Feber.
Siebenter Jahrgang.
1910.
Folge 74.
(Seite 1257 bis 1280.)
Blätter
für den Abteilungsunterricht.
Hlonatschrift
zur Förderung des österr. Schulwesens.
(Herausgeber: Rud. E. Peerz.)
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Inhalt:
Seite
1. Der Kampf ums Brot.............................................1257
2. Familienerziehung, Staatserziehung	und	Schul-
erziehung......................................................1259
3. Sprachunrichtigkeiten der Schulsprache....	1261
4. Lose Gedanken..................................................1261
5. Für Elternabende .....................................1262
6. Die erste Einführung in das Kartenverständnis —
für Daasdorf am Ettersberge....................................1264
7. Schulhumor....................... 1265,	1267,	1268,	1270
8. Randbemerkung zur Folge 59 .......................... 1266
9. Etwas von der Kunst des Sehens.................................1266
10. Das Dividieren von Dezimalzahlen...............................1267
11. Eine Erinnerung..................... N	.	.	.	.	.	1268
12. Rauhreif.......................................................1269
13. Fallobst.......................................................1270
14. Die sechste Frage.................................... 1271
15. Unterricht im Freien................................. 1272
16. Aus dem Lehreralbum............................................1273
17. Die Wechselrede................................................1273
18. Der kranke Lehrer und das kranke Kind	.	.	.	1275
19. Briefkasten....................................................1277
20. Kleine Mitteilungen............................................ 1278	,
21.	Durch Sachsen und Thüringen v. Schule zu Schule 1279
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111.) Ein neuer Katalog der Musikinstrumenten- und Saitenfabrik Hermann Trapp in Wildstein ist soeben erschienen. Es ist für jeden Käufer von Wichtigkeit, eine Quelle zu finden, wo er seinen Bedarf an Musikinstrumenten mit Vertrauen decken kann, und soll man sich beim Kaufe in erster Linie wohl nur von der Qualität eines Musikinstrumentes, anstatt von der Billigkeit allein bestimmen lassen. Billige Nachahmungen sind auch für den Elementarunterricht nicht geeignet, da der schlechte, unreine Ton, welchen sie erzeugen, gerade den jungen Schüler in schädlichster Weise beirrt. Man wähle daher eine Firma, die auf den verschiedenen Gebieten instrumentaler Bautechnik gute Resultate erzielt hat. Die Geschäftsprinzipien der oben genannten Musikinstrumenten-Fabrik sind so solid und reell, daß wir unseren Lesern empfehlen können, sich deren fachmännisch und leichtverständlich angelegten Katalog kommen zu lassen. Prämiiert wurde diese Firma zuletzt auf der Weltausstellung in Paris 1900 für Musikinstrumente: Silberne Medaille. In Spezialprodukten für den Export nach den Kolonien: Silberne Medaille. Höchste Auszeichnung dieser Branche.
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560. Ignaz Tils in Deutsch-Veneschau: „Als Sammelergcbnis einer Versammlung in Strobnitz" K 3. — 561. L. Florian Groß in Hartberg: Ergebnis der Sammlung in der vierten Vollversammlung des Lehrervereines der nvrdöstl. Steiermark K 9. — 562. Deutsch-mährischer Lehrerbund K 100. — 563. Schllt. Josef Rom in Wertschitz Kt. - 564. Schilt. Rob. Th im in Merkersdorf, N.-Ö. K 2. — 565. Obi. Stephan Altmann in Hafncrberg, N.-Ö.: „Ergebnis einer Sammlung nach dem Begräbnis des Kollegen K. Ritschet" K 6. — 566. L. Oskar Stark in St. Ägyd, N.-O.: „Aus Freude Über den Zubnu" K 10. — 567. Schllt. Vinzenz Haas, Arbeitsl. Emma Haas in Kiblitz, je 1 Gdkr. K 2. — 568. Albert Feist in Neuschloß K 2'70. — 569. Südheimreferentin Hedwig Kern in Graz: „Ein Sammelergebnis!" K 17. — 570. Der Lehrkörper der Volksschule Ebersdorf bei Jglau K 3. — 571. Frau Magda Jagenbrei in Oberlaa, Gdkr. K 1. — 572. Schllt. Paul Marek in Bonkan-Richuld als Vereinsspende des Lehrervereines Schwarzwasser K 430. — 573. Gleisdorfer Lehrerverein: „Aus der Sammelbüchse!" K 12. — 574. Dr. Hoss, Rabbiner, Bisenz, statt eines Kranzbeitrages K 2. — 575. L. Karl Held in Sci> dowitz, Böhmen K 210. — 576. Obi. Alos Seidler in Gonobitz: 5 Gdkr. zum Zwecke des Zubaues K 5. 577. Deutscher Lehrerverein Brüx K 10. — 578. Obi Alois Swctina in Miethsdorf bei Mureck, Gdrk. Kl. — 579. Obi. Johann Walla in Hohenwarth K 3 50. — 580. Obi. Martin Nedbal in Pisweg Kl. — 581. Obi. Max Spangaro in St. Georgen bei Straßburg Kl. — o82. Schllt. Franz Egger in Gunzenberg K — 50. — 583. Schllt. Moritz Haydvogel in Honsdorf Kl. — 584. Schllt. Johann Forcher in Steinbichl K — 50. — 585. L. Hermann Obmann in Zammelsbcrg Kl— 586. L. Matthias Trainacher in Weitenfels Kl. — 587. L. Mizzi Karpf in St. Georgen bei St. Kl. — 588. L. Anna Mit Iler in Weitenscld Kl. — 589. Obi. Ferdinand Tillemann in Ulcutitfchin K 50. — 590. Obi. Sobotka, Konorar für einen Artikel K 5. — 591. L. Josef Kersch in Tullnerbach bei Wien: „Kartenspielgewinnjle" K 10. — 592. Obi. Anton Minks in Josefstal bei Kosmanos (Lehrkörper) K 3. — 593. Obi Alois Lnx in Veitfch K 2. — 594. Direktor Hans Trunk in Graz K 10. — 595. Schilt. Rudolf Neuwirth in Witko-witz bei Marienbad Kl. — 596. L. Anton Ersner in Spital am Semmering K 4. — 597. L. Karoline Rath in St. Georgen, Grdk. K 1. — 598. L. Emilie Partsch in Wermsdorf, Mahren K 4. — 599. L. Maria Bartoschik, Felice Urbaschek in Bautsch, je 1 Gdkr. K 2. — 600. L. Johann Poisel in Mödritz bei Brünn Kl. — 601. I. M 8 tz 1 er, k. k. MezirÜsschnlinspektor in Bregenz: „Dem Kranken zum Heil!" K 5. — 602. Gesellschaft in Gösting am (Hireitaßnib d. H. Dir. Willomitzcr in Graz K 30. — 603. Bczirkslehrerverein Umg. Graz statt Kranzspende für sein gründendes Mitglied H. Obi. in R. Josef Schuster K 10. — 604. Spende aus dem Vereinssäckel: „Umgebung Graz" K 7. — 605. Schllt. Franz Repa in Sallinasta.ht, N.-Ö. KS. — 606. Obi. Josef Preis? in Oskan K 5. — 607. Lehrkörper Gumpoldskirchen, N.-Ö. K 2. — 608. Ortsgruppe d. B. d. D. in Böhmen, Nieder- und Obermittig K 5. —- 609. Alexander Grnber, Tabak»erleger in Laibach, für den Zubau K 10. — 610. Revidentens-Galtin Marie Götz in Laibach K 2. — Zusammen K 379.60; Endsumme in Folge 66 K 7012 87. Bisher in den „Blättern" verzeichnet K 7392 47.
Mitteilungen der Verwaltung.
Von vielen Seiten wurde die Anfrage gestellt, ob wir die Bezahlung in Raten gewähren. Wir sind damit einverstanden. — Da wir die „Blätter“ nach Möglichkeit vergrößern wollen, so ersuchen wir nicht allein um Verbreitung und Anempfehlung sondern auch um Bezugnahme auf dieselben, wenn man aufgrund der Ankündigungen bei einer der Firmen etwas bestellt. Das Inseratengeschäft soll die Freistücke decken. — Lehrer Joh. St. in I.: Die Ermäßigung wird insolange gewährt, als das neue Gehaltsgesetz noch nicht in Kraft ist. — Lehrer R. H. in B.: Die genannte Lehrerbildungsanstalt tut wacker mit. — Gebundene Jahrgänge 1908 und 1909 sind nunmehr in einer größeren Anzahl angefertigt worden. Sie werden mit einem Aufschlag von 2 K abgegeben. Demnach kostet Jahrgang 1908 solid gebunden 6 K, Jahrgang 1909 8 K.
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In der Not erst magst du zeigen, wer du bist und was du kannst I Geibel.
Der Kamps ums Grat.
Ohne besondere Anzeichen hat er sich in allen Teilen des Reiches erhoben. Das ist der beste Beweis, daß die Unzufriedenheit seit langen: ausgehäuft war. Wie ein Mann steht die Lehrerschaft da und fordert den ihr gebührenden Sold. Wenn es sich nur um die Gerechtigkeit handelte I Nicht sie pocht so ungestüm an die Tore des Parlamentes und an die der Landstube, sondern die Not, die leidige Not. Immer höher steigen die Preise der Lebensmittel, mit ihnen steigt der Lohn des Arbeiters, mit dem der Wert der Waren, mit diesen der Ausgabenetat des Familienvaters, so daß selbst der sparsamste Finanzminister, den Österreich je besessen hat, sich zur Regulierung der Beamtengehälter entschließen muß, um der Verschuldung ein Ziel zu setzen. In der Zeit finanzieller Ebbe, wie sie tiefer nicht gedacht werden kann, greift die Exzellenz bis zum untersten Zipfel des Staatssäckels und holt den letzten Peiler hervor — für jene, die schon etwas besitzen, die gleich ihr den Staatsrock tragen, die ihr also nahestehen. Auf die Lehrer vergißt sie. Warum? Sic sind ihr noch lange nicht so nahe gekommen wie die Beamten. Diese haben sich ohne Unterschied der Nation zu einem mächtigen Bunde vereinigt und sind unablässig mit dem ganzen Aufgebote vorgerückt. Die Lehrerschaft hat es nicht über ihren völkischen Idealismus bringen können, eine Berufsgemeinschaft, und sei sie auch nur von Fall zu Fall, zu gründen. Erst die Not hat den Gedanken hiezu geboren. Ulan steht die Erfolge der ändern und schmiedet nunmehr mit Eifer den Ring. In Wien wird an der Berufsorganisation gearbeitet, auf daß in Bälde eine Phalanx von 82.000 Streitern, vertreten durch ein permanentes Exekutivkomitee, das einem Anträge des Leiters der „Blätter" entsprang, mit Macht vorrücke und zäh an der gerechten Forderung festhalte. Sieht man das gewaltige Peer der Volksbildner als Ganzes, erkennt man die Kraft der geschaffenen Masse, dann wird man nicht nur gnädig in Worten, sondern auch in Taten werden müssen.
Es ist ein arger Irrtum, zu meinen, die Regierung wolle für die Lehrer nichts tun. Wer Gelegenheit hat, hinter die Kulissen zu sehen, wird merken, daß die Schulverwaltung und was mit ihr zusammenhängt, mit Ernst und Nachdruck an der Besserstellung der Lehrerschaft tätig ist. Tatsächlich hemmend wirken nur jene, die uns mit billigen Phrasen abspeisen, viele der Abgeordneten. Sie befürchten, es sich mit dem Volke zu verderben, wenn sie an einer Reform mitwirken, die höhere Steuern fordert. Wenn der Staatsbeamte oder
der (Offizier ein plus erhält, so merkt es der Bauer nicht, denn es fehlt ihm ja die Gelegenheit, den: Glücklichen nachzurechnen. Gibt es aber im Schulhause einen Freudentag, erzeugt durch die Hoffnung auf Gehaltserhöhung, so ballt der Landmann die Fäuste, weil er die höhere Steuer wittert. Und der Abgeordnete knickt ein. In den Städten ist es nicht besser. Die reichen Hausbesitzer zetern womöglich noch grimmiger gegen neue Lasten und damit gegen den höheren Sold des Lehrers als das Bäuerlein draußen. Und wieder knickt der Abgeordnete ein. „Mit den Lehrern, mit diesen ,guten Menschen' werde ich schon fertig werden" — denkt der in die Enge Getriebene; „ein gutes Mort, eine schöne Rede und ich habe Ruhe". Und es gelingt ihm zumeist. UM die Lehrerschaft sich international auch nur auf eine Stunde zusammenschließen, so genügt das rote Tuch „völkischer Verrat" und die .guten Menschen' sind wieder hübsch fein geschieden, geschwächt, machtlos. Dieses Spiel wurde lange genug getrieben. Nun ist es selbst den pursten Idealisten zu toll geworden. Die Truppen ballen sich zusammen. Wenn sich nur diesmal die Lehrerschaft nicht wieder beirren ließe! Versprechungen sind leerer Schall, die nationale Ängstlichkeit ist nur ein Trick der Unaufrichtigen (wir sind ja nicht Rinder, die sich ohneweiters beschwatzen lassen), das Flicken am Gehaltsschema nützt nichts. Man soll einmal mit einer gründlichen Reform heraus, mit der Staatsaushilfe oder sonstigen Mitteln, damit was Rechtes geschaffen werde I Dann geben wir Ruhe. Das Wort von den „ewig unzufriedenen Lehrern" ist eben auch nur ein Schildchen für jene Volksvertreter, die es sich mit dem Volke nicht verderben wollen. Sie reichen einen Bissen, um dann umso besser gedeckt zu sein. Da muß einmal reine Rechnung gemacht werden. Dies kann bloß geschehen, wenn die Lehrerschaft als Reichsfaktor auf den Plan tritt und als solcher bei den Wahlen entscheidend eingreift. Man wird uns erst hören, wenn man uns fürchtet. Sind die Abgeordneten ernstlich und aufrichtig bestrebt, uns zu helfen, so wird die Regierung nicht „nein" sagen. Sie kann es nicht, weil der Wille des Volkes für sie Gebot ist. Woher die Mittel kommen, das haben nicht wir zu erwägen. Wenn man sie für die Beamten aufbringt, so wird man sie auch für uns finden. Aber man glaube ja nicht, daß man dort ohneweiters Gaben zuteilen kann, die eine weitere Verteuerung nach sich ziehen, uns jedoch beiseite läßt. Die Lehrerschaft ist des Wartens müde. Ihre Forderung wird diesmal nicht auf dem Papiere hinausflattern oder in Höflichkeitsakten aufgehen, sondern mit der Macht der Standesvereinigung, in die sich die Organisation der Bezirksschul-inspektoren eingliedert, weil auch sie das Abc der schönen Phrasen satt hat, über die erkünstelten Bedenken hinwegschreiten und ohne Unterlaß wirken, bis sie erfüllt ist. Die Not bringt die Menschen zusammen. Wenn die Abgeordneten alles reiflich erwägen, so werden sie den Kampf ums Brot beenden, ehe der Sturm beginnt. <£s bröckelt Tag um Tag ein gut Stück Idealismus ab. Ist er aus dem Schulhaus geschwunden, dann ist er verloren für alle. Nur hier ist noch Raum für ihn. Noch hütet ihn die Lehrerschaft als kostbares Gut. Wenn jedoch einmal die Fanfare schmettert und der Unmut durch die Schranken bricht, dann ist es vorüber mit der poesie des Volksbildners. Mit gellendem Aufschrei stürmt die Not als Führerin ins Land und wirft den Mantel des Ideals zur Seite. Der Krieg ist schrecklich. Wer klug ist, vermeidet ihn. Man hat den Frieden im Balkan mit vielen Millionen erkauft. Tin Zehnteil genügt, ihn in der Lehrerschaft des Reiches zu sichern.
