicher Reinfall der tapferen Soldaten des großen Cassongo war? Wir traten ein. Der Palast Cassongos war der Wohnung meines alten Gastfreundes Ben Jeran von Nyanngue nicht unähnlich. Der weite Hof, umschlossen von dem hohen Zaun, war innen von zwei andern in drei Räume geteilt. Im mittleren erhob sich die Hauptwohnung Cassongos und wohnten seine Gäste in kleinen Hütten. Dort waren auch seine Leibwache und die Vorratshäuser. Im Verschlag zur Rechten wohnte in zahlreichen Hüttchen die ungeheure Zahl seiner Frauen; jener zur Linken >var für die Sklaven bestimmt, welche dort die Nacht verbrachten, während sie bei Tage auf dem Felde des Herrn arbeiteten. Im mittleren Raume waren einige Neger von vorgerücktem Alter, die Räte des Herrschers. Als sie mich inmitten der Wache kommen sahen, brachen sie in ein langes Freudengeschrei aus; unsere kleine Begleitung stellte sich mitten im Hofe auf; der Offizier sagte zu seinen Leuten einige Worte, wahrscheinlich, daß sie gut auf mich achtgeben und mich nicht entkommen lassen sollten; dann näherte er sich den Alten und redete lange mit ihnen. Während der Anführer sprach, öffnete sich die Türe des Hauptgebäudes und es trat ein Mann mittleren Alters heraus; auf dem Kopf hatte er. ein schmutziges Taschentuch wie einen Turban umgebunden und trug ein Jäckchen und einen kurzen llberwurf von rotem und gelbem Tuch, verbrämt mit Affenpelz. Er trug in der einen Hand einen mit Elfenbein geschmückten Ebenholzstab, in der anderen ein langes, scharfes Messer. Als der Mann auf der Schwelle erschien, beugten sich die Alten tief und die Soldaten standen unbeweglich da. Ich schloß daraus, daß dies Cassongo war. Er entsprach völlig dem Bilde, das ich mir von ihm gemacht hatte und welches ich aus den Beschreibungen schöpfte, welche mir von dieser merkwürdigen Persönlichkeit arabische Händler gaben, die von Zanzibar waren und mit ihm verkehrt hatten. Der Häuptling musterte mit dem Blick die Personen im Hofe, sah mich, lächelte selbstgefällig und wandte sich an den Offizier, mit dem er sich lang unterhielt. Anfangs lächelte Cassongo und in einem guten Augenblicke schlug er mit seiner schwarzen Hand auf die Schulter des Offiziers, wodurch er ein Freudmlächeln auf dessen Gesicht hervorrief. Seine Miene verfinsterte sich dann und sein Blick tvurde streng. Er streckte drohend den Arm gegen den Mann aus, der erbleichend zurückwich; dann wandte er sich barsch von ihm und kam zu mir. Die Soldaten bildeten Front. Er durchging schnell ihre Reihen und pflanzte sich zwei Schritte vor mir auf. Einen Augenblick schaute er mich finster an. Lächelnd hielt ich diesen Blick aus. „Weg mit den Waffen!" befahl er mir dann drohend in gutem Arabisch. Ich rührte mich nicht. „Bist du taub, Hund, daß bit mich nicht hörst?" fragte er erbost. „Sprichst du mit mir?" fragte ich kalt entgegen. „Bei Cungne in Bandza, unserem mächtigsten Gott! Nie habe ich einen kühneren Menschen gesehen als dich. Ich, Cassongo, spreche mit dir. Hast bit mich gehört, was ich sagte?" rief der König zwischen Zorn und Verwunderung. „Ich hörte dich Befehle erteilen. Ich nehme solche jetzt von niemand an, auch nicht von einem Cassongo." „Du, ein Gefangener?" fragte er entrüstet. „Ich kam hieher nicht gefangen, sondern freiwillig." „Lügner! Der Führer meiner Soldaten sagte mir, er habe dich gefangen genommen und dir aus außerordentlicher Schonung die Waffen gelassen." „Wenn er das sagte, so lügt er. Noch niemals hat einer den Emir Hadschi Hadscha ben Mahoma gefangen genommen," sagte ich stolz. Cassongos Miene umwölkte sich. Er wandte sich an den Offizier und fragte ihn zornig: „Was sagst du auf diese Worte?" Er erbleichte und anwortete verwirrt: „Ja ... Aber .. . Sieh', mächtiger Cassongo, dieser Mann. . ." „Hast du ihn zum Gefangenen gemacht, ja oder nein?" „Freilich", antwortete er noch verwirrter; er war nicht gewohnt, zu lügen, und er fand keine rechten Worte zur Erwiderung. Cassongos Augen schossen Blitze: „Du hast gewagt, zu lügen, Cassougo zu hintergehen!" schrie er. „Es ist aus mit dir. Töte ihn!" befahl er einem Alten, der nahe bei ihm stand und der das Gewehr am Schulterriemen trug. Bei diesen Worten fiel der arme Soldat mit dem Angesicht auf die Erde, hob flehend die Hände empor und sagte winselnd: „Erbarmen! Verzeihung!" „Tu' deine Pflicht!" wandte sich Cassongo an den mit der Flinte. Dieser nahm die Waffe in die Hand .. . Das Los des armen Soldaten ging mir zu Herzen; er erregte mein Mitleid. Ich entschuldigte zwar nicht seine Lüge, aber er hatte gelogen, um sich die Huld seines Herrschers zu verdienen, und eine solche Lüge war sicher nicht ein Todesverbrechen. Ich wollte mich für ihn verwenden und sagte deshalb zu Cassongo: „Verzeihe diesem Menschen!" Cassongo blickte mich überrascht an; es schien ihm nicht möglich, daß ein einfacher Sterblicher seinem gerechten Zorn entgegenzutreten wage; deshalb befahl er: „Still!" Ich ließ mich nicht dadurch einschüchtern. „Die Strafe ist größer als die Schuld", fuhr ich fort. „Hat er gelogen, ja oder nein?" „Entschuldige ihn, denn.. ." „Er hat also gelogen. Auf die Lüge habe ; ich die Todesstrafe gesetzt. Erst er und dann du. Vorwärts!" Der Alte nahm den armen Offizier aufs Korn, der auch nicht die geringste Miene machte, zu fliehen oder wenigstens sich zu verteidigen, um nicht ungerecht zu sterben und sein Leben teuer zu verkaufen. Der Finger des Alten berührte den Hahn. Ein Schuß fiel. Als der weiße Rauch vom Schusse sich auflöste, sah ich am Boden einen blutigen menschlichen Körper, der sich im Todeskampfe wälzte. 11. Kapitel. üassongos Wrteil. „Und jetzt kommt's an dich!" sagte Cassongo zu mir. • ■».;••• — „Ich habe mit dir zu sprechen", antwortete ich. „Du wirstabgeurteilt! Weg mit den Waffen!" „Meine Waffen lege ich nie ab!" „Und ich kann dich so in meiner Gegenwart nicht sehen!" „Bist du also ein Feigling?" fragte ich leichthin. Er fuhr zornig auf: „Willst du mich beleidigen?" „Nein. Ich bin sogar überzeugt, daß du ein Held bist, und mir wurde gesagt, daß du auch unverwundbar seist", antwortete ich mit leichtem Spotte. „Der dir das sagte, lügt nicht." „Wenn dir also die Waffen keinen Schaden bringen können, warum willst du mich nicht bewaffnet aburteilen?" Er schüttelte einen Augenblick verlegen das Haupt, dann, gleich als ob er einen plötzlichen Entschluß gefaßt hätte, sagte er: „Folge mir zur Hütte!" „Bewaffnet?" „Ja." „Wirst bit mich gleich richten?" „Ja." „Und den Spruch." „Du wirst den Sonnenuntergang nicht mehr sehen." „Sehr gut. Ich habe Schlaf und möchte mich gleich niederlegen," erwiderte ich, indem ich den Dummen spielte. Er schaute mich anfangs verwundert an — wahrscheinlich hatte er den Sinn meiner