Familienerziehung, Staatserziehung, Schulerziehung.
Von Eduard Burger, k. k. Professor an der Lehrerbildungsanstalt zu Innsbruck.
Morvemcrkung: Mit Prof. Eduard Burger tritt ein vielgeprüfter Mann in unsere Gemeinde ein. Herr Burger hat sich nämlich das Doktorat des Volksschullehrers, die Bürgerschullehrerprüfung, für alle drei Fachgruppen erworben. Eine sülche Mitteilung nimmt man in der Regel mit Kopsschütteln auf; beim gar oft führt großes Anhäufen des Stoffes zu geistiger Leere oder doch wenigstens zur Zersplitterung. Bei Burger trifft das nicht zu. Nachdem er die drei Pässe glücklich in der Tasche hatte, ging er daran, durch den Besuch von Hockschul-kursen in Jena und Greifswald und von Vorlesungen an der Universität zu Innsbruck sein Wissen zu vertiefen und später an umfassenden pädagogischen Arbeiten zu erproben. Alles, was er bot, hat in der Lehrcrwclt lebhaften Widerhall gefunden. Im Anzeigeteile der Folgen 72 und 73 sind die Schriften Burgers genannt. Sie haben vieles mit denen Trunks gemein: gründliches Vorstudium, knappe Fassung, strenge Sachlichkeit, einen scharfgeschnittenen Stil. — Burger geleitet uns mit seinem nachfolgenden Aufsatze auf das Gebiet der Sozialpädagogik. Hier ist er geradezu ein Führender in der österreichischen Schulwclt geworden. Als Lehrerssohn hat er es eben von Kindheit ans gefühlt, daß unsere Pädagogik als Treibhauspflanze fast ausschließlich in der Schulstube gepflegt und mit inhaltsleeren Theoremen genährt wird.	P-
Wenn die Lösung der sozialen Frage in ihrem gesamten Umfange und innersten Wesen zum großen Teil von einer wohlgeleiteten Erziehung und von einem gehaltvollen Unterrichte abhängig ist, so wird die Frage: „Inwieweit und inwieferne hat das Erziehungs- und Unterrichtsprinzip mit steter Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse seine sachliche Verwirklichung in unserem Erziehungs- und Schulwesen gefunden?“ nicht allein zu einer der brennendsten aller sozialpädagogischen, sondern aller Zeitfragen überhaupt. In den deutschen Volksgebieten mit geordneten Schulver-hältnissen gilt ausnahmslos der Grundsatz, daß der größte Teil der Erziehung der Familie überlassen bleibe und daß es Aufgabe der Schule, insbesondere der Volksschule, sei, die häusliche Erziehung fördernd zu beeinflussen und zu ergänzen, hauptsächlich aber den Unterricht zu pflegen. Ist dieser Grundsatz in der Praxis wirklich so durchgeführt, wie er theoretisch bestimmt lautet?
Eine unbefangene Betrachtung unserer Familienerziehung rechtfertigt das vernichtende Urteil, daß weit häufiger von einer Nichterziehung als von einer Erziehung durch die Familie gesprochen werden kann. In den niederen Ständen müssen Vater und Mutter dem Erwerbe nachjagen, die Kinder sind sich selbst überlassen, sie erziehen sich selbst, d. h. sie ahmen das böse Beispiel der Größeren nach und folgen ihrer rege gewordenen Neigung zum Bösen. Gewiß ist es in den mittleren Ständen besser um die Erziehung bestellt; aber auch da wird nur zu oft aus Gründen verschiedener Art die Erziehung der Kinder, des größten Gutes für die Eltern, selbst unerzogenen Dienstboten überlassen. In den höheren Kreisen endlich findet man es unter der Standeswürde, sich um die Erziehung des eigenen Fleisches und Blutes persönlich zu bekümmern; hier spielt die „bezahlte Mutter“, die Gouvernante, oder der Hofmeister die Rolle des Erziehers und was unter dieser Leitung herauskommt, ist im günstigsten Falle eine mit allerlei Wissen und Äußerlichkeiten bepfropfte Puppe, im seltensten Falle aber ein nach Gemüt, Urteil und Willen tüchtig erzogenes Kind, aus dem sich später ein Charakter entwickeln kann. Und gesetzt, jede Mutter hätte Zeit, Gelegenheit und Lust, die Erziehung ihrer Kinder auf sich zu nehmen, besitzt sie dazu auch die Fähigkeit? In unseren Tagen kann eine Frau, wenn sie zu den sogenannten Gebildeten gehört, Klavier schlagen, Fran-
Prof. E. Burger.
zösich radebrechen, sich in Tand und Putz werfen, geistreichelnden Klitschklatsch-Tritschtratsch pflegen u. dgl. m., wenn sie allenfalls eine tüchtige Hausfrau ist, auch kochen, bügeln, nähen und andere für die Hauswirtschaft nützliche Tätigkeiten. Aber wie viele gibt es, die verstehen, was es heißt, Kinder erziehen? Zu den Ausnahmen gehört es bereits, wenn eine Mutter mit den wichtigsten Grundsätzen der Menschenkunde, der Gesundheitspflege und der Kinderernährung vertraut ist; allein fast eine Absonderlichkeit ist es zu nennen, wenn sich eine Mutter die wichtigsten Grundzüge der Seelenlehre und der Erziehungskunde angeeignet hat, ohne deren Kenntnis eine planmäßige Erziehung unmöglich ist. Also Not, Leichtsinn und Unvermögen der Eltern sind die Gründe für die Vernachlässigung der häuslichen Erziehung. Hier das Übel mit der Wurzel ausrotten, d. i. jede Familie zu ihrer Erziehungstätigkeit in jeder Weise geeignet machen, hieße mittelbar die soziale Frage lösen, und das dürfte denn doch nicht so leicht sein.
Ist es unmöglich, eine allgemein gedeihliche Erziehung durch die Familie herbeizuführen, so gewinnt das Verlangen nach Einführung der allgemeinen Volkserziehung durch den Staat an Berechtigung. Es ist bekannt, daß der Grundsatz der allgemeinen Erziehung durch den Staat bereits mehrmals nach verschiedenen Richtungen hin im Altertume verwirklicht wurde. In neuerer Zeit waren es hauptsächlich Franzosen (Babeuf, Fourier, Labet), die diesem Grundsätze eine moderne Färbung gaben und ihn als Forderung in das sozialdemokratische Evangelium auf-nahmen. Namentlich im Gothaer Parteiprogramme, das für die deutsche Sozialdemokratie leitend ist, findet man unter Punkt 6 folgende Fassung: „Allgemeine und gleiche Volkserziehung durch den Staat. Allgemeine Schulpflicht. Unentgeltlicher Unterricht in allen Bildungsanstalten.“ Die Familie ist aber gewiß mehr als ein nichtssagendes Schlagwort und insbesondere würde es vom deutschen Volke, dem seit Anbeginn die Familie heilig gewesen, als ein schweres Unrecht empfunden werden, wenn man den Kindern die doch nicht zu leugnenden Segnungen raubte, welche ihnen eine gute Familienerziehung zu bieten vermag. Außerdem müßte es in Österreich, dem Lande der erbittertsten völkischen Kämpfe und der unbegrenzten Möglichkeiten, wo sich selbst die Staatsverwaltung der Einflüsse der politischen Parteien nicht immer erwehren kann, die schwersten Bedenken erregen, dem Staate den gesamten Nachwuchs zur unbeschränkten Ausbildung zu überantworten.
Hingegen erwächst dem Staate durch seine Verantwortlichkeit für die Wohlfahrt der Bürger und durch seine Pflicht der Selbsterhaltung das unbedingte Recht, die häusliche Erziehung streng zu beaufsichtigen und auf sie fördernd einzuwirken. Zur sozialpädagogischen Aufgabe des Staates nach der letzgenannten Seite gehört die Schaffung von Einrichtungen, durch welche die Eltern Belehrung über Kindererziehung erlangen, wozu in den mancherorts eingeführten Elternabenden ein entwicklungsfähiger Versuch vorliegt. Ebenso dürfte dem Staate wohl kaum das Recht bestritten werden, bei vorsätzlicher Fahrlässigkeit in der häuslichen Erziehung gegen die schuldtragenden Personen Zwang-und Strafmittel anzuwenden. Erst dort, wo dieses zuwartende Verhalten des Staates auf die Familienerziehung erfolglos bliebe, wäre er berechtigt, ja verpflichtet, die Erziehung der betreffenden Kinder selbst in die Hand zu nehmen. Behufs dessen müßten staatlich geleitete Erziehungsanstalten für vernachlässigte Kinder errichtet werden, die gegenüber den bestehenden Besserungsanstalten für verwahrloste Kinder den großen Vorteil voraus hätten, dem drohenden Übel vorzu-
beugen oder es zum mindesten im Keime zu ertöten. Als Anfang zu den geforderten Anstalten sind die in den meisten größeren Städten vorhandenen Kinderhorte anzusehen, deren Aufgabe jedoch insofern ungenügend erfüllt ist, als sie die Kinder nicht gänzlich dem häuslichen Schlendrian und Verderben entziehen. Undurchführbar sind die gemachten Vorschläge keinesfalls; es bedarf nur des ernsten Wollens und sie sind möglich.	(Schluß	folgt.)
Zpracbunricbtiglreiten der Scbulspracbe.
30.
Heyaste oder Heyälter! Geläufiger ist uns elfteres, doch als sprachrichliger muß letzteres bezeichnet werden. Nur wortarme Sprachen verwenden ein und dasselbe Wort ohne weitere Veränderung für mehrere Begriffe. Das hat die deutsche Sprache nicht notig. Bildet sie schon nicht ein neues Wort, so ändert sie doch die Form, um den Begriff klarzustellen. Deutlichkeit entspricht dem deutschen Wesen. Deswegen wird man jeder Verwechslung aus dem Wege gehen und in dem vorliegenden Falle jene Form wählen, die jeden Zweifel ansschlicßt. Die drei E (e-ä-e) klingen allerdings nicht gut. Allein, was gilt dem Deutschen mehr: Ge-klinge! oder Klarheit? — Wenn man in der Zeit des Ringens nach einem höheren Einkommen oft der „Gehälter" erwähnt, wird sich das Ohr gar bald an den Klang gewöhnen.
Lose Gedanken.
14.) Die Zwangslage des Halbtagsschulleiters. Die Volksschule hat neben der Erziehung zwei Aufgaben zu lösen: 1. die Vermittlung der Technik (mechanische Lesefertigkeit, Schreibtechnik, Rechtschreibtechnik, Sprechtechnik, mechanische Rechenfertigkeit), 2. die Verstandesbildung.
Es ist klar, daß die Technik anfangs im Vordergründe, später mit der Verstandesbildung parallel, zuletzt im Hintergründe stehen muß. Das nimmt sich auf dem Papiere recht niedlich aus; die Erfahrung lehrt aber, daß bei täglich zwei-, dreistündigem Unterrichte, bei überfüllten Klassen, bei Lehrermangel, Lehrerwechsel dieses Ziel nicht erreicht wird.
Nicht selten verlassen die Kinder die Schule, ohne die Technik zu beherrschen, und von einer Verstandesbildung ist dann in der Regel auch wenig zu bemerken. Das Volk vergleicht das Ergebnis dieser Schulbildung mit jenem seiner eigenen und fällt über die Neuschule ein vernichtendes Urteil. Der arme Lehrer weiß sich nicht zu helfen. Er haschte nach zwei Fliegen und erwischte keine. Er weiß ganz gut, daß er die Technik erreicht haben würde, wenn er unbeirrt durch die hohen Forderungen der Methodik gearbeitet hätte; er kann sich aber dennoch nicht entschließen, auf die hohen Ziele teilweise zu verzichten und der Technik zuliebe die ungleich wertvollere Verstandesbildung nur so nebenbei zu pflegen, denn außer seinem eigenen Gewissen, fürchtet er auch den Inspektor, der ihm nicht mit Unrecht den Vorwurf des „Drilles“ machen kann. Darum ruft er: Ihr Pädagogen, habt Erbarmen mit uns Armen, die für die Sünden des Staates büßen müssen! Gebt uns normale Schulverhältnisse (entsprechende Zeit, normale Schülerzahl, Ständigkeit des Lehrpersonales, gute Lehrerbildung), dann könnt ihr eure Forderungen stellen; solange aber unser Schulwesen im Zeichen des Halbtagsunterrichtes, der Klassenüberfüllung und des Lehrermangels und Lehrerwechsels steht, müßt ihr einsehen, daß wir, um wenigstens etwas zu erreichen und im Volke nicht als Stümper zu gelten, in erster Linie auf Lese-, Schreib-, Rechtschreib-, Sprech- und Rechentechnik hinarbeiten müssen und die zweite, gewiß ideale Forderung nur soweit erfüllen, soweit sie nicht die Erreichung der ersten gefährdet.
F. Zenz.
Für Elternabende.
3.
Hütet die Jugend!
(Schluß.)
Aber die Jugend will nicht bloß sehen, hören und singen, sie will auch lesen. Und heutzutage liest alles: der Ladendiener hinter dem Ladentisch, der Bauer hinter dem Pfluge, der Knecht auf dem Wagen, der Fabriksarbeiter, die Obsthändlerin hinter ihrem Ständer, der Kutscher auf dem Kutschbock — sie alle lesen. Und was lesen sie? Schund! Räuber- und Gespenstergeschichten, Mordszenen, dann wieder Pikanterien, Nacktheiten; das ist das Wasser, in dem sie ihre Seele baden.
In der Tat, es kann, um mit Herder zu sprechen, nichts so sehr bilden oder verderben, als eine gut oder schlecht gewählte Lektüre. Führich hat Recht, wenn er vom „Gift“ spricht, das in reicher Menge in unseren Schriften und Büchern enthalten ist. Er hat recht, wenn er sagt, daß eine ohne Wahl und Maß getriebene Lektüre für junge Leute die nächste Gefahr herbeiführt, mit ihrem besseren Selbst in jene träumerischen Tiefen zu versinken, wo die Begriffe einer höheren, göttlichen Moral aufhören und dafür die Schminke bereitet wird, welche die Sünde, wenn auch nicht schön, doch jedenfalls reizend macht.
Hören wir, was Rousseau — und gerade dessen Wort mag hier eine ernste Mahnung für die Eltern sein — in einer guten Stunde schrieb: „Wenn man die schauerlichen Verirrungen ins Auge faßt, welche in Europa durch die Presse bereits erzeugt worden sind, und nach den Fortschritten, die das Übel von einem Tage zum anderen macht, auf die Zukunft schließt, dann kann man leicht voraussehen, wie die Könige sehr bald dahin kommen werden, es zu bereuen, daß sie dieser fürchterlichen Kunst den Eingang in ihre Staaten gestattet haben. Wollte Gott, die Mehrzahl unserer Schriftsteller wäre untätig geblieben 1 Es würtie besser stehen um Zucht und gute Sitte, besser um den Frieden und die Ruhe der Gesellschaft. Aber die hohlen Phrasenmacher kommen auf allen Seiten daher, bewaffnet mit ihren widersinnigen Theorien, um an den Grundpfeilern des Glaubens zu rütteln und die Tugend zu untergraben. Sie lächeln verächtlich bei den alten Worten „Vaterland“ und „Religion“ und setzen all ihr Talent und ihre Kenntnisse daran, alles, was es unter den Menschen Heiliges gibt, niederzureißen und in den Staub zu ziehen. Da behauptet der eine, es gäbe keinen anderen Gott als die Welt, der andere, der Unterschied von Gut und Böse sei ein Wahn, ein dritter, die Menschen dürfen ohne Bedenken, wie die Wölfe in der Wildnis, sich gegenseitig auffressen. Das ist die Weisheit, die sie uns lehren und die wir von einer Generation zur anderen auf unsere Nachkommen vererben .... So geht denn hin, ihr berühmten Werke, für welche die Einfalt unserer Väter kein Verständnis gehabt haben würde, geht hin, begleitet vor die Augen unserer Nachkommen jene noch verderblicheren Bücher, in denen unser Jahrhundert seine sittliche Fäulnis ausatmet, erzählt vereint als treue Zeugen den kommenden Geschlechtern die Geschichte unserer Aufklärung und unseres Fortschrittes. Wenn sie euch lesen, und sie nicht noch wahnsinniger sind, als wir, dann werden sie ihre Hände zum Himmel erheben und sprechen in der Bitterkeit ihrer Seele: Allmächtiger Gott, du, der du die Geister in deiner Hand hältst,	erlöse	uns von	der	todbringenden Aufklärung unserer
Väter und gib uns die Unschuld wieder,	das	einzige	Gut, das uns glücklich	machen	kann, das ein-
zige, das vor deinen Augen Wert hat!“
Die Zeitungen müßten den Anfang	zum	Guten	machen	und	nichts von	Schund	in ihre Spalten
aufnehmen, vielmehr sollten sie diese mit Schilderungen des Edelsinnes, der Nächstenliebe, der Brudertreue, der Dankbarkeit füllen. Das wäre eine patriotische Tat, denn sie würde das Vaterland ehren und der Nation zum Segen gereichen. Haus und Schule aber müssen sich auch hier die Hände reichen, um die jugendliche Seele vor zeitlichen und ewigen Schäden zu bewahren. Ein reines und frohes Gemüt sollen sie dem Kinde erhalten. Auf dem Boden eines reinen und frohen Gemütes gedeiht die Religion. Wo die Religion nicht im Gemüte wurzelt, wo sie nicht vom Grunde aus den Verstand durchdringt und den Willen veredelt, da wird sie sich nie und nimmer „als die Kraft Gottes erweisen, die da selig macht alle, die daran glauben“. Und darum darf auch das Christentum nicht als starres Dogma und tote Lehrmeinung dem Kinde in den Kopf gezwängt, sondern als ein Leben ins Herz gepflanzt werden, als ein „gottseliges Leben, welches wieder gottseliges Leben schafft“, nicht Lippenchristentum, sondern Herzenschristentum, Tatenchristentum. Deshalb muß auch ein vernünftig betriebener Religionsunterricht einen Hauptfaktor der Erziehung bilden.
Nun wird man mir sagen, glaubst du mit alledem auch schon eine Tat vollbracht zu haben? Weißt du nicht, daß „grau ist alle Theorie“ ? Ich weiß es, auch rühme ich mich keiner Tat. Ich wollte nur in bescheidener Weise denjenigen eine Mahnung zurufen, die es angeht.
Es kommt vor, daß an manchem Kinde alle Einwirkungen des Elternhauses, ja auch die der Schule machtlos abprallen.
Nun, was ist da zu tun? wird man fragen,
Man suche zu retten, was zu retten ist. Stets denke man an Sailers Wort: „In jedem Menschen, wenn er nicht vollends verstockt ist, findet sich doch noch ein lichter Fleck, ein Punkt der Empfänglichkeit für das Gute; bei diesem soll man ihn fassen und zu heben suchen, auf daß der Lichtpunkt sich erweitere und die Finsternis allmählich verdränge. In vielen Fällen hat man die Freude, allmählich Besserung zu sehen, in vielen Fällen freilich nicht. Das sind die Verstockten, Verlorenen. Was soll man mit diesen tun? Prügeln? Viel ist dafür und dagegen geschrieben worden. Gibt es keine Rettungs- und Arbeitshäuser? Und haben sie nicht Erfolge aufzuweisen? ln einem Berichte der schweizerischen Rettungsanstalt für Knaben in Bächtelen bei Bern steht zu lesen: „Über die sittlichen Erfolge der Anstalt sprechen wir nicht gerne in Zahlen; der spätere äußere Lebensgang vieler Zöglinge ist uns nicht bekannt; vollends ins Innere der Herzen zu blicken, ist dem menschlichen Auge nicht vergönnt. Immerhin dürfte es nicht weit gefehlt sein, wenn wir annehmen, daß drei Viertel der Entlassenen sich als gebessert, ein Viertel als ungebessert herausstellen. Dabei repräsentieren die Gebesserten und Ungebesserten eine mannigfaltige Stufenfolge sittlicher Zustände. Viele der er-steren, die ohne den Einfluß der Anstalt Verbrecher geworden oder sonst der bürgerlichen Gesellschaft zur Last gefallen wären, sind zu einem geordneten Leben gelangt und nähren sich redlich, in anderen hat der Same des göttlichen Wortes tiefere Wurzeln geschlagen. Unter den Ungebesserten gibt es einige, welche vor der Konfirmation entlassen werden mußten, weil sie für erzieherische Einwirkung unzugänglich befunden wurden; einzelne sind rückfällig geworden und der bürgerlichen Strafe anheimgefallen. Die Rückfälligkeit erklärt sich zum Teil aus der Rückkehr der Entlassenen in die heimischen schlechten Verhältnisse. Die Sehnsucht nach dem Hause, besonders nach der Mutter kommt bei jedem zur Geltung; und sind die Verhältnisse in der Heimat nicht besser geworden, so ist es kein Wunder, wenn die guten Vorsätze wankend werden und dieser oder jener wieder fällt. Wie wir den Tag nicht loben sollen vor dem Abend, so bleibe auch das Urteil über die Menschenseelen dem Tag der Ernte anheimgestellt. Wir entnehmen aus alledem, daß viele, welche der Stock gänzlich in die Finsternis des Bösen hinausgetrieben hätte, durch die sittliche Arbeit der Rettungsanstalt auf den Weg des Guten geführt wurden.
Die Rettungsanstalt ist kein Strafhaus, sondern eine Erziehungsanstalt. Es gibt kein wirksameres Mittel gegen die „Verteufelung der menschlichen Natur“ als die Familie oder, wenn die Elternkraft fehlt, die Nachbildung der Familie. Die modernen Rettungsanstalten verwirklichen durch-gehends dieses Nachbildungsprinzip; denn die Kinder, welche „hinter den Hecken jung geworden sind“, finden darin das vermißte Haus, in dem sie zuerst in Familiensitte erzogen, alsdann in allerlei nützlicher Kenntnis gebildet werden, und was eigentlich die Hauptsache ist, — lernen, wie Zucht und Freiheit miteinander sich ganz wohl vertragen und wie das Individuum einer höheren moralischen Gesamtpersönlichkeit sich unterordnen muß, damit es, wenn es aus der Anstalt heraustritt in die Welt, nicht abermals sinke und endlich rettungslos untergehe.
Für jene aber, welche auch die Rettungsanstalt nicht zu retten vermag, ist allerdings die Prügelstrafe „das allervernünftigste und am besten wirkende Heilmittel“.
Nun zum Schlüsse! Wir verzweifeln nicht an unserer Jugend, sie ist.nicht schlimmer, als die Jugend anderer Zeiten es war, und wir vertrauen dem guten Geist, der in unserem Volke lebt. Aber mahnen, mahnen soll man immer wieder. Mögen doch Eltern, Lehrer, Geistliche, Ärzte, Schriftsteller und alle, alle, die es angeht, lehrend und abwehrend unsere Jugend schützen und hüten vor dem Hauche des Bösen 1 In unserer Jugend liegt die Zukunft des Volkes, sein Glück oder Unglück!
„Willst du segnen, lehr’ ein Kindl Aus dem Körnlein werden Ähren;
Wie dein Körnlein war gesinnt,
Wird einst eine Welt sich nähren.
Willst du segnen, lehr’ ein Kind!“
Seien wir unserer Jugend Führer! Am sichersten werden wir sie führen, wenn wir ihr das Leben, das wir ihr ins Herz pflanzen wollen, Vorleben. Hier gilt als Kinderspruch:
„Laßt uns besser werden,
Bald wird’s besser sein.“
Schiroky Rudolf.
Die erste Einführung in das Kartenverständnis — für Daasdorf am Etters berge.
Vom Schulleiter K. Trautermann in Daasdorf bei Weimar.
(Fortsetzung.)
Die nächste Einheit ist der Weimarbach, die Thüringer Eisenbahn und der Stiefvater. Das Itzerfeld fällt nach S steil ab. Der steile Hang wird zu Weinbergen benutzt; er ersetzt die Mauer, an der im Dorfe die Reben gezogen werden. Er ist zugleich die Wand der Weimarbachmulde. Die Warte über Hopfgarten (am Rande dieses Hanges) ist kein Überrest einer Burg, sondern ein Warteturm für Söldner der Stadt Erfurt, die früher Reisende bis hierher begleiteten und dann auf solche warteten, die sie nach Erfurt bringen wollten. Der Weimarbach fließt nach W, bei Hopfgarten mündet er in die Gramme. Die Südwand seiner Mulde wird gebildet vom Ullaer Hundsberg und dem Stiefvater. Diesen sehen wir nach N abfallen. Sein Nordabhang wird von sieben Furchen durchzogen. Es entstehen acht Rücken. Dadurch bildet sich Wellenland, deutlich wie im Durchschnitt an der Straße von Weimar nach Hopfgarten erkennbar. Den Abschluß nach W bildet der Lohberg.1 An seinem Fuße fließt die Gramme, die von Nohra kommt. „In Nohra unterm Chore da kommt die Gramm’ hervore.“
Im	Grunde fährt die	Thüringer	Eisenbahn. Die Schienen sind	durch Nieten und
Laschen	zusammengehalten zu vier	Strängen, je zwei bilden ein	Geleis. Laschen
Niete, Schrauben, Schwellen und Schienen sind von Eisen, aus demselben sind Drähte, Säulen, Glocken, ferner Räder, Wagengestelle, Tritte, Ketten, die Lokomotiven. Die Schienen sind von Stahl, aus dem auch die Messerklinge gemacht ist. Er ist härter als das andere Eisen, das wir hier sehen. Und doch nutzen sie sich fortwährend ab. Wir streichen mit dem Finger darüber: Er ist mit einem glänzenden Staub bedeckt. Es sind	Stahlteilchen von	den Schienen und von den Rädern. Die	Schienen werden
deshalb	immer niedriger,	die Räder	immer kleiner und müssen mit der Zeit durch
neue ersetzt werden. Der Stahlstaub fliegt in die Luft und zur Erde. Aus der holte man zuerst Eisenerz, um Eisen und Stahl zu gewinnen. Was für riesige Mengen davon gehören zur Thüringer Eisenbahn, zu allen Bahnen Deutschlands, der Welt! Die Schwellen ruhen auf schwarzem Gestein, auf Basalt — am Schulhause lehnt eine Basaltsäule — er ist durch feuerspeiende Berge ausgespien. In ihm können wir natürlich keine Tierabdrücke finden. Durch die Drähte längs der Bahn wird telegraphiert (und telephoniert). Der Bahnwärter zeigt den Telegraphenapparat, ferner ein Knallsignal, durch das er einen Zug zum Halten veranlaßt, erzählt, daß ein Güterzug eine Schwelle verloren habe, die einen Schnellzug beinahe in Gefahr brachte. Neben der Beaufsichtigung des Bahnkörpers liegt dem Wärter ob, die Schranken oder die Barriere2 zu schließen und zu öffnen. Auch sehen wir einen Streckenläufer; der muß achtgeben, ob die Schienen in Ordnung sind, denn es kann sich in der Sonnenhitze eine Schiene krumm ziehen. Daneben gibt es noch Streckenarbeiter, die müssen Gras abhacken, Steine unter die Schwellen pochen, neue Schienen legen. Viele Leute sind am Bahnhofe angestellt; den Zug bedienen Schaffner, Lokomotivheizer und Lokomotivführer. Wir sehen daraus, daß viele Menschen durch die Eisenbahn ihr Brot finden.