Antwort nicht verstanden — dann brach er in ein schallendes Gelächter aus. „Bist du ein Narr oder ein Spaßvogel?" fragte er mich. „Warum?" „Hast du gemeint, ich spreche vom Schlafe." „Ja." „Ich sprach aber vom Lode." Ich zuckte die Achseln. „Die Frage, die du soeben an mich richtest, könnte ich gerade dir geben. Wer wagte jemals, mir mit dem Tode zu drohen?" Cassongo blickte mich erstaunt au. Ich imponierte ihm. Er war nicht gewohnt, mit solcher Freiheit mit sich sprechen zu hören. „Folge mir!" befahl er. Ich trat mit ihm in die Hütte. Diese bildete nur einen Raum, ungefähr sechs Meter lang und breit und zwei hoch, welcher von einer Luke vom Dach aus sein Licht erhielt. Die Hütte war voll von Leuten. An den Wänden standen acht Frauen, von denen eine jede in der Hand einen Schild hielt; sie gehörten Cassongo. Auf dem bloßen Boden saßen zwei Neger, die zwei jüngeren Brüder Cassongos, während Dagombe aufrecht bei der Türe stand. In der Nähe eines Bruders des Häuptlings saßen vier Frauen zusammengekauert. Als wir eintraten, brach Dagombe in ein lautes Hohngelächter aus; ich stellte mich, als ob ich es nicht hörte. Der Häuptling näherte sich seinen Brüdern und jetzt bekam ich ein Schauspiel zu sehen, das mir neuerdings zeigte, wohin die Frau überall dort gerät, wo sie nicht die christliche Religion schützt und adelt. Zwei Frauen, warfen sich mit dem Gesicht auf die Erde und bildeten so eine Art Schemel, worauf sich der Häuptling setzte; die zwei andern streckten sich auf die Erde und dienten ihm als Fußschemel. Dieser abscheuliche Gebrauch ist in fast ganz Zentralafrika in Übung, wo die Frauen für lebendes Hausgerät gelten. Ich schloß voll Entsetzen einen Augenblick die Lider beim Anblick dieses schmutzigen Schauspiels und bemitleidete das traurige Los dieser Frauen, welche übrigens ihre Erniedrigung nicht einmal zu fühlen schienen und sogar noch lächelten bei dem Gedanken, dem göttlichen Cassongo als Stuhl und Schemel dienen zu dürfen. Ich setzte mich, ohne ein Zeichen der Einladung zu emarten, ihm gegenüber auf den Boden. Der Häuptling wandte sich zu meinem Feind von Nyanngue. „Ist das der Mann, den du anklagst?" fragte er. „Ja, dieser Hund." „Zügle deine Zunge, Gauner, wenn du nicht einen Schlag von mir bekommen willst, daß dir wenigstens ein Dutzend Zähne herausfliegt", j drohte ich dem alten Sklavenhändler. Dieser schaute mich zornig an, dann wandte er sich an Cassongo: „Wie kannst du dulden, daß dieser Kerl mich beleidigt?" Cassongo lächelte; meine Kühnheit gefiel ihm und überdies schien er mit Dagombe nicht ewige Bruderschaft geschlossen zu haben. „Wessen klagst du ihn an?" fragte er, ohne auf Dagombes Worte zu achten. „Vorerst, daß er ein Giaur ist, ein Hund", war dessen Antwort. „Wie reinigst du dich von dieser Anklage?" fragte mich der Häuptling. „Laß erst Dagombe bestimmen, wer nach ihm ein Hund ist", entgegnete ich ihm. „Der, welcher nicht Allah anbetet und nicht an Mohammed glaubt, seinen Propheten", antwortete Dagombe stolz, ohne zu denken, daß er mir mit diesen Worten eine Waffe gab, welche ich zu seinem Verderben gebrauchen konnte. „Wohl. Glaubst du nun an Mohammed und betest Allah an?" wandte ich mich zum Häuptling. „Nein. Ich verehre Cuugue in Bandza, den Herrn Himmels und der Erde, und schere mich nicht um Allah." „Gut, bann bist auch du, o mächtiger Cassongo, nach Dagombes Überzeugung ein Giaur, das heißt ein Hund", erklärte ich ihm ruhig. Der Häuptling schlug sich mit der Rechten vor die i Stirn. „Bei Kungue in Bandza, du hast recht. Ich bin also ein Hund? Ein Hund! Was sagst du? Wie entschuldigst du dich, arabischer Hundekerl?" fragte er drohend dem Sklavenjäger. Der wußte keine rechte Antwort. Er war erbleicht und schaute verlegen bald mich, bald den Häuptling an. „Du antwortest nicht?" fuhr jener fort. „Der Mann, den ich anklage, betet Jsa den Marrjam an", stammelte er endlich. „Das kümmert mich wenig. Bin ich ein Hund, ja oder nein?" „Nein, nein", beeilte sich Dagombe zu sagen. „Aber jene, die Mohammed anbeten, sind diese Hunde?" fragte Cassongo drohend weiter. Was ich nie geglaubt hätte, geschah. Die Furcht vor dem Tode war in Dagombe stärker als sein Fanatismus und er bejahte jene Frage. Während er aber sagte, die Muselmänner seien Hunde, blickte er zornig zuerst Cassongo und dann mich an. Sein Blick sprühte blutige Rache. Wehe uns, wenn der Häuptling oder ich einmal in seine Hände fielen! Er würde uns ohne Erbarmen töten und das unter den qualvollsten Martern. „Was hast du sonst noch diesem Mann vorzuwerfen?" setzte Dagombe die Verhandlung fort. „Daß er eine Karawane von mir anfiel, die Leute tötete und die Sklaven freiließ." Dem Spitzbuben war also alles bekannt. Der flüchtige Neger hatte also seinen Herrn eingeholt und es ihm erzählt. Jetzt verstand ich auch Dagombes tödlichen Haß gegen mich. Ich war jedenfalls sein größter Feind. „Was antwortest du?" fragte mich Cassongo. „Nichts", antwortete ich ruhig. „Nichts?" wiederholte er erstaunt. „Nichts. Oder willst du vielleicht, daß kl) mich einer Sache wegen entschuldige, die mir zur Ehre gereicht? Wenn du einen Feind hast und es gelingt dir, seine Leute zu zerstreuen und ihm seine Sklaven wegzunehmen, gereicht dir das zur Ehre oder zur Beschämung?" „Zur Ehre, zum Ruhm, zum höchsten Stolz!" rief Cassongo mit Begeisterung. „Ich wäre in diesem Fall ein Held, ein großer, ein wahrer Held." „Sehr wohl. So habe ich es gemacht. Dagombe ist mein Feind. Ich griff, merke wohl, Cassongo, allein die Leute meines Gegners an und es gelang mir, sie auseinander zu treiben. Sie hatten Sklaven bei sich, die ich nicht mit mir nehmen konnte, weil sie mir hinderlich waren, und um dem Feinde Schaden zuzufügen, befreite ich sie und ließ sie laufen. Tat ich gut oder-schlecht?" „Gut, sehr gut! Du bist ein Held!" rief der Häuptling aus. „Räche du mich, ich bin dein Bruder!" war Dagombe so unvorsichtig, zu sagen. Er hatte den Stolz dieses Mannes, nicht in Rechnung gezogen, der sich Gott nannte und nach göttlichen Ehren dürstete. Bei diesen Worten sprang Cassongo auf die Füße, zitterte am ganzen Körper, pflanzte sich aufrecht vor Dagombe hin und rief mit Stentorstimme : „Lump! Du bist des Todes schuldig! Du hast mich schwer beleidigt. Ich, Cassongo, der göttliche Cassongo, soll einem Kerl wie du Bruder sein? Für diese Lästerung verdienst du den Tod. Soll ich in meinen Augen einen Menschen dulden, der mit recoc handelt und gute Ware schlecht bezahlt; ich werde ihn dulden, wie der Stier das Mücklein duldet, das ihn umsummt, und wie sich der Löwe um den Wurm kümmert, der sich im Staube krümmt. Aber zwischen dem Stier und der Fliege, zwischen dem Löwen und dem Wurm kann keinerlei