1 ln der Geschichte wird bei gegebener Gelegenheit dieser Name — auf die Eiche hinweisend — erklärt.
2 Barriere gebraucht man zur Vorbereitung auf die Betrachtung Australiens, die uns mit einem Barriere-Riff bekannt macht.
Der Bahnwärter ist aus Hopfgarten. In Hopfgarten sind 45, in Tröbsdorf 15 Leute an der Bahn beschäftigt. So sehen wir, daß die Eisenbahn viele Leute in Orten nährt, die an ihr liegen.
Nach der Ullaer Brücke hingehend bemerken wir einen langen, tiefen Schacht; die Straße von Daasdorf nach Weimar geht unter einem langen, hohen Damme weg. So wechseln Schächte und Dämme miteinander ab, freilich sind sie nicht immer so groß wie diese. Die Ullaer Brücke überbrückt den Schacht, der Weg Daasdorf-Ulla überschreitet ihn. Über die Brücke weg ist der Weimarbach gelenkt, unter ihr fließt ebenfalls Wasser.
Verschiedene Züge sehen wir vorüberfahren: Güterzüge, Personenzüge, Schnellzüge, D-Züge. Erklärung! Von der Brücke aus haben wir herrlich Gelegenheit zu sehen, was für Güter befördert werden, auch wohinwärts, Brikett z. B. „nauswärts“, Koks „reinwärts“.
Neben der Brücke sehen wir eine Säule mit zwei gesenkten Armen, einem Manne gleich, der uns sagt: Die Bahn fällt von hier aus auf beiden Seiten, 1 :200 steht auf jedem Arm, d. h. auf 200 m je 1 m. Das Wasser der Westseite läuft zur Gramme und zur Unstrut, das der Ostseite zur Ilm. Die Säule steht also auf der Wasserscheide zwischen Ilm und Unstrut. Was tut die Bahn in der einen, in der anderen Richtung? Was tut der Lokomotivführer, der aus der, aus jener Richtung kommt, wenn er über diese Stelle weg ist? Bis zum Pfahl schieben Lokomotiven, warum bis hierher?
Im Schacht wohnt wieder ein Bahnwärter. Neben seinem Häuschen steht ein Signalmast; wir sehen, wie die Arme gehoben oder gesenkt werden, ich sage, was das zu bedeuten hat. Wir gehen am Schachte hin bis gegenüber dem Wärterhäuschen. Nahe am Fuße des Schachtes sehen wir Wasser quellen. In der Richtung kommt der Weimarbach auf uns zugeflossen. Ehe die Eisenbahn gebaut wurde, floß er etwa hier, oben auf der Erde hin, oberirdisch. Sie hat ihm den Weg verlegt und ihn über die Ullaer Brücke gewiesen. Aber nur, wenn er große Wassermengen in seinem Bette führt, nimmt er den neuen Weg. Sein Wasser nimmt gewöhnlich unterirdisch seinen Weg hierher, und da es nicht bergauf fließen kann, so läuft es im Schachte nach Tröbsdorf und zur Ilm, während es ursprünglich ganz zur Unstrut floß. Ist er also reich an Wasser, so wendet er sich zu lim und Unstrut. Unter der Quelle setzt sich Stein an, Tropfstein. Ein Bahnwärter hat uns einmal ein Stück abgeschlagen. Der Tropfstein besteht aus Kalk, das Wasser ist kalkhältig, der Kalk ist im Wasser aufgelöst.
Auf dem Heimwege wenden wir unseren Blick nach O, nach Tröbsdorf zu. Dort erhebt sich der Steinberg, ln seinem sanften Südabhange ist eine Mulde, in der das Wasser abfließt, das sich auf dem an die Tröbsdorfer Flur anstoßenden Teile der Daasdorfer sammelt. An den Steinberg setzt sich nach W hin der Ullaer Berg an.
Der Stiefvater wird aus Sand aufgeschüttet, groß gezeichnet und in seinen Verjüngungen gezeigt. Auch wird er modelliert.	(Fortsetzung	folgt.)
Schulhumor.
35.
Auch ein .Entschuldigungsgrund. Lehrer (zur Zuspätkommenden Schülerin): „Ja, wo warst du denn heute, du bist doch sonst immer rechtzeitig da?“
Schülerin: „Se hoan ein Niederdorf an Dieb gefonga und do hot mich de Mutter sahn geschickt, obs nie der Voater ies.“
Randbemerkung zur Folge 59.
Kollege B. hat vollkommen recht, wenn er die Ausfüllung der Blankette eine Tagdieberei nennt. Ich wirke an einer dreiklassigen Schule mit sechsjähriger Schulpflicht. Im Lehrpläne für dreiklassige Volksschulen heißt es: Schriftliche Übungen. Wiedergabe behandelter Lesestücke usw. — und Briefe. Gegen die Einführung der Schüler ins Briefschreiben habe ich nichts einzuwenden, aber die Blankettenausfüllerei ist eine mühevolle Arbeit für den Lehrer und hat für das spätere Leben keinen Erfolg. Ich selbst habe durch drei Jahre diese Sache geübt und zwar über Anregung meines verstorbenen Freundes J. Sch., welcher Postmeister und Gemeindesekretär war und mir die scheinbare Wichtigkeit der Ausfüllung eines Posterlagscheines, einer Postanweisung usw. vor Augen hielt. Meine Schüler zeigten bei der Behandlung dieser Blankette großes Interesse — natürlich wegen der unnützen Zeitvergeudung. Als ich mich nach einiger Zeit bei meinem Postmeister über die Wirkung dieser Einführung erkundigte, sagte er ganz erstaunt: „Ja, hast denn du das schon eingeführt, eingelernt, ich verspüre nichts, ich habe immer noch die gleiche Arbeit mit dem Scheckausfüllen.“ Ha, ha, dachte ich, der Schreiberunterrichtsdienst macht es nicht und ich ließ die Sache ruhen. Darum gebe ich dem Kollegen Buxbaumer ganz recht und stoße ins gleiche Horn: Weg mit der Blankettenfexerei!
H. Nowak, Lehrer in Niederwaldkirchen, Oberösterreich.
Etwas von der Kunst des Sehens.
Von Schulrat Fr. Polack.
(Fortsetzung.)
3.	Wie üben wir die rechte Vorsicht im Wandel ?
Der Lehrer wirkt mehr durch das, was er ist, als durch das, was er weiß. In seinem Vorbilde und in der stetigen Gewöhnung liegen die stärksten Erziehungsmächte. Sein Wandel muß eine dauernde Predigt, eine Übersetzung seiner Lehre in Tat und Leben sein, dann ist er von zwingender Erziehungswirkung. Klaffen dagegen Wort und Tat, Lehre und Beispiel auseinander, predigt er ändern, wird aber selbst verwerflich, dann trägt seine Arbeit den Todeskeim in sich. Darum soll die Vqrsicht den Wandel des Lehrers begleiten wie sein Schatten. „Sehet zu, daß ihr vorsichtiglich wandelt 1“ mahnt der Apostel. Niemand sollte das mehr zu Herzen nehmen als der Lehrer. Sein Wandel ist ein Gang zwischen Spiegelwänden. Alles wird gesehen, besprochen und in den Augen, Köpfen und Herzen von jung und alt mannigfaltig gebrochen und abgetönt wiedergespiegelt. Vor allem hüte sich der Lehrer, besonders der junge, vor Selbsttäuschung. Er glaube dem Bilde nicht, das Heuchler und Schmeichler von seiner Volkstümlichkeit und Vortrefflichkeit entwerfen. Er verstopfe sein Ohr gegen solche Sirenenklänge. Sie stumpfen das sittliche Urteil und die Wachsamkeit über sich selbst ab. Wie würde er erschrecken, wenn er unverhüllt sein Bild sähe, das man hinter seinem Rücken zeichnet? Mücken würde er als Kamele und Splitter als Balken wiederfinden. Mißtrauisch gegen sich selbst, prüfe und wäge er jedes Wort und jeden Schritt, wodurch er vorbildlich wirken oder Ärgernis geben kann. Unter der Wucht vieler kleiner Verfehlungen bricht endlich die beste Erziehungsabsicht und damit die Erziehungswirkung zusammen.
Unzählbar sind die Klippen, an denen der Lehrer scheitern kann. Nur einzelne seien angeführt. Er hüte sich vor häufigem Besuch der Wirtshäuser, vor Trinken, Kartenspielen, politischen Kannegießern, Streitereien und Besserwissenwollen, Liebeleien, Schuldenmachen u. dergl. Er sei vorsichtig bei seinen Freundschaften und hüte sich vor Bruderschaften beim Glase. Pünktlich fange er die Schule an, lasse keine Zeitung in die Schule kommen, treibe keine fremde Arbeit, während die Schüler schreiben, rechnen oder lesen. Auch der Schein der Bequemlichkeit oder einer gewissenlosen Zeitverwendung werde vermieden. Nie benütze er die Schulstube zu wirtschaftlichen Arbeiten, als Trockenboden oder Vorratskammer oder Bewahrort der ei-
genen kleinen Kinder, niemals Schulkinder zu häuslichen Arbeiten. Scheinbar sind die Eltern solche Dienste wohlzufrieden; bei jedem Zwist wird es aber sofort dem Lehrer als Vergehen aufgedrückt.
Die größte Vorsicht beobachte der Lehrer beim Versetzen und beim Strafen. Keine Strafe darf den Eindruck der Härte oder gar Unmenschlichkeit hinterlassen. Scheit- oder Schimpfworte sowie kränkende Urteile über die Eltern und deren Hauswesen vermeide er ängstlich. Das ist der wundeste Punkt bei den Eltern, der sorglich geschont werden muß. Alles verzeihen sie dem Lehrer leichter als kränkende Äußerungen über sie selbst. Geschenke lehne der Lehrer grundsätzlich ab. Selbst wenn Liebe und Dankbarkeit sie bringen, so heftet ihnen doch der Neid und das Mißwollen den Makel der Parteilichkeit an. Auch dem Verdachte soll der Lehrer den Weg absperren.
Durch einzelne trübe Erfahrungen lasse sich der Lehrer nicht verbittern, nicht mißtrauisch und gehässig machen. Sich selbst nehme er in Kleidung, im Gange, im Sprechen und im Verkehr in strengste Zucht. Alles Auffällige meide er. Seine ganze Persönlichkeit sei eine lebendige Erziehungspredigt, so daß auch die Argusaugen der Splitterrichter kein Ärgernis entdecken können. Ist die Person und der Wandel des Lehrers nicht unanstößig, kein tägliches lebendiges Vorbild für die Kinder und die Gemeinde, so werden seine Worte Wolken ohne Wasser bleiben. Lang ist der Weg durch Vorschriften, kurz und wirksam durch Beispiele. Täglich sollten wir uns fragen: „Hindere ich nicht selbst die erziehliche Frucht meiner Mühen, leugne ich nicht durch die Tat, was ich lehre, reiße ich nicht durch mein Beispiel nieder, was mein Wort gebaut hat? Je inniger in dem Erzieher Wort und Tat eine Einheit bilden, desto größer und sicherer wird die erziehliche Wirkung seiner Arbeit sein. Einheit ist auch hier Macht. „Wenn die Rose selbst sich schmückt, schmückt sie auch den Garten.“ „Tu nur das Rechte in deinen Sachen, das andere wird sich von selber machen.“
Ein Lehrer mit der rechten Ansicht von seinem Berufe, mit der rechten Absicht bei seiner Arbeit und mit der rechten Vorsicht im Wandel verdient erst in Wahrheit den Namen eines Erziehers.	(Fortsetzung	folgt.)
Das Dividieren von Dezimalzahlen.
Eine Erwiderung von Johann Frühlinger, Lehrer in Enzersfeld, Niederösterreich.
Da bisher gegen diesen Artikel in Folge 71 der „Blätter” keine Einwendung gemacht wurde, so erlaube ich mir zu bemerken, daß das Verfahren des Herrn Kollegen Keiblinger den Schüler nicht immer zur richtigen, sondern in vielen Fällen sogar zur falschen Dezimalenbestimmung anleitet.
Herr Kollege, wie verhält es sich in dem angeführten Beispiele (543 6:0 258 =), wenn statt der 5 Hunderter nur 1 Hunderter stehen würde? Nach ihren Ausführungen würde man, wenn ich recht verstehe, auch Tausender bekommen, was aber doch nicht stimmt.