ebenbürtige Freundschaft sein. So steht es zwischen mir und dir. Der Kerl da sagt erst zu mir Giaur, das ist Hund, und dann erfrecht er sich, mein Bruder sein zu wollen. Bei Cungue in Bandza, du verdienst den Tod. Aber heute bin ich bei guter Laune. Gehe, entferne dich, fliehe vor meinem Angesicht und lasse dich nicht mehr sehen. Sonst ist es, bei Cungue in Bandza, um dich geschehen. Ich lasse dich wie einen Hund erwürgen." Dagombe sah ein, daß eine Antwort seine Sache nur verschlimmert hätte; er zog cs also vor, zu weichen. Bevor er hinausging, streckte er noch einmal den Arm nach mir aus, ballte die Fäuste und mit heiserer Stimme rief er mir zu: „Verfluchter Hund, du sollst es büßen. Ich werde mich rächen." Als Antwort gab ich ihm einen kräftigen Stoß, das beste, was ich jetzt tun konnte. Dagombe wandte sich um und wollte sich auf mich werfen, aber ich hob den Revolver und zielte auf seine Brust. „Hinaus oder ich schieße!" drohte ich ihm. Er brach in eine schreckliche Verwünschung aus und eilte aus der Hütte, begleitet von einem schadenfrohen Gelächter von seiten des Häuptlings. Dieser wandte sich jetzt zu mir. „Danke Cungue in Bandza, daß ich gut gelaunt bin. Du warst angeklagt, ich könnte dich verhören und zum Tode verurteilen, aber ich bin in ausgezeichneter Laune. Gehe und erscheine nie mehr vor mir!" Ich rührte mich nicht und antwortete mit keiner Silbe. „Spielst du wieder den Narren?" fragte-Cassongo aufbrausend. „Sprachst du mit mir?" „Ja mit dir, wirklich und allein mit dir." „Weißt du noch nicht, mit wem du sprichst, kennst du mich nicht, daß du dich so ausdrückst?"• fragte ich. „Wer bist du denn?" „Die beste Antwort wird dir das reiche Geschenk geben, das ich dir gebracht", entgegnete-ich und überreichte ihm das Päckchen. „Ein Geschenk für mich? Her damit!" rief Cassongo voll kindischer Freude aus. Ich gab es ihm und er griff hastig zu. Er setzte sich nieder, legte das Päckchen auf seine Knie und öffnete es mit aller Sorgfalt-Als er seinen Inhalt sah, brach er in ein Freudengeschrei aus. Er bewunderte die Uhr und wollte, daß ich ihm sage, wie sie zu behandeln wäre, und verwunderte sich am meisten über die kleine Maschine, als ich ihm sagte, sie diene dazu, die Zeit zu inessen. Er amüsierte sich sehr am metallischen Klang des Glöckleins, pries die Schönheit der vier farbigen Taschentücher, die ihm als Turban dienen sollten, die Perlen und Nadeln. Kurz, dieses große Kind pries mich glücklich, dankte mir mit herzlichen Worten für das Geschenk, versicherte mir seine ewige Dankbarkeit und daß er mich nie vergessen wolle. Nachdem er alles lange bewundert und seiner-kindischen Freude Luft gemacht hatte, wobei sich auch seine Frauen und seine zwei Brüder beteiligten, bat mich Cassongo auf alle Weise um Entschuldigung wegen der unwürdigen Behandlung, die er mir hatte angedeihen lassen. „Ich wußte nicht, daß du eine so große und reiche Persönlichkeit seist, Herr. Und jetzt sage mir: Was willst du für dein Geschenk?" „Nichts", antwortete ich. „Nichts? Also nicht die Erlaubnis, Handel zu treiben, nicht, daß ich dir Sklaven oerf'aufe?' Die Zahl meiner Untergebenen ist groß und einige von ihnen sind immer widerspenstig." „Du hast recht, die Rebellen zu strafen, mächtiger Herrscher, aber ich bin ein Gegner der Sklaverei." 210 Heft 8 9. Stern der Neger „Ah! Warum denn?" fragte der Häuptling bestürzt. „Willst du, daß ich dir den Grund sage? Das will ich freimütig tun. Weil ich der Meinung bin, daß die Sklaverei mit dem Zusammenbruch deiner Macht endigen wird, so zwar, daß dein Reich in die Hände der Weißen gerät. Wenn du diesen Handel fortsetzst, kann es wohl kommen, daß Cassongo der letzte König des Landes ist." Cassongo blickte mich höchst erstaunt an. Er -konnte nicht begreifen, wie ich wagte, mit ihm auf solche Weise zu sprechen und ihm das Ende seines Reiches zu prophezeien. „Du wunderst dich, daß ich so sprach? Ich tat es, getrieben von der höchsten Liebe, die ich zu deinem Volk habe, das ich gern glücklich sähe. Weißt du nicht, daß es viele Weiße gibt, besonders Verehrer Allahs, welche den Besitz des Landes anstreben und die sich auf deinen Thron setzen und diese schönen Länder regieren wollen? Weißt du nicht, daß die ganze Küste im Besitz der Weißen ist und daß in vielen Plätzen des Innern die Weißen den Boden besitzen?" „Leider ist es so", sagte der Häuptling nachdenklich. „Es ist sicher, daß es einige gibt, welche dein Reich zu erlangen wünschen. Beobachte dein Volk. Du hast gegenwärtig eine genügende Anzahl von Männern, um mit dem Feinde zu kämpfen und ihn zu besiegen. Aber fahre fort, den Sklavenhandel zu betreiben, verkaufe deine besten Untertanen; deine Kräfte werden sich immer mehr ver-mindern und die wenigen Untertanen, die noch übrig bleiben, werden sagen: ,Beim Zahn des Elefanten! Es ist besser, einem Araber zu dienen als einein König unseres Stammes, der uns wie das Vieh verkauft.' Die Weißen werden kommen, dich überfallen, dich besiegen und töten, während deine Frauen und Söhne in Sklaverei geraten." „Bei Cungue in Bandza! Du hast nicht ganz unrecht", meinte Cassongo gedankenvoll. „Ich habe sogar recht. Denke über meine Worte nach und suche meine Vorschläge auszuführen. Ich weiß, daß du ein König bist, den inan nicht nur weise und gelehrt, sondern auch gottentsprossen nennt, trotzdem wird dir ein guter Rat nicht schaden. Suche ihn so gut als möglich durchzuführen." „Warum warnst du mich vor den Weißen, da du doch selbst ein Weißer bist?" „Weil mein Gott mir sagt, daß alle Menschen meine Brüder seien, ob weiße oder schwarze, daß ich alle lieben muß und daß ich nicht dulden darf, daß einer, sei er nun schwarz oder weiß, dem andern ein Unrecht zufüge." „Dein Gott hat hier eine schöne Lehre. Wie heißt er?" „Dagombe hat ihn dir genannt. Sein Name heißt arabisch Jsa ben Marryam, die Söhne meines Volkes hingegen heißen ihn Jesus. Er lehrte die Liebe und Gerechtigkeit gegen alle, er ist mächtiger als dein Cungue in Bandza, er allein kann dein Volk glücklich machen." „Ah, wenn deine Worte wahr wären, würde ich nicht einen Augenblick zaudern, diesen so schönen Glauben anzunehmen." „Lerne sie und du wirst glücklich sein." „Wer lehrt sie?" „Cabambare ist nicht fern. Dort verehrt man den Gott, den ich anbete, dort finden sich seine Minisse, die seine Lehre vortragen. Geh' zu ihnen oder rufe sie zu dir." „Du sprichst von den Minisse in Cabambare?" fragte Cassongo betroffen. „Ja. Kennst du sie?" „Sind sie dir bekannt?" „Einer von ihnen ist mein Freund." Der Häuptling verstummte. Er dachte nach. Worüber? Vielleicht über die Missionäre? Was wußte er von ihnen? „Was ist dir bekannt über die Missionäre?" fragte ich