Der Schüler muß daher bei Anwendung dieses Verfahrens zuerst immer untersuchen, ob die höchste Stelle des Divisors in der höchsten Stelle des Dividenden enthalten ist oder nicht; wenn nicht, so ist natürlich der rechte Nachbar im Dividenden noch heranzuziehen und zu berücksichtigen. Bei dem veränderten Beispiele (143 6:0 258=) darf also nicht bis zu dem 1 Hunderter geschritten werden, sondern nur bis zu den 4 Zehnern.
ln diesem Sinne ist das Verfahren in allen Fällen anzuwenden und eine falsche Dezimalenbestimmung ganz ausgeschlossen.
Diese notwendige Voraussetzung geht aber aus Ihren Ausführungen nicht hervor und gab daher den Grund zu meiner Bemerkung.
Schulhumor.
36.
Gewissensbisse: In der dritten Klasse wurde das Lesestück „Feuriges Wasser“ durchgenommen. Am Schlüsse gibt der Herr Lehrer einige Ermahnungen und fragt hierauf die Schüler: „Wieso kommt es, daß einer, der beim Stehlen nicht erwischt wurde und von dem niemand weiß, daß er gestohlen hat, seines Raubes doch nicht froh ist?“
Schüler: „Weil es ihm leid tut, nicht mehr genommen zu haben.“
Eine Erinnerung.
Ein Jahrhundert ist an der Menschheit seit „dem Tage von Mantua“ vorübergerauscht. Man wird den Tiroler Nationalhelden ehren mit Kränzen und Liedern, mit Festen und Gedichten. In allen Schulen, soweit die deutsche Zunge reicht, wird es erklingen, jenes herrliche „Zu Mantua in Banden der treue Hofer war“; in allen Häusern, wo noch Sinn für Nationalfreiheit wohnt, wird man sein Bild bekränzen und vom „Hofer“ erzählen; der Lehrer in der Schule wird den Kindern die Taten schildern, ihr Herz entzünden und den Helden begleiten — auf den „Brenner“, auf den „Iselberg“, in seine versteckte Almhüte und endlich in die Festung Mantua, bis die letzten*Schüsse^fallen ....
Der Lehrer wird sicherlich auch von Hofers Denkmal, von seinem Grabe, von den Ehren, die seiner Familie nach seinem Tode zuteil wurden, berichten usw.
Es war an einem Augusttage des Jahres 1907, als mich der Eilzug aus Dänemark nach dem Städtchen Albersdorf in Schleswig-Holstein brachte. Als ich mich abends zur Ruhe legen wollte, hörte ich aus dem Garten der Volkshochschule ein Lied, dessen Melodie mir sofort die ferne Heimat naherückte, erschallen. Etwa 25 Mädchen der Anstalt sangen ein dänisches Volkslied, und zwar wie ich sofort erkannte, nach der Melodie des Hoferliedes.
Direktor Friedrich Lembke hatte die Freundlichkeit, mir das Lied zu überlassen Es lautet:
„Es war auf Jütlands Auen, es war am kleinen Belt, da stand ein junger Krieger bei dunkler Nacht im Feld, das Auge trüb, die Wange bleich; er sang so wehmutsvoll und weich:
Geliebtes Schleswig-Holstein, mein Vaterland, leb wohl!
Geliebtes Schleswig-Holstein, mein Vaterland, leb wohl I
In ihren Schanzen schlummern in Lagerhütten da die Söhne Schleswig-Holsteins um Friederizia.
Du junger Kriegsmann auf der Wacht, was singst du traurig durch die Nacht:
Geliebtes usw.
Wohl ist es Nacht und dunkel, kein Stern blickt erdenwärts:
Doch dunkler ist die Ahnung, die mir umwogt das Herz.
O, wär’ die Nacht, die Nacht dahin, mir kommt das Wort nicht aus dem Sinn:
Geliebtes usw.
Ich denk an meine Lieben, ans heimatliche Tal:
Mir ist’s, ich hätt’ gesehen sie all zum letztenmal; mir ist, als müßt ich sterben heut’, drum laßt mich singen allezeit:
Geliebtes usw.
Und sollt ich’s nicht erleben, mein Land befreit zu seh’n, und sollt auf fremder Erde mein Grabeshügel steh’n —
Es blitzt ein Schußl Der Sänger fiel!
Doch tönt es nach wie Saitenspiel:
Geliebtes Schleswig-Holstein, mein Vaterland, leb wohl 1“
Nachdem das Lied verklungen war, trat ich auf die Mädchen zu und dankte ihnen mit einem Händedruck für die unerwartete Überraschung. Als ich jedoch erzählte, daß ihr Lied nach der Melodie unseres Hoferliedes sei, da freuten sie sich, daß die schöne Weise auch in ihre nördlichen Gaue gedrungen war.
F. 8. Wamprechtsamer, Oberlehrer in Gröbming, Steiermark.
Schulhumor.
37.
Auch eine Entschuldigung: „Die Muata hot gsogt, i brauchat nit strickn lernan; i hon eh zwean Paar Strimpf: oans firn Summa, oans firn Winta.“
Eingesendet von Anna KriZanec in Turrach.
Rauhreif.
Eine Skizze aus dem Lehrerleben.
Hoch oben im Gebirgsdorfe da wohnte im engen Schulhause der Lehrer Sommert mit seiner Frau und sie hatten als Gäste zwei gar innige Freundinnen: die Gesundheit und die Zufriedenheit.
Der Winter trat seine strenge Herrschaft an. Die Bäume seufzten unter der Schneelast und der Sturmwind blies immer neue Schneeflocken vor sich her. Jetzt saß der Lehrer nach getaner Arbeit mit seiner Gattin am. warmen Herde und las. Als der Wind wieder gegen die Fensterscheiben fuhr und die Türen ächzten, da hoben sich ihre Augen und die Blicke trafen sich und ruhten zufrieden, im innigen Einverständnisse leuchtend, ineinander.
Es freuten sich die beiden Freundinnen: die Gesundheit und die Zufriedenheit, — und tanzten um den Herd und die Funken knisterten und der Teekessel summte.
Das Frühjahr brach die Macht des Winters und schenkte der Erde ein grünes Gewand. Da stellten sich die Zugvögel wieder ein und auch das Schulhaus bekam einen neuen Inwohner — in Gestalt eines kleinen pausbackigen Jungen.
Der Lenz, der Sommer und Herbst flohen und wieder ergriff Herr Winter mit eisiger Faust die Herrschaft auf der Erde, ließ Flocken wirbeln, hüllte die Bäume in weißen Rauhreif und pustete mit frostigem Hauche über das Schulhaus hin. Wieder finden wir den Lehrer mit seiner Familie beim traulichen Lampenscheine versammelt.
Um den Herd tanzen wieder unsere zwei Freundinnen. — Da — husch . , . eine dritte Gestalt! — Das Glück. — Schon haben sich alle drei gefaßt und wiegen sich Im Reigen und die Funken sprühen und der Teekessel summt.
Vier Jahre sind verflossen. Da fiel der erste Rauhreif in die Lehrerfamilie. Der kleine Fritz lag fiebernd im Bette. Der Arzt kam und stellte Lungenentzündung fest. Bange Wochen flössen vorüber. Da röteten sich die bleichen Bäckchen wieder.
Von neuem zog der Winter ins Land und hüllte die Natur in ein weißes Leichentuch ein. Das Leben erstarb auf Feld und Flur. Nur die Krähen krächzten heiser . . .
Müder und müder fühlt sich die Lehrersfrau. Die langen Nachtwachen waren zu anstrengend und der eisige Winter vermehrte das Übel. — Die Mutter wird bettlägrig. Der Arzt riet schon längst den Süden als einzige Rettung an. Aber umsonst, die Krankheit hat die Ersparnisse aufgezehrt, — bittere Not herrscht. Allein sitzt der Vater beim Tische, den Kopf gestützt und Tränen kommen ihm in die Augen — nicht die ersten.
Die Funken knistern. Wo sind unsere holden drei Freundinnen? — Verschwunden! Statt ihrer tanzen drei unheimlich düstere Gestalten um den Herd: die Krankheit, die Not und die Sorge. Der Sturmwind fährt heulend durch den Kamin. — Ein neuer Seufzer des Vaters. — Da drängt sich Klein-Fritz zwischen seine Knie: „Vatti, nicht traurig sein!“ mahnt er. Und der Vater nimmt den Kopf seines Buben zwischen die Hände und blickt ihm wehmütig in seine klaren Blauäugelei» und leise kommt es ihm von den Lippen: „Geld, Geld, wenn ich es hätte, dann könnte die Mutter nach dem Süden und du bliebest vom Jammer bewahrt.“ —
Leise entkleidet er dann sich und den Knaben und begibt sich zur Ruhe. Rasch fallen dem Vater die ermüdeten Augen zu. —
Der Mond blinzelt durch die Scheiben und immer noch glänzen die Augen des Kindes.
„Geld, Geld braucht Vater, dann wird Mutti gesund!“ Da huscht es freudig über sein Gesicht, ein Gedanke leuchtet in ihm auf. Dann kam der Sandmann. Bald verkünden die ruhigen Atemzüge, daß auch er schläft.
Der Morgen graut nach einer schweren Nacht. Mit glanzlosen, heißen Augen geht der Vater ins Schulzimmer. Mutter und Kind sind allein.
„Mutti, Fritz! wird Geld, viel Geld holen,“ sagt der Kleine mit wichtiger Miene. „Dann wird mein süßes Multi wieder ganz gesund.“ Die Mutter zieht ihn an die Brust, ihre Augen weiten sich und bitterer Schmerz zuckt um ihren Mund. — Sie hat jede Hoffnung begraben, seitdem Blut, rotes Blut ihre Lippen rötete. Wieder drückt sie den Knaben an sich und grenzenloses Weh kranrpft ihr das Herz zusammen. So zeitig soll sie scheiden, scheiden von ihrem Glück. — Müde und bleich sinkt sie in die weißen Kissen zurück und das Kind spielt leise, bis der Vater kommt.
Nachmittags, als er wieder müde ins Schulzimmer schritt und die Mutter einschlummerte, da trippelte Fritz! zu seinem Spielwinkel und holte seinen größten Reichtum, ein starkes Bilderbuch hervor. Dann schlüpfte er leise zum Zimmer und zum Hause hinaus. Niemand sah ihn. — Ein eisiger Wind weht. Er bläst das Kind an, als wollte er es ins Haus zurückjagen. Immer weiter strampelt der Kleine. Alles ist mit einer weißen Decke überzogen und er merkt es nicht, daß er
schon längst vom Gehwege abgekommen. Seine Beinchen fangen an müde zu werden und die Kälte krabbelt langsam unter die Nägel der Fingerchen, die krampfhaft das Buch umschließen. — Dann tauchte der Wald auf. — Grausam kriecht der Frost schon durch das dünne Röckchen und macht das Kind erzittern. Müde tut es wieder einige Schrittchen und gerät noch tiefer in den Schnee.
Da heult der Sturmwind von neuem heran. Der Knabe sinkt, bitterlich weinend, in die Knie, er denkt an sein Mütterlein und faltet die Hände, um zu beten, wie er es zu Hause oft getan hat:
„Lieber Gott im Himmel hilf mir, Mutti ist so krank und ich will in die Stadt mit den vielen Lichtern und den vielen Büchern in den Fenstern. Dort will ich mein Buch hintragen und bekomme viel, viel Geld und dann wird Mutti wieder gesund und Vatti ist dann gar nicht mehr traurig.“ —
Leise senkt sich die Müdigkeit bleischwer auf die zusammengesunkene Gestalt herab, der Schnee ist so weich wie ein Bettchen, tiefer und tiefer sinkt das Köpfchen und die müden Blau-äugelein fallen zu.
Ein letzter Hauch kommt zitternd über die Lippen: „Mutti? . . . viel . . . viel . . . Geld . . brin-gen . .. ge-sund werden.“ — Wie ein zitternder Sonnenschein huscht ein letztes Lächeln über das Gesicht des Kindes. Die gefrorenen Tränlein glänzen und dann wird es totenstill . . .
Als der Vater wieder ins Zimmer trat, wurde Fritz vermißt. Alles Suchen war vergeblich. Der Mutter verheimlichte man es. — Mit hereinbrechender Dämmerung wird es der Kranken leicht, so leicht. Sie ruft leise ihren Gatten. Er neigt sich über sein Weib. Da, ein letzter schwacher Händedruck, ein leises Lächeln und befreit hebt sich eine edle Menschenseele gegen Himmel.
Es klopft. — Ein alter Holzfäller bringt den kleinen Fritz, erstarrt, mit einem Lächeln im Gesichte, das Buch noch fest im Tode umklammert.
Die Nacht bricht herein und im finsteren Zimmer sitzt beim kalten Herde ein gebeugter Mann. Draußen braust der Sturm heulend durch den Kamin und weiße Flocken fallen. —
Kuratko.
Fallobst.
Vor einiger Zeit hat sich ein Lehrer bei einer Schriftleitung angefragt, wer Karl Hilty sei Der Schriftleiter gab im Briefkasten des Blattes mit Bedauern Ausdruck, diesen Namen nicht zu kennen. Heute (16. Oktober) lese ich, daß Dr. Karl Hilty in Montreux gestorben. Nun wird der Frager durch alle Zeitungen die Antwort auf seine Frage bekommen; denn man schweigt oft die Lebendigen tot, widmet ihnen aber nach dem Tode lange Nachrufe. Der Welt Lauf! — Etwas aus Hilty’s Werken:
Suche beständig in großen Gedanken zu leben und das Kleinliche zu verachten; das führt, im allgemeinen gesprochen, am leichtesten über die vielen Beschwerden und Kümmernisse des Lebens hinweg. —
Laß einmal eine Weile versuchsweise das Kritisieren ganz. Ermutige und unterstütze überall alles Gute und ignoriere das Gewöhnliche und Schlechte als etwas Nichtiges und Vorübergehendes. Vielleicht gelangst du damit zu einem befriedigenderen Leben. Es liegt sehr oft alles gerade daran. — Das Glück des Lebens besteht nicht sowohl darin, wenig oder keine Schwierigkeiten zu haben, sondern sie alle siegreich und glorreich zu überwinden. —
Das Traurigste, was es gibt, ist der Rückblick im Alter auf ein halb oder ganz verlorenes Leben, das viel schöner hätte sein können. Das ist jetzt das Schicksal vieler Tausende, auch in den gebildeten Klassen; laß es nicht das deinige sein. —
Der rasche innere Fortschritt geschieht nur durch starke innere Erschütterungen, wenn man denselben also wünscht, so darf man diese nicht allzusehr scheuen. —
Das allerbeste Zeichen des innern Fortschrittes ist es, wenn es einem in möglichst guter und hochgesinnter Gesellschaft wohl ist und in gewöhnlicher immer weniger.
Aus dem Buche „Für schlaflose Nächte“. K.
Schulhumor.
38.
Kindermund. Jüngst stand ich vor meinen Kleinen und erzählte so recht nach Herzenslust. Da hatte sich auf meinem Barte — der sich, nebenbei bemerkt, in statu nascenti befindet — ein kleines Federchen niedergelassen. Der kleine Ernst in der ersten Bank meldet sich sofort und sagt vertraulich: „Herr Lehra, auf Ihneren Mund wochsen Fadern.“	Rudolf	Ritter
Die sechste Frage.
Welche Stoffmassen sollen aus dem jetzt bestehenden Lehrpläne ausgeschieden oder in demselben zugeschnitten werden? Was ist in die Lücken einzusetzen?
(Fortsetzung.)
Lesen.
Das 30. Urteil wünscht die Einführung einer Vorlese- und Erzählstunde; Urteile 15 und 18 Streichung von langatmigen Lesestücken.
Streit erregt die Frage: Ob die Druckschrift im ersten Schuljahre gelehrt werden soll oder nicht. (Eine neue Frage für die Wechselrede 1 D. Sch.)
Für: Urteil 7, 12, 13 und 17. — Gegen: Urteil 11.
Das 7. Urteil verlangt weiters, daß im Leseunterrichte der Volksschule die Schreib- und Druckschrift nur in je einem Alphabet gelehrt werde.
Deutsche Sprache.
Grammatik.
Sämtliche Urteile treten für eine Vereinfachung dieses Unterrichtszweiges ein. Die Urteile 4, 7, 16, 17 und 24 wünschen eine stärkere Betonung der Sprachübungen, Wortbildungs- und Wortbedeutungslehre. Die Urteile 12 und 17 verlangen Verlegung der Befehlsform, Urteil 14 der Vorvergangenheit und Vorzukunft in die Oberstufe. Urteil 5 wünscht die Grammatik-Lehrplanreform nach dem Musterlehrplane, angenommen bei der siebenten oberösterreichischen Landeslehrerkonferenz 1904 (sieh Stenograph. Protokoll!). Auszugsweise folgendes:
Sprech- und Sprachübungen in Verbindung mit dem Anschauungs- und Schreibleseunterrichte. Der Satz in seiner einfachsten Form. Der durch einfache Fallformen (Ergänzung) erweiterte Satz. Der durch Verhältnisfälle (Umstand) erweiterte Satz. Der zusammengesetzte Satz.
Zu streichen wäre — alles, was das Sprachverständnis und die Sprachfertigkeit nicht unmittelbar fördert, was bisher nur dem System zuliebe und wegen der Vorbereitung für die Mittelschule betrieben wird. (Urteile 6, 11, 13 und 14.) Das 27. Urteil verlangt Ausscheidung jener Kapitel, die bereits auf einer früheren Stufe behandelt worden sind. Die fremdsprachigen Ausdrücke verpönen die Urteile 11, 23 und 24.
Auszuscheiden wäre auch: 1. beim Hauptwort: Einteilung (Urteile 7, 9, 11, 15, 16, 17, 22, 23 und 24), Einteilung in männliches, weibliches und sächliches Geschlecht (Urteil 7), mehrfaches Geschlecht (Urteile 7 und 17), Biegung (Urteile 4, 7, 11, 15, 16, 17, 21 und 22).
2. beim Eigenschaftswort: Einteilung (Urteile 7 u. 23), Geschlecht und Zahl (Urteil 7), Biegung (Urteile 4, 7, 11, 15, 16, 17, 21 und 22), regelmäßige und unregelmäßige Steigerung (Urteil 7).
3. beim Zeitwort: Einteilung (Urteile 7, 9, 11, 15, 16, 18 und 23), Person (Urteile 7 und 15), Vorvergangenheit und Vorzukunft (Urteile 17 und 18), Unterscheidung in tätige und leidende Form (Urteile 7 und 15), Biegung (Urteile 4, 7, 11, 15, 16, 17,
21 und 22).
4. Einteilung der Für-, Zahl-, Umstands- und Bindewörter (Urteile 7, 11, 16,
22 und 23).
5. vom Satze: Arten des einfachen Satzes (11, 16, 22), Arten des mehrfachen Satzes (7, 9, 11, 16 und 22), Unterscheidung von Beifügung, Ergänzung und Umstand (11 und 22), Unterscheidung der Grundbestimmungen (4), durch welche Wortarten die Beifügung ausgedrückt werden kann (22), Einteilung der Nebensätze (7, 9, 11, 16 und 17), Streichung des mehrfach zusammengesetzten Satzes (17 und 21), Periode (21), Analysen (16, 17, 23 und 24).
6. Ausmerzen sämtlicher Definitionen.
NB. Obwohl nicht in den Rahmen dieser Frage gehörend, stellt Oberlehrer A. Rock in Wieselsdorf im 16. Urteil den Sprachlehrstoff in treffender Weise zusammen. In dieser Anlage ist so ziemlich alles weggelassen, was der Schüler praktisch nicht braucht,	(Fortsetzung folgt.)
Unterricht im Freien.
(Fortsetzung.)
1.	Der Vöglein Not.
Heute zeigt das Thermometer wieder einige Kältegrade an. Die Erde ist hart gefroren. Rauhreif bedeckt die Bäume. Tausendfach glitzern die feinen Eisnadeln in der Sonne. Jetzt herrscht eine traurige Zeit für unsere kleinen Standvögel. Kein Insekt, kein Körnlein ist zu finden.
Die Schopflerche trippelt eilig auf der Straße umher, um einige Haferkörnlein zu erspähen. Der gelbe Goldammer kommt in den Hof, um den Tauben etwas wegzuschnappen. Dort im Garten sehen wir die schwarze Amsel, eilig umherhüpfend, nach einem verborgenen Insekte suchen. In dem Geäste der Bäume führen die Schwarz- und Blaumeisen wahre Kletterkunststückchen aus.
Welch ein Leckerbissen ist es, wenn wir diesen hungrigen Gästen ein Stückchen Speck an einen Ast hängen, Körnlein und Brotkrümchen streuen!
Bald bricht die Nacht herein und die armen Vöglein müssen sich traurig, hungernd und frierend in ihren Schlupfwinkeln aneinander schmiegen. —
2. Der Vöglein Futterplatz.
Lieber Freund!
Wie wir unseren Futterplatz errichtet haben, willst Du wissen? Sehr einfach. Unter einem Obstbaume wurde der Schnee weggekehrt und ein Nadelbäumchen aufgestellt. Nun hieß es Futter herbeischaffen! Brot, Wurstenden, Speck, Fleisch, Körner, — alles war willkommen. Das Brot wurde zerrieben und unter das Bäumchen gestreut, das Fleisch und der Speck wurden mit Fäden versehen und aufgehängt.
Bald kamen die ersten Gäste an. Es waren Kohlmeisen. Flink flogen sie auf den Baum und untersuchten vorsichtig den Speck und die anderen Leckerbissen. Die Meisen wurden sicherer, ließen ein fröhliches „Sü, sü, sü“ hören und lockten die Gefährten herbei. Das war ein Leben!
Blau- und Kohlmeisen, Finken, Goldammern und natürlich fehlten auch unsere Gassenbuben, die Spatzen, nicht — sie alle flogen zwitschernd, jagend, pickend und zankend durcheinander. So ging es den ganzen Tag fort, daß es eine Freude war. Wenn Du unserem Beispiele folgst, wirst Du ja alles bald selbst erleben.
Mit vielen Grüßen ....
3.	Weihnachten.
Endlich kam der lange ersehnte Weihnachtstag. Auch die Natur hatte ihren schönsten Schmuck angelegt. Alles war mit Schnee bedeckt. Die Bäume beugten sich unter der glitzernden Last. Der Mond übergoß die Fluren mit silbernem Lichte und tausend Sternlein leuchteten. Überall herrschte tiefe Ruhe und süßer Frieden.
Da blitzten in den Häusern die ersten Lichtlein auf. Die Kerzen der Christbäume wurden angezündet. Fröhliche Kinderstimmen erschollen; überall sah man glänzende Augen und freudige Gesichter.
Wenn die meisten Kinder schon im warmen Bettchen vom Christbaume träumten, begannen die Glocken zu läuten. Sie riefen zur Christmette. Bald begleiteten feierliche Orgelklänge das schöne Lied: „Stille Nacht, heilige Nacht!“
4.	Der Schneemann.
Am Montage wanderten wir dem grimmen Winter zum Trotze auf den Turnplatz. Das war ein Jubel! Der weiche Schnee reichte bis an die Knie heran. Trotzdem ging es rasch an die Arbeit, es sollte nämlich ein Riesenschneemann aufgestellt werden. Zuerst wurden ungeheuere Schneebälle zusammengerollt. Ein solcher Ball mußte die Beine darstellen. Nun kam der zweite an die Reihe. Eins, zwei, drei, hopp, saß der dicke Bauch auf den Beinen. Sodann kam der fette Hals dran,
dann folgten ein kugelrunder Kopf und die Arme. Schließlich galt es noch, den Herrn Schneemann schön zu machen. Zuerst wurden ihm die Beine geformt, dann wurde sein Bäuchlein abgerundet und mit Knöpfen aus Kohle versehen, damit sich Freund Schneemann auch den Rock zuknöpfen könne, wenn ihn fröre. Zur Stütze erhielt er einen tüchtigen Stock in die Hand. Als Hut diente ein alter Blechtopf. Die Augen waren schwarz wie Kohle; im Mundwinkel baumelte eine richtige ausgediente Pfeife.
Mit Jubel wurde unser fertiger Freund begrüßt. Jetzt wünschte ich nur, daß die Sonne ihn nicht zu sehr anlache; sonst zerläuft er schließlich aus lauter Behagen, bevor wir ihn geschneeballt haben.
5.	Im Feber.
Ein scharfer Wind weht. Wir schlagen den Kragen in die Höhe, ziehen die Hutkrempe tiefer ins Gesicht und wandern ins Freie. Lustig wirbeln die Schneeflocken gleich glitzernden Kristallen vom Himmel herab. Die Kronen der Bäume beugen sich unter der Last. Die Gewässer haben sich mit einer Eiskruste überzogen. — Bei den Tieren ist jetzt der Hunger ein häufiger Gast. Die Krähen zanken sich kreischend und krächzend um einen Bissen. Die Singvögel betteln in den Straßen um Krümchen. Im Walde fällt manch kraftloses Häslein dem Fuchse zur Beute, der jetzt alle kleinen Tiere bekriegt. Viele andere Vierfüßler haben sich verkrochen. — Bald treibt uns die Kälte ins Zimmer zurück.	(Fortsetzung	folgt.)
Bus dem Kehreralbum.
36.
Sie ist Lehrerin geworden, weil es Mama so wollte. Und Mama mar doch reich, Mama tat ja so groß. Wozu der Broterwerb? Hätte sie es geahnt, daß die Not zuin Berufe zwang, sie würde wohl alles dnrangesetzt haben, „ihren Mann zu stellen". Da aber daheim großes Haus geführt wurde und man die Schulmeisteret gerade nur als Zeitvertreib bezeichnte, nahm sie die Arbeit leicht. Erst in späteren Jahren begann es ihr klar zu werden, wie sehr sie das Fach brauchte. „Ach, hätte es Mama gleich gesagt, daß wir arm sind!"
Die lüechselrede.
Zur 12. Krage.
(Notensingen in der Landschule oder nicht?)
15. Urteil. Anton Zdobinsky. Mit dem Notensingen in der Schule wird es nicht gehen. Das ist nur etwas für die besten Sänger. Es wollen und sollen alle Schüler singen. Das ganze Volk soll sangeslustig werdenI Und dann: Jene Schüler, die nicht gut singen, singen mitunter am liebsten und am lautesten. Ja, soll man denen vielleicht sagen: „Du sei ruhig, du bist nicht musikalisch und kennst auch keine NotenI“ Wieviel Lieder könnten wir nach dieser Methode bei zwei Halbstunden in der Woche in der zweiklassigen Schule singen? Die Kinder sollen sich doch in der Schule einen reichen „Liederschatz“ aneignen 1
Zur 13. Krage.
(Soll den Eltern der Zutritt zum Unterrichte zeitweise gestattet werden oder nicht?)
28. Urteil. Anton Zdobinsky. Ich bin sonst für eine Verbindung der Schule mit dem Elternhause; aber, daß den Eltern der Zutritt zum Unterrichte — sei es in welcher Form immer — gestattet sein soll, dafür bin ich nicht. Sie lernen ihre Kinder bei Schulfesten, beim Gedichtaufsagen und beim Spiele ziemlich genau kennen. Wir haben auch oft sächsische Schüler in unseren Schulen und wissen, was sie leisten. Die Erfolge im sächsischen Volksschulwesen bringt die sogenannte Fortbildungsschule, welche von Kindern, die über 14 Jahre alt sind, besucht wird.
Zur 15. Krage.
(Was ist an der bestehenden Lehrerbildung zu ändern?)