ihn. „Nichts, nichts", antwortete er hastig, so daß ich argwöhnte, es müßten ihm Dinge bekannt sein, die er mir nicht enthüllen wollte. Ich wiederholte die Frage. Vergebens. Er schlug ein anderes Thema an. Er stellte es mir frei, solange, als ich wollte, in seinem Dorfe zu bleiben, und als er hörte, daß ich am nächsten Tag abreisen wollte, versprach er mir, mich vor meiner Abreise zu besuchen. Ich konnte meine notwendigen Einkäufe machen und er hob endlich die Audienz auf, welche eine volle Stunde gedauert hatte. Hierauf verließ ich die Hütte; ich traf im Hofe die Wachen, die mich bestürzt ansahen; sie hielten mich für einen Gefangenen und ich war der Freund des Königs. Ich stieg die Stufen hinab und wandte mich zum Palaste, an dessen Schwelle wieder jener alte Wächter stand. Als er mich ohne Begleitung kommen sah, fing er an, ganz närrisch zu schreien: „Beib' stehen! Fliehe nicht! Du mußt gefangen genommen werden!" Ich näherte mich ihm. „Siehst du nicht, daß mich keiner verfolgt?" „Du mußt gefaßt werden!" fuhr er fort zu rufen, indem er so auf mich die Blicke der Neugierigen lenkte, welche aus ihren Hütten getreten waren. „Ich, der Freund des Königs?" fragte ich lächelnd. „Du bist Cassongos Freund? Hilfe! Was habe ich getan? Gnade, Herr! Räche dich nicht an mir", rief der Alte, indem er sich zur Erde warf und den äußersten Saum meines Gewandes küßte. Ich tröstete ihn, indem ich ihm sagte, daß ich, wenn er mir treu gedient hätte, ihn belohnen würde, und wandte mich dann zu meinen beiden Negern, die eben aus der Hütte getreten waren und mir freudig entgegenkamen. (Fortsetzung folgt) IDerfcbtebenes. Die Mission als Umlturträgerin. In der „Nordd. Allg. Ztg." (Nr. 70 vom 24. März) stand ein netter Artikel zu lesen, der so richtige Gesichtspunkte, so viele wahre Anschauungen und gute Gedanken enthält, daß wir nicht umhin können, auch unsere Leser damit bekannt zu machen. „Heidenmission ist eine Hauptaufgabe des Christentums. Die Behauptung, daß die christliche Mission nicht im Horizonte Jesu gelegen habe, widerspricht dem Geist des Christentums; die Behauptung, daß Jesus die Mission weder gewollt noch geboten habe, wird weder geschichtlich noch psychologisch zu begründen sein. Wohl aber besteht die Tatsache zu Recht, daß Jesus selbst die in ihm wohnende Lebenskraft mit einem Senfkorn verglichen hat, das zum Baume tvird und mit seinen Zweigen schließlich das Erdreich überschattet. Das Christentum hat die Aufgabe, sich auszubreiten und zu allen Völkern der Erde durchzudringen. Noch liegt die Erfüllung in der Ferne — ob in weiter Ferne, wissen wir nicht. Aber der abgeschossene Pfeil fliegt und niemand kann ihn in seinem Fluge aufhalten. Erreichen tvird er sein Ziel. Das Christentum ist für jeden, der sehen will, auf dem Siegeszuge begriffen; die Türen der Heidcnwelt stehen ihm gegenwärtig offener denn je. Die gegenwärtige Christenheit hat aber die Aufgabe, diese Gelegenheit zu benützen, eine Gelegenheit, so lockend und günstig, wie fie sich noch niemals für die Christianisierung heidnischer Völker angeboten hat. Denn es ist eine nicht hinwegzuleugncnde Tatsache, daß große Volksmaffen innerhalb der Heidenwelt unter dem Eindruck stehen: es will etwas Neues bei uns werden! Diese Entwicklung hat sich in der Stille vollzogen. Still und unmerklich und ohne daß es zur allgemeinen Kenntnis gekommen wäre, haben unsere Missionäre als Pioniere Breschen in die Festungswerke des Heidentums gelegt und die gegenwärtige Missionsgelegenheit herbeiführen helfen. Nun aber sind für den, der sehen will, allenthalben tatsächliche Erfolge vorhanden. Die Missionsarbeit des vorigen Jahrhunderts hat das Weltbild stetig verändern helfen. Das Bild ist anziehender, freundlicher, sympathischer geworden. Es hat menschlichere Gesichtszüge bekommen. Denn die Heidenwelt läßt überall, wo sie sich selber überlassen bleibt, die rein menschlichen Gesichtszüge vermissen. Das Heidentum schafft überall, wo es die herrschende Macht ist, den Zustand der Barbarei. Es hat die Sklaverei und den dadurch bedingten Sklavenhandel geschaffen, diese furchtbare Geißel Afrikas, deren Wunden noch lange nicht geheilt und ver-narbt sind. Es hat den Kindermord und die Polygamie legalisiert und damit das Familien- leben von Grund aus verderbt. Das Heidentum, d. h. die modernen heidnischen Religionen, soweit man sie kennen gelernt hat, lehren alle, daß man sich durch Tötung eines Menschen dessen Macht und Stärke aneignen könne. Daher die beispiellose Grausamkeit, die in den Kriegen geübt wird. Stanley sagt einmal: .Wer wie ich den grenzenlosen Jammer gesehen hat, den das Heidentum über die Schwarzen Afrikas bringt, einen Jammer, der mich oft bis in meine Träume verfolgt, der muß auf den Gedanken kommen, daß es ein Fluch ist, als Heide geboren zu sein.' Nachdem seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Beziehungen zwischen den christlichen und heidnischen Völkern durch Handel und Kolonisation immer lebhafter geworden sind, gilt es für die ersteren, den Zuständen der Barbarei und allgemeinen Unsicherheit innerhalb der Heidenwelt wirksam zu begegnen. Zwei Mittel gibt es, derartige Zustände zu beseitigen: die Gewalt des Stärkeren, im Notfälle Krieg auf der eilten Seite, Christianisierung der Eingeborenen auf der anderen Seite. Welches Mittel teurer ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Der Krieg gegen die Herero hat dem Deutschen Reiche, wenn wir nicht irren, 300 Millionen Mark gekostet; die christliche Mission in Südwestafrika hat von 1841 bis 1901 ungefähr 3—4 Millionen Mark aufgebracht. Es war bis dahin etwa der achte Teil des gesamten Volkes christlich geworden. Gerade diese Mission (die rheinische) hat, wie geschichtlich feststeht, den ewigen Kriegszuständen, die bis 1861 in Süd west geherrscht haben, ein Ende gemacht und dadurch erst die Ansiedlung von anderen Europäern ermöglicht. Es ist sehr bezeichnend, daß ein hanseatischer Großkaufmann dem Leiter der rheinischen Missionen auf dessen Frage: .Warum dehnen Sie denn Ihre Handels-nnternehmnngen auf Neuguinea nicht aus?' die Antwort gab: .Weil Sie (die Missionäre) noch nicht lange genug da sind. Arbeiten Sie erst noch 20 Jahre, dann kommen wir nach!' Es ist unberechtigt, der Mission heutigen Tages noch vorzuwerfen, daß sie der Kultur so gut wie keine Dienste leiste. Das Gegenteil ist wahr. Sie erforscht die Sprachen der Eingeborenen und schafft den Kolonisten dadurch erst eine Verkehrsmöglichkeit mit den Eingeborenen. Sie gründet Schulen und hebt dadurch die Intelligenz der Farbigen, so daß diese die Welt außerhalb ihres Horizontes, die Anschauung der Weißen, die durch die Kolonisation bewirkte Neugestaltung der Dinge