14.	Urteil. Schulleiter A. Schmidt in Brandstattgraben, Steiermark. Solange die Lehrerbildung nicht auf jene Höhe gestellt ist, auf der sie zufolge ihrer volkserziehlichen und volks-
wirtschaftlichen Bedeutung wegen stehen soll, mögen alle Vorschläge zur Erweiterung der Lehrerbildung ein Übergangsstadium zur Erreichung jener vollkommenen Ausbildung herbeiführen. Ich schließe mich also vorläufig jenen an, die da wollen: Bessere Ausbildung in den wichtigen Gegenständen, Einschränkung des Stundenausmaßes zu Gunsten des Vorherigen in Landwirtschaftslehre und Musik (hier werde bei der Aufnahme schon das Entsprechende verlangt), Verlängerung der Bildungsdauer um ein Jahr. Dieses sei der praktischen Ausbildung im Schuldienste gewidmet, indem die Zöglinge tüchtigen ernsten Schulmännern abwechselnd an den verschiedenen Schulen im Orte der Bildungsstätte oder in der Nähe desselben zugewiesen werden. Weiter verlange ich, daß die methodische Ausbildung der Zöglinge mehreren, im praktischen Volksschuldienste erprobten Männern in die Hand gegeben werde. Ferner verlange ich, daß dem heranwachsenden Lehrergeschlechte mehr Standesansehen anerzogen werde. Die Erziehung sei derart eingerichtet, daß es die Wichtigkeit seines Berufes und seiner Stellung im Leben und in der Gesellschaft bewußt wird, daß es demgemäß aufzutreten lernt und nicht erst durch harte Schicksalsschläge oder wohl gar erst durch Fachblätter viele auf den rechten Weg gewiesen werden müssen. Es wird ja auch bei Ausbildung zu anderen Berufen, wie z. B. beim Priester, Arzte usw. auf die zukünftige Stellung im Leben im ausreichenden Maße, vielleicht oft noch zuviel, was wieder Standesdünkel erzeugt, Bedacht genommen.
Ergebnis: 1.) Einschränkung der Musikfächer und der LnndwirtschnftsleHre. — 2.) Ausbildung bei tüchtigen üchnlmännern im Orte der Bildnugsanstalt. — 3.) Die Persönlichkeit. — 4.) Umgangsformen und Standesbewnßtsein.
15.	Urteil. Oberlehrer Peter Höll in Saalbach, Salzburg. — Herr Lehrer Heinrich Kurz in Christianberg, Böhmen, hat in Folge 68 auf Seite 1081 der „Blätter“ eingangs seines Urteils sehr treffend gesagt, daß von keinem Stande eine so vielseitige Bildung verlangt wird als vom Lehrer. Es ginge daher gar nicht gut an, die wissenschaftlichen Fächer in der Lehrerbildungsanstalt an ihrer Ausdehnung zu stutzen oder irgend einen Unterrichtsgegenstand ganz auszuschalten, obwohl im Innern eines jeden Lehrgegenstandes manches Unnütze oft sogar peinlichst gehütet wird. Dieses Unnütze, worüber ich aus meiner Studienzeit und aus den Mitteilungen jüngerer und ganz junger Kollegen jederzeit Aufschluß zu geben geneigt bin, ist es eben, was entfernt werden soll und womit die Zöglinge oft von manchem der Herren Professoren geradezu maltraitiert werden.1 Anstatt dieser unnützen Quälereien sollte der Lehramtszögling lieber zunächst zum Manne, zum Lehrer erzogen werden. Schon in der Lehrerbildungsanstalt muß der Zögling zum Lehrer werden und nicht zum hilflosen Menschen, der sich ein halbes, oft ein ganzes Jahr und noch länger in der Schule auf gut Glück durchschlagen muß u. zw. zum Schaden der Schule, zur Qual der Schüler, zum eigenen Verdrusse und zur Unannehmlichkeit des Leiters. Es ist ja wahr „aller Anfang ist schwer“; nach den jetzt noch immer bestehenden Verhältnissen trifft dieses Sprichwort niemanden härter als den angehenden Lehrer in niedrig organisierten Schulen. (Abteilungsunterricht.)
In den Lehrerbildungsanstalten beruft man sich immer auf die Vorschriften. Ja, ja, die Vorschriften! Wir Lehrer haben im Grunde auch schon lange unsere Vorschriften. Wenn wir z. B. unsern Unterricht heute noch so erteilen würden, wie vor 20 Jahren, wie würde es da in unsern Schulen aussehenl Die Zeit hätte uns schon längst überholt und wir wären, weiß Gott wie weit, hinter der Zeit, denn: „Stillstehen heißt zurückgehen!“ Wir Volksschullehrer müssen alle Mittel aufwenden, um mit der Zeit zu schreiten und mit dem Unterrichlsbetriebc den modernen Anforderungen zu entsprechen. Warum bleibt man in den Lehrerbildungsanstalten so starr beim Alten? Gewiß wären viele der Herren Professoren zu finden, welche es tief bedauern, daß man die Lehrerbildungsanstalt nicht modernisiert; aber diese Herren können das Statut nicht ändern. Mit dem Unterrichtsbetriebe niedrigorganisierter Volksschulen (ein und zweiklassige) werden die Zöglinge nur dem Namen nach bekannt gemacht. Der sogenannte „Übungsschul-Idealismus“ schwindet bald, wenn der junge Lehrer an einer ein- oder zweiklassigen Schule unterrichten muß. Hier begegnet er neben den allgemeinen Stadtschulunannehmlichkeitcn noch anderen Hindernissen z. B. minder begabten Kindern, einem schlechten Schulbesuche, einem weiten Schulwege, für die Schule verständnislosen Eltern usw. Die beste Vorbereitung des Lehrers, der nichtcrlahmende Wille, die Einsetzung aller Kraft, reichen oft nicht aus, das vorgeschriebene Ziel zu erreichen. Wäre es denn gar nicht möglich, durch passende Ferienverschiebung zwischen dem dritten und vierten Jahrgange den Zöglingen auf die billigste Art Gelegenheit zu verschaffen, am Ende des dritten oder am Anfänge des vierten Jahrganges ein bis zwei Monate an der Schule des Heimatortes zu praktizieren? — Monatlich ein oder zwei Stunden
1 Nur heraus mit den Beschwerden! Wenn es gilt, eine wichtige Staudesaugelegeuheit zu fördern, muß der Tadel ertragen werden. Ist er nicht gerecht, so verletzt er bekanntlich nicht. P.
Anstandslehre im dritten Jahrgange und der Besuch einer Tanzschule dürften sehr angezeigt sein. — Bei dem bestehenden Kostfrauenwesen (bezw. Unwesen) und bei der oft übertriebenen Ängstlichkeit der Herren Direktoren bezw. Professoren sollten die Zöglinge, auch die des obersten Jahrganges, nicht ins Gasthaus gehen oder doch wenigstens nicht zu viele auf einmal. Das ist denn doch ganz verfehlt. Ältere Zöglinge sollten öfter Zusammenkommen, natürlich nicht zu Saufgelagen, sondern zur Unterhaltung bei wissenschaftlichen und heiteren Vorträgen, zu Musik- und Gesangvorträgen; selbstverständlich muß alles im Kreise des Jahrganges seine Vertreter finden. Aber, einer oder mehrere der Herren Professoren bezw. Lehrer sollten auch anwesend sein; dies macht den angehenden Lehrer seinem jeweiligen Lehrer gegenüber zutraulich, wie einst die Kinder voll Vertrauen zu jenem aufblicken sollten. An der Lehrerbildungsanstalt in Salzburg hatte die vom vierten Jahrgange 1879—1880 gegründete „Stuba“, eine ähnliche Veranstaltung, wie sie im obigen Satze von mir gedacht ist, lange bestanden; sie scheint erst in jüngster Zeit aufgehoben worden zu sein. (Warum, weiß ich nicht.) Zum Schlüsse erlaube ich mir zu bemerken, daß der doch einmal zu erhoffenden Reorganisation der Lehrerbildungsanstalten eine Enquete vorausgehe, der mindestens zur Hälfte erfahrene Volks- und Bürgerschullehrer sowie einige Bezirksschulinspektoren angehören sollten.
Ergebnis: 1.) Pflege des Abteilungsunterrichtes. — 2.) Freiere Bewegung innerhalb des bestehenden Organisationsstatutes. — 3.) Praktizieren an Schulen während der Bildungszeit, dementsprechend Ferienverschiebung. — 4.) Anstandslehre. — 5.) Gesellschaftszirkel. — G.) Eine neuerliche Enguete.
Der kranke Lehrer und das kranke Kind.
15. Zur Hygiene des Schulweges.
Vom emeritierten Universitätsassistenten Dr. med. Leo Wolter.
Wie oft wird dagegen von Elternseite gefehlt und dann bewußt oder unbewußt die Schuld der Schule beigemessen, wenn einer der Lieblinge, welcher sich bisher bester Gesundheit rühmen konnte, Störungen derselben aufweist. Inwieferne die Schule daran Schuld tragen kann, haben wir bereits einmal offen und einsichtsvoll erörtert und unumwunden alle Schädigungen zugegeben, die durch den Schulbesuch, der im Leben des Kindes mit einem Schlag durchaus nicht belanglose Umwälzungen hervorbringt, bedingt werden. Diese Schädigungen lassen sich in direkte und indirekte scheiden, indem wir zu den letzteren jene zählen, welche all die vielen Nebenumstände zeitigen, die mit der Schulpfiichtigkeit des Kindes ins Leben gerufen werden, Schädigungen, für welche man nicht ohne weiteres die Schule zur Verantwortung ziehen kann, da sie durch vernünftig denkende Angehörige des Schulkindes oder mit dessen Beaufsichtigung betraute und sich ihrer heiklen Aufgabe vollbewußte Personen wesentlich herabgemindert, wenn nicht ganz ausgeschaltet werden können.
Da ist einmal der tägliche Gang zur Schule und von derselben zu jeder Jahreszeit und bei jeder Witterung. Solange das Kind nicht schulpflichtig war, wurde es (für die meisten Familien trifft dies zu) nur bei günstigem Wetter und nur zu bestimmten, mit peinlicher Gewissenhaftigkeit ausgewählten Stunden ins Freie gelassen. Und nun sollen mit einemmale Tageszeit und Witterung keine Rolle mehr spielen, weil die Pflicht, die eiserne, winkt, die keinen Pardon kennt. Birgt der Schulweg in dieser Hinsicht wirklich Gefahren? Es kurzweg zu leugnen, wäre Vermessenheit; diese Gefahren aber zu überschätzen und ihnen ratlos gegenüberzustehen, ein großer Fehler. Wir brauchen bloß daran zu denken, daß das Schulkind nach dem Stillesitzen und der Anspannung seiner geistigen Kräfte im geschlossenen Raume auch wieder der Bewegung im Freien dringend bedarf, die seinem Körper und seinen sämtlichen Organen ohne Ausnahme umso mehr vonnöten ist, als der Schulweg nur zu oft die einzige Gelegenheit zur körperlichen Betätigung in frischer Luft bietet. Daher wird es kaum zu hoch gegriffen sein, wenn wir für jeden Gang von und zur Schule eine Weglänge von ungefähr 15 km fordern, indem wir dabei selbstverständlich von beschwerlichen Wegverhältnissen absehen und auch hier tunlichst individualisieren. Wir werden uns aber nicht scheuen, die Kinder auch dann zur Schule zu schicken, wenn infolge Regens oder Schneefalles die Beschaffenheit der Straße das Gehen mühsamer gestalten sollte; wir müssen stets darauf bedacht sein, das Anpassungsvermögen des Organismus’ zu erhalten und wenn möglich zu erweitern. Entziehen wir ihn ängstlich allen Natureinflüssen, so wird er widerstandslos und träge in seinen Funktionen, die dann, an ganz bestimmte Verhält-
nisse gewöhnt, sofort Störungen erfahren, sobald sie aus irgend einem Grunde unter geänderten Bedingungen ablaufen sollen. Damit habe ich mich jedoch nicht etwa für kühne Abhärtungsmethoden einsetzen wollen
Wir werden das gesunde Schulkind täglich ohne Rücksicht auf Temperatur und Witterung zur Schule gehen lassen, es aber entsprechend kleiden und niemals erlauben, daß es bei ungünstigem Wetter barfüßig daherkommt, um mit nassen, bläulich verfärbten und mit Straßenschmutz bedeckten Füßen zwei, drei Stunden lang stille zu sitzen. Wir werden auf gutes Schuhwerk achten und womöglich darauf dringen, daß an Regen- und Schneetagen Gummiüberschuhe getragen werden, die aus Gesundheitsrücksichten und aus Gründen der Reinhaltung des Schulzimmers in der Kleiderablage abzustreifen sind. Wie gefährlich eine durchnäßte Fußbekleidung werden kann, illustriert deutlich genug der folgende Fall eigener Beobachtung.
Ein neunjähriges Mädchen, welches durch den nachts gefallenen Schnee zur Schule stapfen und in derselben drei Stunden lang — wie es selbst zugab — mit nassen Schuhen und Strümpfen stille sitzen mußte, wurde einige Tage später wegen allgemeiner Mattigkeit, Kopfschmerz, auffallend blasser Gesichtsfarbe und gedunsener Lider auf die Klinik gebracht. Wir konnten eine akute Nierenentzündung als Folge der Erkältung feststellen.
Kein Axiom der Gesundheitspflege hat sich so sehr zu behaupten vermocht, keine Regel ist bis heute so richtig geblieben wie das alte Wort: Kopf kühl, Füße warm. —
Werden bei niederen Temperaturen Kopf- und Halstücher getragen, so sind dieselben beim Betreten des Schulzimmers sofort abzunehmen. Nur dann werden sie auf dem Heimwege den gewünschten Schutz gewähren. Bei diesem Anlasse mache ich darauf aufmerksam, daß die Eltern oder Kinder sich dieser Art der Bekleidungsstücke
— namentlich auf dem Lande — oft nur deshalb bedienen, um Hautausschläge, Kopfungeziefer, Unreinlichkeit und das nicht ordentlich durchgekämmte Haar zu verbergen. Schon in Anbetracht dieser Möglichkeit hat der Lehrer das Ablegen zu verlangen.