begreifen lernen. Sie baut Brunnen und schafft Bewässerungsanlagen, hebt dadurch die Bodenkultur und beugt den ewigen Hungersnöten vor, die bis dahin in Afrika z. B. mit großer Regelmäßigkeit, durchschnittlich alle drei Jahre, eingetreten sind. Sie beteiligt sich an dem Kampf gegen die verheerenden Epidemien, die z. B. in Deutsch-Ostafrika in entsetzlichem Umfange gewütet haben, und hilft an ihrem Teile also auch zur leiblichen Gesundung überseeischer Gebiete. Kurz, sie ist eine erstklassige Kulturträgerin. Sie tut ja alle diese Arbeit nicht um der materiellen Vorteile willen, die dadurch eintreten. Aber man sollte sich doch freuen, daß sie solche Spuren hinterläßt, und sollte ihr dafür nicht immer mit unberechtigter Kritik kommen, sondern auch einmal — danken. Berechtigte Kritik wird sie anhören und prüfen. Durch die Erwerbung unserer Kolonien sind wir Deutschen praktisch mit dem Heidentum in Berührung gekommen und das Heidentum ist eine Macht, freilich eine Macht des Todes, die allein durch das Christentum überwunden wird. Wo beide zusammenstoßen, entsteht naturgemäß ein Kampf. Wer in diesem Kampfe den endgültigen Sieg davontragen wird, kann uns nicht zweifelhaft sein. Aber wie es einzelne Individuen gibt, die draußen in den Kolonien vom Heidentum innerlich überwunden und daun selber zu Heiden werden, so hat es auch ganze Generationen gegeben, die vor dem Heidentum die Segel strichen, statt in einen frischen, fröhlichen Kampf mit ihm einzutreten. Deutlicher als je ist dem heutigen Geschlecht seine Aufgabe vor die Augen gestellt und die Aufgabe lautet: Auf zur friedlichen Welteroberunq auf dem Wege der Weltmission!" Die (Siftpvobe. Kommt da neulich eine Christenfrau zur Mission und erklärt, daß sie verurteilt worden sei, „elon“ zu trinken. Auf meine nähere Er- kundigung hin merkte ich, daß es sich hier um dieselbe Sache handelte, die ich in Edea schon kennen zu lernen Gelegenheit hatte. Es handelte sich um die Giftprobe. Ich sagte der Frau und ihren Begleitern, daß sie auf keinen Fall „elon“ nehmen dürfe, und wenn man sie nicht in Ruhe lasse, würde ich die Sache beim Bezirksamt zur Anzeige bringen. (Leider können wir und auch die Regierung noch nicht energisch genug eingreifen gegen diese abscheulichen heidnischen Sitten. Nur allmählich — durch Ausbreitung des Christentums — werden sie verschwinden.) Mein Verbot genügte aber in diesem Falle, daß sich die Frau der Giftprobe nicht zu unterziehen brauchte. Diese sogenannte Giftprobe ist einer der schändlichsten Gebräuche, denen die heidnischen Stämme, wie es scheint, in ganz Kamerun fröhnen. Dieser barbarischen Sitte fallen Hunderte von Unschuldigen zum Opfer. Besonders beim Tode eines Häuptlings müssen oft viele Stammesangehörige dieser Giftprobe sich unterziehen, damit sich auf diese Weise herausstelle, ob sie durch Zauberei Schuld an dem Hinscheiden ihres Gebieters trügen. Die meisten dieser Unglücklichen sterben dann an dem giftigen Trank. Die Giftprobe wird besonders angestellt, wenn es sich um einen frühen, unvorhergesehenen Todesfall handelt. Das ist nun fast immer der Fall, denn der Schwarze hält es fast für unmöglich, daß jemand eines natürlichen Todes sterbe. Auch bei Diebstahl, Ehebruch, Schulden re. wird sie angewandt. Kurz, in allen verdächtigen, zweifelhaften Rechtsfällen, wo die Weisheit des schwarzen Richters versagt, hat „elon" zu entscheiden. Der Name „elon“ leitet sich von einer einheimischen Banmgattung her, von der das Gift gewonnen wird. Der Elonbaum hat hartes Holz und erreicht eine beträchtliche Dicke und Höhe. Um das Gift zu gewinnen, wird die Rinde genommen und auf einem Stein zu Pulver zer-rieben. Bon diesem Pulver hat der im Verdacht Stehende zu essen und er muß dabei einen Schluck Wasser nehmen, damit auch alles Gift in den Magen komme. Dann wird ihm eine Schüssel voll Wasser ans dem Kopfe zerschlagen, so daß das Wasser vom Kopf aus über den ganzen Körper herunterfließt. Er sitzt mitten im Hof und die Beteiligten sitzen um ihn herum. Gibt nun der Magen das Gift wieder von sich — es kommt dann mit Blut vermischt heraus — so ist der Angeklagte offenbar unschuldig und somit gerettet, mag er auch die größten Verbrechen auf dem Kerbholz haben. Ja, die Ankläger müssen ihm noch dazu eine Entschädigung geben. Früher bekam er eine Frau als Vergütung. Bei vielen aber gibt der Magen das Gift nicht mehr von sich und es tritt dann in der Regel der Tod ein. Damit ist nun unfehlbar der strikte Beweis für die Schuld des Unglücklichen erbracht. Wie es nun kommt, daß bei dem einen das Gift wirkt, bei dem andern nicht, darüber bin ich mir noch nicht recht klar. Vielleicht haben die einen glücklicherweise irgend ein Gegengift bekommen, das sie vorher eingenommen, oder liegt es in der Beschaffenheit des Magens? Außer „elon“ hat man noch andere Mittel, um die Schuld oder Unschuld zu prüfen. Es wird ein Zahn von einer giftigen, grünen Schlange genommen und dem Angeklagten in das Auge gesteckt. Ist er schuldig, dann bleibt der Zahn im Auge und er muß sterben; ist er aber unschuldig, dann fällt der Zahn sofort heraus. Sicher wäre das auch wieder aus natürliche Weise zu erklären. Ein anderes Mal wird ein Beil genommen, ins Feuer gelegt und glühend gemacht. Das glühende Beil muß der Verdächtige in die bloßen Hände nehmen. Ist er unschuldig, dann verbrennt er sich nicht, ist er aber schuldig, dann werden seine Hände von dem glühenden Eisen sofort versengt. Mit welcher Gaukelei das zusammenhängt, möchte ich wissen. Leider kommt man nicht dahinter. Daß die Eingeborenen, namentlich in Jaunde, große Taschenspielerkünste verstehen, davon kann man sich hier oft schon bei den Schuljungen überzeugen. Ferner werden Glasscherben zu Staub zerrieben, ins Wasser geschüttet und dem Verdächtigen in die Augen geträufelt. Ist er schuldig, dann ist es um sein Augenlicht geschehen, ist er aber unschuldig, daun schadet ihm diese Prozedur gar nichts. Noch eine Menge anderer Probemittel gibt es, die mir noch nicht bekannt sind. Leider erfährt man von den Schulkindern von diesen Dingen nicht viel, weil sie sie teils selber nicht recht kennen, teils auch sie nicht verraten wollen. Und mit den Alten, welche die Sache genau kennen, ist nichts zu machen. Sie verraten nichts, weil sie fürchten, daß sie dann bestraft würden und daß diese Proben von der Regierung verboten würden. Seit dem Erscheinen der Weißen haben diese ebenso einfältigen, wie grausamen Gebräuche bedeutend nachgelassen. Auf jeden Fall hiiten sich die Beteiligten, beim Hellen Tageslicht oder vor vielen Augenzeugen damit zu operieren. „St. v. 9t." MUe St Josef hilft. Als zirka dreijähriger Abonnent der Monats-Missionszeitschrift „Stern der Neger" erlaube ich mir, verehrlicheRedaktion, IhneneinenBericht über eine gewiß wunderbare Erhörnng auf die Fürbitte des hl. Josef zu übermitteln. Sie können ihn annehmen und verwerten oder ihn der papierenen Hölle überantworten, wo ihm das Feuer nicht ausbleiben wird. Eine Erzählung in einem Ihrer Hefte (1897—98?) über eine Er-hörung, wonach einem Priester in seiner Verlegenheit um Beschaffung notwendiger Paramente zur Feier eines hohen Festes diese auf die Fürbitte des hl. Josef zugewendet wurden, brachte in mir die Idee, meine noch wunderbarere Erzählung zur Erbauung und zum Troste vieler Bedrängten der Öffentlichkeit zu übergeben. Vor ungefähr 35 Jahren mar ich Badegast in der Nähe eines württembergischen Städtchens und besuchte den dortigen Herrn Pfarrer, um seine Hilfe in spiritualibus in Anspruch zu nehmen. Gelegentlich erzählte er mir einmal, in welcher Not ihm der hl. Josef geholfen habe. Er sagte: „In unserer so schönen und großen Kirche hatten wir kein Presbyterium. Der Hochaltar und zwei Seitenaltäre mären an der die Kirche abschließenden langen Wand aufgestellt. Der Mangel eines Presbyteriums machte sich immer fühlbarer. Hinter der Wand grenzte ein großes Grundstück an, das aber öde da lag. Es gehörte einem reichen Herrn; der war aber ein Jude und ein fanatischer Katholikeuhasser. Selbstverständlich war mein Sinnen und Trachten, eine Fläche von diesem Grundstücke zu gewinnen zum Ausbaue unserer Kirche. Wenn der Herr wollte, so wäre die Schwierigkeit ganz leicht gehoben gewesen; die Kirchengemeinde war ja zu einem Opfer des Ankaufes bereit. Aber der Herr wollte trotz aller Anerbieten, trotz aller Vorstellungen über die Notwendigkeit eines wesentlichen Teiles der Kirche nichts hören und äußerte schließlich bei dem letzten Versuche dem Pfarrer gegenüber: .Lieber lasse ich auf dem Grunde Vieh weiden, ehe daß ich das kleinste Fleckchen für eine katholische Kirche hergebe.' Menschliche Hilfe war aussichtslos. Kummer, Sorge und Schmerz waren meine täglichen Begleiter, Beten mein Trost. Da bei einem Sonntagsgottesdienste am Schluffe der Predigt hatte ich eine plötzliche Eingebung: Laß einmal die ganze Kirchengemeinde die-Fürbitte des hl. Josef anrufen um Erhörung unseres dringenden Anliegens. Gedacht, getan! Nach einem entsprechenden Vorspruche und herzlicher Aufforderung beteten und flehten ich und die ganze, gedrängt volle Kirche innigst um Hilfe und Erhörung. Es ivar ein Sturmläuten zum hl. Josef. Das folgende heilige Meßopfer brachte ich in gleicher Meinung dar." Ich (der Schreiber dieses) kann mich nicht mehr genau erinnern, bekam der Herr Pfarrer sogleich nach dem Gottesdienste oder später — von diesem Herrn durch einen Diener eine Einladung, ihn zu besuchen. In gespannter Erwartung folgte der Pfarrer der Einladung und war erstaunt, statt eines brüsken Empfanges höflich begrüßt zu werden. Ohne weitere Einleitung begann der Herr: „Herr Pfarrer! Wegen Ihres Gesuches um einen Grund zu Ihrer Kirche habe ich mich eines andern besonnen. Sie können solchen haben, nehmen Sie davon, so viel Sie brauchen." Herzlich dankend, fragte der Pfarrer etwas zagend nach dem Preise des Grundes. Er erwartete, ein großes Opfer bringen zu müssen. Zn seinem höchsten Erstaunen erwiderte der Herr: „Ich schenke ihn Ihnen, Herr Pfarrer! Ich habe eingesehen, daß Sic ihn notwendig brauchen, und da möchte ich Ihnen einen Gefallen tun." Es fehlte dem bekehrten Herrn nicht an Dank, noch weniger aber dem hl. Josef. Wenn der Wortlaut der Rede des Herrn Pfarrers nicht mehr genau wiedergegeben ist, so hat sich sicher der des Juden meinem Gedächtnis genau eingeprägt. Wenn Sie wollen, will ich Ihnen den Namen des Städtchens nennen. Der Pfarrer kann vielleicht schon gestorben sein; so viel ich mich erinnere, wurde er später zum päpstlichen Prälaten ernannt. Das Faktum ist aber unbestritten wahr. Narravit Parochus! Besteigung des schneebedeckten Berges Udbo am Kilimandscharo. (6000 Meter hoch.) Es lvird unsere Leser interessieren, die Beschreibung einer Bergpartie in Afrika zu vernehmen. Reist man von unserer neuen Station Omach zum Meere durch Uganda, so kann man diese Schneegipfel von ferne sehen. P. Dürr und einige Brüder machten diese Bergpartie. „Einige Kinder der Mission begleiteten uns, erwachsene Christen, trugen unsere Habselig-kciten. Bon der Mission, die etwa 1400 Meter hoch liegt, gingen wir eine Stunde durch die Banancnwälder der Wadschagga und kamen dann in den Urinalb, wo die Steigung merklicher wurde. Aber wir hatten guten Weg bis zur Hütte des P. Rohmer, in deren Nähe herrliche, schlanke Bäume standen, die das Holz für den Fußboden und das Dachwerk der Mission lieferten. An der Hütte machten lvir Halt und nahmen eine kleine Stärkung zu uns, worauf der eigentliche Ausstieg begann. Wir arbeiteten uns durch Gestrüpp und Lianen hindurch und kamen dann auf eine Fährte von Elefanten, die zwar einen kleinen Weg gebahnt hatten, deren tief in den Boden eingedrungene Fnßstapfen uns aber bei jedem Schritt zur Vorsicht mahnten. Mutig kletterten wir höher und kamen in einen Nadelholzwald, an dessen Stämmen langes, dichtes Moos herabhing. Nach weiterem sechsstündigen Klettern waren wir über der Grenze des Urwaldes angelangt und hatten einen wundervollen Fernblick. Über unsern Häuptern lagen die Gletscher des Kibo noch in Nebel gehüllt. Nach einer kurzen Rast setzten wir die Bergpartie fort. Der Pflanzenwuchs wurde immer spärlicher. Anfangs trafen wir noch Farnkräuter, kleine Pinien und Schmielengras an. Die Grenzen des Gehölzes durften wir an diesem Tag nicht überschreiten, denn wir mußten während der Nacht Brennholz haben. Ein geeigneter Lagerplatz war bald gefunden. Es war Zeit, denn die Sonne ging unter. Nach einer Weile verschwanden die Nebel und wir hatten vor uns den Kibo in seiner ganzen Größe und Schönheit. Wie herrlich sind doch die Werke des Schöpfers! Ein eisiger Wind wehte von den Höhen herab und wir setzten uns ans Lagerfeuer, um uns gegenseitig die Eindrücke des Marschtages mitzuteilen. Während der Nacht konnte ich vor Kälte nicht einschlafen, obschon uns P. Dürr genug Decken mitgegeben hatte und zu beiden Seiten des Zeltes Feuer brannten. Am nächsten Morgen waren wir in aller Frühe auf den Beinen und stiegen vier Stunden lang, bis wir zu unserer Überraschung einen von der Natur geschaffenen Lagerplatz vorfanden, der geschützt lag und wo noch kleine Nadelhölzer standen. Hier ließen wir die Träger zurück und kletterten am Nachmittag noch drei Stunden lang, um einen passenden letzten Aufstieg für den folgenden Tag zu suchen. Leider war unser Bemühen vergeblich, denn ein starker Nebel benahm uns jede Aussicht und wir mußten unverrichteter Sache zurückkehren. Gegen 7 Uhr abends ging der Mond auf und beleuchtete mit seinem lieblichen Lichte die mittlerweile vom 9Ec6el freigewordenen Gletschermassen. Am nächsten Morgen mußten wir in aller Frühe aufbrechen, um vor dem Auftreten der Nebel zu den Gletschern zu kommen. Es war ein herrlicher Morgen. Die Erde war bereift und ich bedauerte die armen Schwarzen, die ohne Schuhe auf dem kalten Boden herumtänzelten. Obschon wir einen verhältnismäßig leichten Aufstieg hatten, mußten wir doch von Zeit zu Zeit ausruhen, beim wir fühlten, der der dünnen Luft wegen, eine Beklemmung in der Brust. Nach 5 Stunden waren wir am Ziel, das heißt, so weit wir ans der Kiboschoseite hinaus kommen konnten. Wir standen vor den Gletschern und konnten während einer halben Stunde den herrlich in dcrMorgensonneglünzenden, staffelförmigen Eisberg bewundern, bis die Nebel die Naturschönheit unseren Blicken wieder entzogen. Zum Andenken an das erreichte Ziel nahmen wir Eisklumpen in die Mission mit." Lin Beispiel, das IRaebabmung verdient, gibt ein kleines, braves Kind im Alter von elf .Jahren, welches uns jüngstens 20 Kronen, seine langgesammelten Sparheller, zur Taufe eines Negerkindes auf den Namen seines verstorbenen Bruders übersenden ließ. Welch schöner, rührender Lebenszug in einer unschuldigen, gottbegnadeten Kindesseele! Das sind Akte, welche Gottes Segen auf ein Kind und auf die Arbeit des Missionärs sozusagen mit Gewalt herniederziehen. Wie viel vernünftiger und schöner handelt dieses kleine Mädchen als manche Eltern, die oft wahnsinnige Tränen um ihre Kinder vergießen und oft verhältnismäßig große Summen verschwenden an Särgen und eitlem Schmuck des Grabes! So geschehen in Vorarlberg; ein ähnlicher schöner Zug kam voriges Jahr in O.-Österreich vor. Für die Briefmarkensammler. Wir machen auf einige Normen aufmerksam, um den Förderern unnütze Mühe zu ersparen: 1. Nützlich sind uns alle Briefmarken ohne Ausnahme, in- wie ausländische, alte und neue, die Zeitungsmarken mit inbegriffen. Es ist aber unbedingt notwendig, daß die Marken unverletzt sind, d. h. weder zerrissen noch verschnitten; deshalb lasse man immer einen gewissen Papierrand beim Ausschneiden aus den Briefen oder Ansichtskarten, z. B. 1 Zentimeter breit. 2. Eine Gruppierung der Marken nach ihren Werten, Ländern oder Alter oder nach einer bestimmten Anzahl, z. B. zu je 100 oder 1000, ist nicht notwendig; diese Arbeit raubt dem Sammler viel Zeit, ohne daß wir davon einen besonderen Nutzen haben; das gleiche gilt vom Reinigen der Marken. 3. K o r r e sp o n d e n z k a r t e n-Au s s ch n i t t e sind wertlos; alte Karten oder seltenere aus-ländiscbe Exemplare können ganz geschickt werden; die Sammlung gewöhnlicher Korrespondenzkarten ist wegen derPortoanstagen nicht empfehlenswert. 4. Besonderen Wert haben für uns natürlich die selteneren Marken, z. B. die hochwertigen Jubiläumsmarken und im allgemeinen die alten Marken aller Länder; wieviele von diesen liegen noch unbeachtet, vergessen und nutzlos in alten Hausschränken! 5. Es ist wohl unnütz, die vielseitigen Fragen zu beantworten, ob wir aus diesen Marken einen Nutzen schlagen können; wäre das nicht, würden wir uns damit nicht abgeben. Wir persönlich haben ja sicher keinen Nutzen; wohl aber wollest wir den Missionsfreunden, und ein Missionsfreund müßte eigentlich jeder Katholik sein, einen Weg zeigen und anbahnen, auf welchem sie ohne große Opfer und viel Mühe das schönste aller christlichen Werke fördern und unterstützen können; vom Eigenen wird eigentlich wenig oder gar nichts genommen, sondern nur der Schatz von der Straße aufgehoben, der sonst verloren wäre. Also auf zur Tätigkeit; hier wie in allen christlichen Werken ist es nicht die große Spende des einzelnen, die viel ausrichtet, sondern die kleine Spende der vielen, welche Großes erzielt. Und wie leicht lassen sich nicht viele Briefmarken sammeln; sehr oft braucht man nur die Bekannten darauf aufmerksam zu machen, sie sollen die Marken nicht wegwerfen, sondern aufbewahren; man kann sie dann einer Person im Dorfe, in der Stadt, einer Anstalt übergeben, welche dann alles uns übermitteln kann. Für . Schulkinder, Pensionatszöglinge, Klöster wäre es eine lehrreiche und spielende Arbeit, eine große Anzahl zusammenzubringen. Die belgischen Seminaristen leisten in dieser Beziehung für die belgischen Missionen Großartiges. Warum sollen unsere Seminarien und Gymnasien nicht dasselbe, ja noch mehr leisten können? Das ist ja gerade der segensreiche Pfennig der armen Witwe. Wem aber so ein Beitrag von einigen gebrauchten Briefmarken zu gering ist, der kann immerhin denselben noch wirkliche „Mark" und Goldfüchse und Kronen beilegen! 6. Wenn dann eine größere Menge beisammen ist, so sendet man sie uns zu in größeren Posten, d. h. bei entsprechendem Gewichte am besten als Postpaket. — Wenn es sein sollte, kommen wir eventuell auch noch für die Portoauslagen auf. — Zoll ist unseres Wissens nirgends einer darauf; verpackt können die Marken sein in Schachteln oder auch in kleinen Säckchen, das ist nicht so heikel. — Also frisch an die Arbeit, ein großer Erfolg soll unser gemeinsamer Lohn sein. •mmtwortlidbet BdjtifUtittr > Rcfetot P. Dr. flX RatCetncc F. S. C. — $udb6nn*erei Dxrolia Keilen, Südtiroi. AbonrrsrnenM - Gurr e u e r u u g err. Vom 10. Mcii bis 10. Juli 1910 haben folgende Nummern ihr Abonnement erneuert: 168 82.1 892 564 577 596 631 933 935 1065 1133 1158 1187 1216 1226 1232 1250 1526 1676 1877 2004 2284 2456 2718 2755 2796 2910 2964 3032 3083 3246 3290 3484 3606 3622 4107 5269 5270 5451 5462 5537 5636 5643 6369 6478 6999 7176 7220 8027 Empfehlenswerte Bücher und Zeitschriften» Mie eine Jfcau reifen soll. Ueber diesen Gegenstand plaudert in anregender Weise das Julihest der von 10.000 Frauen gelesenen, hübsch illustrierten und in jeder Nummer äußerst praktischen Zeitschrift „E l i s a b e t h b l a t t" (Prcßverein Linz, jährlich 12 Hefte, Kr. 2 24, nach Deutschland Mk. 2-20). Die.Nummer bringt eine Lebensbeschreibung der Madame Elisabeth, der Schwägerin der Königin Maria Antoinette, Schwester Theresias Blumen von . S. Gertrudis, Drei Säulen der Frauengclehrsam-keit, die lehrreiche Erzählung Das verbrannte Märchenbuch, Heldinnen Tirols 1809 von Liensberger, Hinauf zur Tochter Sions von Winkler, Vertraulichkeit zwischen Eltern Und Wildern von Th.Pichl, hübsche Handarbeiten, einen Artikel zur Gesundheitspflege, Wie soll man Obst essen, die Rubriken: Frauenarbeit und Frauenberufe, Zeitschau, Aus bei' Welt der Frauen, Für Küche und Keller, Schul zeitung, Unser Hausarzt, Für Haus und Hof usw. Das berrltcbe Schauspiel Der 71IMttemacbt|onne führt uns in wunderbar fein ausgeführten zweifarbigen Bildern und einer fesselnden Reiscbeschreibung der Redakteur der Zeitschrift „Ave Maria" (Preß-tierdn Linz, jährlich i2 Hefte, Kr. 1-84, nach Deutschland Kr. n-ö2) im reich illustrierten Juliheft vor Augen. Der Artikel ist auch mit trefflichen Bildern von dem Lappvolke und der Stadt Tromsö ausgestattet. Das gleiche Heft bringt einen mit vielen Bildern geschmückten Artikel „Ein Tag in Mnria-Albendorf", der berühmten Wallfahrt in Preußisch-Schlesien von P. Bruno Zenker, ferner das Fest Unserer lieben Frau vom Berge Karmel, ein neues Bild vom Linzer Dvmbauplatze in seiner jetzigen Gestalt, das Gcdicht„Mccrcscinsamkcit" von Tippncr, „Neues aus dem Schul- und Kinderleben" von Pcsendorfer, „Die Siebenschläfer" von Edward, mehrere Erzählungen, kleine Geschichten usw. Die Zeitschrift erhält sich trotz der großen Konkurrenz immer noch illustrativ und inhaltlich auf der gleichen Höhe, die ihr einen Abonnentcnkrcis von 20.000 Lesern verschafft hat. Das Juliheftchen der Kinderzeitschrift IRteincs Ane /Ihana vom Onkel Fritz bringt eine köstliche Mans-geschichtc mit Originalbildern, eine Wallfahrt nach Judenstein von Liensberger, ein Originalbriefchcn aus dem heißen Afrika von einem Missionär, die Heideprinzessin, Vetterbriefe usw. P. Hnselin Schotts /IbcObücber. (Verlag von Herd eiln Freiburg und Wien.) Die liturgischen Bücher der Kirche sind alle monumentale Werke ersten Ranges. Unter ihnen aber ist das bedeutendste und wichtigste das Meßbuch (Missale). Es ist nicht bloß ein Buch für den funktionierenden Priester, sondern, in die Muttersprache übersetzt und handlich gestaltet, eine unerschöpfliche Quelle der Erbauung für jeden gebildeten Laien, der mit Verständnis sich an den zelebrierenden Priester anschließcnnnd mit wirklichem Nutzen an dem heiligen Opfer teilnehmen will. Diesem Zwecke kommt das Meßbuch von Schott durch die sprachliche Form wie durch liturgische Erklärungen meisterlich entgegen und cs ist daher be- greiflich, daß dasselbe Auflage um Auflage erlebt und in stets weitere Kreise dringt. Der Preis des über lOOO Seiten umfassenden und doch sehr handlichen Buches ist sehr billig; es kostet in gutem ein--fachen Einband nur Mk. 330 = Kr. 3 96, ist aber auch in feineren Einbänden zu haben. Die Druckaiisstattung der jetzt vorliegenden 13. Auflage ist erheblich verbessert worden. Ihn namentlich den Wünschen der Männerwelt gerecht zu werden, wurde eine zweite, sog. feine Ausgabe (14. Auflage, auf noch dünneres, aber sehr gutes Papier gedruckt und das Buch bildet in dieser feinen Ausgabe ein sehr niedliches, bcgueni in derTaschezu tragendes Bändchen. sGeb. Mk. 4'40 = Kr. d'28 und höher.) Sehr will- -kommen wird das Meßbuch jetzt namentlich den Mitgliedern des III. Ordens sein, da ihm ein die besonderen Messen der Heiligen der drei Orden des hl Franziskus enthaltender Anhang (für 60 Pfg. = 72 Heller) beigegeben ist, in welchem sich zugleich ein sehr wertvolles Verzeichnis der Ablässe und Gencrnlabsoliitionstage für die Mitglieder desselben HI. Ordens findet. Dieser wird daher gewiß allen Tertiären eine besondere Quelle geistiger Freude, frommer Erbauung und reicher Gnaden "feilt. (Meßbuch und Franziskaner-Proprium zusammengebunden kosten nt Kunstleder mit Rotschnitt Mk. 4'— = Kr. 4-80.) — Ans dem „Meßbuch" ist sodann ein Auszug (ebenfalls in zwei Ausgaben) unter dem Titel ©remus! (geb. Mk. 2-20 fr. 2-64; feine Ausgabe geb. Mk. 3-— = Kr. 3 60; beide Ausgaben sind auch in feineren Einbänden beziehbar), der nur die sonn- und festtäglichen Meßformularien enthält und schon in über 20 000 Exemplaren verbreitet ist, hergestellt worden und soeben in dritter, bezw. vierter, verbesserter Auflage erschienen. Xicbfrauenscbute. Lehr- und Gebetbuch für katholische Frauen und Jungfrauen. Von P. Augustin Rößler C. SS. R. Mit einem Geleitwort von Doktor Paul Wilhelm vonKepPler, Bischof von Rottenburg. Mit Approbation des hochwst. Herrn Erzbischofs von Freiburg. Mit fünf Bildern. Schmal-24H (XVI und 624) Freiburg und Wien 1910, Hcrdersche Berlags-handlrmg. Geb. Mk. 2"— = Kr. 2 40. Ein zeitgemäßes schmuckes Büchlein, worüber Viktor Cathrein 8. J. folgendes Urteil gibt: „P. Rößlers .Liebfrauenschulü ist ein ganz vortreffliches Büchlein, sehr zeitgemäß nach Inhalt und Form. Die zunehmende Franenbildung und die wachsenden Glaiibcnsgefahren machen es durchaus notwendig, den gebildeten Damen auch in der Gebetbnchlitcratur eine etwas solidere, unseren heutigen Verhältnissen angepaßte Kost darzubieten. Namentlich muß ein. viel größerer Nachdruck auf eine gründliche Belehrung gelegt werden. Das geschieht in dem vorliegenden Büchlein des um die Frauenfrage hochverdienten Verfassers. Möchte dasselbe nur in die Hände aller gebildeten Damen gelangen. Sie werden in der ,Liebfrauensch»lc° mit ihren fünfKlassen (Glaubensschule, Gebetsschnle,Arbeitsschule, Leidensschule, Freudenschule) alles finden, was sie für ihr geistliches Leben brauchen, und zwar in sehr ansprechender und gefälliger Form." freundliche Ausnahme im Handwerker, wie Schuster, Schneider, Tischler usw., sowie Bauern finden als Luimtirüder Missionshaus in Milland M Mriren. Lierzitien füreitemefUMtglieberu. jförberennnen der St. Petrus Claver-Sodalität werden in der. Missioqsanstalt der St. Petrus Claver-Sodalität ..Maria Sorg" bei Salzburg unter Leitung des hochmürdigeu P. Josef IMttenfCbwüler 8. J., aus Innsbruck, tiorn 29. august bis 2. September d. I. abgehalten. Der tägliche Peusionsbeitrag beträgtK 2.—, bei Einzelzimmer K 4.—. Anmeldungen werden rechtzeitig erbeten: An die Leiterin der Missionsanstalt „Maria ©org", Post Kasern bei Salzburg. „MiriaSorg" ist vom Bahnhöfe in Salzburg per Einspänner in % Stunden zu erreichen. Der erste Vortrag ist Montag, den 29. August, um 5 Uhr abends. Man bittet, erst am Nachmittage des 29. August einzutreffen. Wins Bitte an WWKHsnndA Daß die Neger sehr die Hstsik lieben, ist bekannt. Daher ist es Pflicht des Missionärs, sich hierin beizeiten auszubilden. — In unserem Jnvenat, im j'averianum, haben wir für Musik besonders veranlagte Zöglinge; doch womit lernen? — Wir richten daher an Musikfreunde unter unsern Abonnenten die innige Bitte, uns Musikinstrumente, welcher Art sie auch sein mögen (natürlich brauchbar), für unsere Zöglinge nach Milland zusenden zu wollen. Sie üben dadurch ein Liebeswcrk an den Negern und das heiligste Herz Jesu wird es sicher lohnen. ebraucbte Briefmarken sammeln mir in allen Nuankitäken und merhen solche mit her?« sichern „Dengelst (ümfl !a von der Vermalluug des Missions« Hauses in flDtllanb frei Krisen entgegengenommen. Mr Bbonnenten aus allen StuöentenUretsen wirb eine auberorbentlicbe Preisermäßigung gewährt.