Bereits bei der Wahl des Bauplatzes für das Schulgebäude ist an den Schulweg zu denken. Eine verkehrsreiche Straße ist mit Rücksicht auf das Hinausstürmen der Kinder aus dem Schultor zu meiden. Aufgabe der Behörde wird es sein, bei Schneefall rechtzeitig den Weg zu säubern, bei Vereisungen der Gehsteige Sand oder Kies aufstreuen zu lassen und dafür zu sorgen, daß bei großen Regengüssen der Schulweg nicht — wie ich es sah — durch einen See führt, den die Kinder (in ihrer Sorglosigkeit allerdings mit Vergnügen) durchwaten müssen.
Eine weitere Gefahr erwächst dem Schulkinde aus der Bücherlast, deren fortgesetztes Tragen mit demselben Arm schließlich eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule nach sich ziehen muß. Diesem Übelstande könnte nur im Einvernehmen mit den Eltern abgeholfen werden, wie überhaupt das Zusammenarbeiten von Schule und Haus in jeder Beziehung wünschenswert wäre. Die Kinder müßten bei kleineren Wegstrecken dazu verhalten werden, auf dem Wege zur Schule z. B. den rechten Arm, auf dem Wege von der Schule den linken Arm zum Tragen der Bücher zu verwenden, bei größeren Entfernungen aber oft zu wechseln. Da bei all dem noch, namentlich in den unteren Klassen der Mittelschulen im geraden Gegensatz zu den „höheren Semestern“, die falschem Ehrgeiz entspringende Gefahr der Überlastung durch unnötig mitgeschleppte Bücher besteht, würde ich eine von Zeit zu Zeit seitens des Lehrers vorzunehmende Bücherrevision als gutes Mittel, dieser Unsitte zu steuern, sehr empfehlen.
Auf diese Art der Gesundheitsschädigungen könnte durch geeignete Lesestücke, Gedichte usw. schon in den untersten Klassen aufmerksam gemacht und so der Grund zum Interesse an der Hygiene und deren Forderungen frühzeitig gelegt werden.
Nachbemerkung. Die vorstehenden fach» und zeitgemäßen Ausführungen unseres geschätzten ärztlichen Mitarbeiters mögen durch nachfolgende pädagogische Ratschlage ergänzt werden: 1.) Schulhäuser sollen im Freien stehen. Damit werden die verhätschelten Muttersöhnchen gezwungen, ein Stück Weges zurückzulegen.
— 2.) Zn der Schule müssen Filzschuhe vorrätig sein, damit sich die Schüler überkleiden können. Solcherart hat auch das ewige Scharren ein Ende. Da man Turnschuhe verlangt, kann man gleichermaßen auch Filzschuhe fordern. In armen Gegenden bringt sie die Wohltätigkeit. — 3.) Statt des Schulränzleins in der Hand empfehlen wir nach der Vorschrift Mohaupts für Knaben und Mädchen eine Rückentasche.
Die Schriftleitung.
Briefkasten.
Mit bcnt neuen Jahre haben sieh viele Ortsschulräte als Abnehmer angemeldet. Damit ist ein langgehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. Wir wollten ja von allem Anfänge an „ins Volk" bringen, um uns hieburch einen Machtsaktor zu schaffen. Man weiß, wieviel jene vermögen, bie bas Volk hinter sich haben. Noch immer hat in wichtigen Dingen bie Masse entschieden. Lehrer, bie sich vom Volke abwenben, geben ihre Position im Staatsleben auf. Ein paar Kränkungen sollten nicht bestimmend wirken. Wo gibt es nicht Unbank, wo nicht Mißgunst? Der Mann muß stark sein unb Nergeleien überroinben; bas große Ziel forbert es. Wir können bes Volkes Urteil, bas ihm nun Jahrhnnberte eigen ist, nicht über Nacht brechen. Nur Ausbauer unb ungeschwächte Zähigkeit werben es zu ändern vermögen. Darum müssen wir alle Komponenten, unb seien es bie unscheinbarste», wirken lassen. Eine derselben ist die Einbürgerung unserer Fachpresse, soweit sic nicht ausschließlich spezifische Standesfrage» ober persönliches Gezänke bringt. Merken bie Eltern unserer Schüler, daß hinter beut Abc unb 1X1 eine bedeutende Menge Geistesarbeit steckt unb in der modernen Pädagogik das Streben nach gesunder Volkswirtschaft hervortritt, so werden sie allmählich zu jener Erkenntnis gelangen, die für »ns willkommen ist. Überzeugt von der Wichtigkeit dieser Sendung der „Blätter", habe ich die Verwaltung ermächtigt, einzelnen Ortsschulräten Ermäßigungen zu gewähren. — Iiachk. A. Sch. in K.: Ihr Aussatz „Lehrer unb Schüler" ist im Sinne der obigen Ausführung verfaßt. Er wird erscheinen. — Hvl'. Ii. S. W. in K.: Das Kesseltreiben hat Sie zum kranken Manne gemacht; kein Blatt wollte die Ehrenrettung übernehmen. So berichten Sie. Das ist bitter. Wer es selbst erlebt hat, fühlt es mit. Machen Sie einen Strich über das Vergangene unb wirken Sie tüchtig weiter! Die Lehrerschaft braucht Sie. — „Irr Lehrer und die Kunst" — ein schöner Aufsatz. Wir wollen ihn in bie Frühlingsstimmung tauchen. — Art'. A. K. in H.: Sie schreiben, bie „Blätter" hätten einen halbverlorenen jungen Lehrer zu einem begeisterten Einklaßler gemacht. Mein Liebchen, was willst du noch mehr? — A. Ii.: Schade, daß Ihr schönes Bildchen soviel Korrektur heischt! Eine Stunde mußte ich daran opfern. — Hvk. A. L. in K.: Der „lose Gedanke" wird kommen. — Aber das Dividieren der Dezimalen (Folge 71, S. 1170) sind mehrere Artikel eingelaufen. Sie werden gesichtet unb ausgewertet werden. — Lehrer D. £.1. in It.: Sie wünschen mein Urteil in der Kleckssrage. Nun beim: Auf jeden Fall müssen Kleckse vermieden werden; sonst gewöhnt sich das Auge des Kindes ans Schmieren unb mit der Sauberkeit hat es zeitlebens in allen Dingen Beschwer. Das Wie des Kampfes gegen bie Unholde in den Heften der Schüler: 1.) Man lasse nicht allzufrüh mit der Feder schreiben! (Vergl. Sie S. 107f der „Blätter"!) — 2.) Bei den Kleinen (1. unb 2. Schuljahr) unterziehe man sich entweder selbst der Mähe des Radierens oder übertrage im Abteilungsunterrichte das Geschäft den größeren Geschwistern ober man überlasse, so bie Verhältnisse darnach sind, die Ausmerzung dem Elternhause. Mancher Vater wird anfänglich empört sein, jeder wird aber schließlich sagen: „Seht nur einmal, das gefällt mir von der neuen Schule, sie dringt aus Reinlichkeit!" — 3.) Größere Schüler werden dazu verhalten, Kleckse zu beseitigen. Ein paar Radiermesser kann sich jede Schule leisten. — Den übrigen Teil Ihres interessanten Brieses werde ich gelegentlich streifen. Ich benütze mitgeteiltc Erfahrungen gar oft als Untermalung für zeitgemäße Erörterungen. — K. K. in L.: Die erste Ihrer schönen Erzählungen hat mir schier ein Zährlein entlockt. Erzählstoff ist mir immer willkommen. — Schilt. K. S. in St. M.: Ein ländliches Rechenbuch entspräche sicherlich einem Bedürfnisse. Allein das ist eine Arbeit, die viel Sammlung unb Sichtung braucht. Ich würde mich nicht daran wagen. Schafft man nicht etwas Ausgereiftes, Allumfassendes, so bereichert man nur den Büchermarkt, sich selbst aber am wenigsten, weil der Eigenverlag zu Opfern verlockt, bie niemals gedeckt werden. Nach meiner Meinung sollten Sie vorerst mit kleineren Aufsätzen beginnen. Haben Sic damit Glück, so wagen Sie sich an Größeres. Ich will Ihnen bei dem Werdegänge behilflich sein. — Hvl. Ii. Z. in St.: Ihr Artikel „Die Lehrerin-Ehe" dürfte zu einer scharfen Wechselrede führen. Wir lassen die Schwerter schleifen unb rücken dann los. — Kreistücke der „Blätter" können für drei Lehramtszöglinge abgegeben werden, da die Herren Dr. L. Wolser in Görz (2 St.) unb Franz Repa in Sallingstadt (1 St.) zu diesem Zwecke gezahlt haben. Ein edles Werk, der Jungmannschaft die Ausfahrt ins Leben zu erleichtern! Die Kandidaten mögen sich melden! — Lehrer W. It. in D.M.: Im Buchenlande muß es doch bessern Schnlhumor geben. Greifen Sie einmal so recht ins Volle! — Du Seite 1207: Es war rührend, wie sich die Leser des stotternden Kollegen annahmen! In zahlreichen Zuschriften kam eine Fülle von Ratschlägen. Sollen sie veröffentlicht werden? — Du Seite 1220: Herr Schulleiter H. Novak in Hammerhäusle, Post: Marienbad, teilt mit, daß die Firma Max Wenzel in Telschcn vorzügliche Schiefertafeln liefert. — A. It. in K.: Ich habe es ja immer gesagt: Jeder Lehrer kann sich bei gutem Willen eine Schatzkammer von Lehrmitteln schaffen, ohne den Ortsschulrat zu behelligen. Was Sie zusammenbrachten: elektrische Apparate verschiedenster Art — übersteigt die kühnsten Erwartungen. Eine Darlegung, wie Sie das anstellten, wäre den Lesern sicherlich willkommen. — Art. K. L. in It.: Ans Ihrem Briese: „Eben bin ich damit beschäftigt, eine Wandfibel herzustellen," So ist cs recht! Dem Selbstangesertigten ist nichts gleich und sei es «och so zierlich. — Sie
teilen weiter mit, die Kinder hätten an der Wandfibel ein ganz besonderes Gefallen, „weil sie das Fräulein gemalt hat". Das Interesse sichert den Erfolg. — K. W. in K.: Ein Talent wie das Ihre kann um reiche Schätze nicht erkauft werden. Was sind 200 K dagegen! Wenn sie Ihnen den Weg ins Leben geebnet haben, so bedeuten sie für die „Blätter" ein gut angelegtes Kapital. Ich bitte, den Empfang zu bestätigen.
— „Waldschukmcister": Die schönste Steilschrift, die ich je gesehen habe! Haben Sie sie Ihrem Inspektor abgeguckt? Die Verwaltung wird selbstverständlich Nachsicht üben. Wenn sie zuweilen mürrisch wird, so ist das begreiflich. Rechnungen über Rechnungen kommen hcreingeflogen und es fehlt an der Bedeckung. Einige Abnehmer sind seit sechs Jahren Schuldner. So trifft der Unmut dann alle. — Schilt. A. Zt. in L.: Gelegentlich kann der Aussatz über die „Quadrate ganzer Zahlen" kommen. Aber Sie, mein lieber Herr Mathematiker, haben das Postporto schlecht berechnet: es mußte Strafe gezahlt werden.
— K. K. in Hr. Zkl. (Währen): Sie senden mir eine fingierte Vrieskastennotiz. Was soll man über den armen Mann sagen? Wen» er glaubt, durch das Geschimpfe über andere Zeitschriften werde er die seinige in die Höhe bringen, so ist er zu bedauern. Traurig ist es freilich, daß unser Fachschrifttnm dadurch anrüchig wird. Auch in einem ändern Blättchen tut sich derselbe Schreiber was zugute. Damit die Leser sehen, wie tief das Gewerbe sinken kann, möge eine Probe Platz finden. Aus Seite 1195 unserer „Blätter" findet sich der Satz Mit allen Wurzeln schlagen die „Blätter" ein'... Was macht der Kritikaster daraus? Er läßt die Häkchen bei dem Worte „Blätter" einfach weg und versucht nun seinen Witz, indem er fragt, ob Blätter Wurzeln hätten? Daß das Wort „Blätter" mit den Häkchen etwas ganz anderes bedeutet als ohne dieselben, weiß der.Freund' recht wohl; darum läßt er eben die Zeichen weg. Pädagogisches Pharisäertum dieser Art richtet sich selbst. Ich werde ihm selbstverständlich nicht mehr eine Zeile widmen. Es war mir lediglich darum zu tun, den geehrten Lesern zu zeigen, wie die Kritik jener aussieht, die vor Ärger über die Entwicklung der österreichischen Landschulmethodik und ihrer literarischen Vertretung erbost sind und daher blindwütig um sich schlagen. — Umfrage: Welchem Fachstudium soll sich ein Maturant des Gymnasiums, der sehr kurzsichtig ist und befürchtet, sein Augenlicht zu verlieren, zuwenden? Eheste Antwort erbeten. — Lehrer K. It. in K.: Über den Bürgerschullehrerkurs in Graz wird Ihnen der k. k. Übungsschullchrer Herr Pokorn unter Berufung auf die „Bl." gerne Auskunft erteilen. — chßf. A. Zt. in S.: Die Beurteilung über „Mehr Freude" passierte die Schriftleitung nicht; es wird eine Original» Besprechung folgen. - Arl. H. K. in K.: „Grüß Gott!" ist der beste Schulgruß und dies schon deshalb, weil er ins Leben hinübergenommen werden kann. Auf dem Lande klingt das „Guten Tag" und „Küß die Hand" unnatürlich. Letzteres ist überhaupt läppisch. — An viele: Es konnte kaum die Hälfte der Anfragen beantwortet werden. Die Lenznummer soll alles bringen.
Kleine Mitteilungen.
178.) Zur Nachahmung empfohlen. Die „Port Washington Zeitung" (Nordamerika) bringt unterm 11. November 1909 folgende Notiz: „Am Donnerstag und Freitag letzter Woche waren alle Schulen geschlossen, so daß die Lehrer und Lehrerinnen sich an der großen Lehrervcrsammlung in Milwaukee beteiligen konnten."	Eingesendet	von Anton Itecr, Lehrer in Unterjamny.
179.) Wollislied. Eine feinere Gesellschaft, den sogenannten gebildeten Ständen angehörend, war in einem Gasthause versammelt. Als der Faden der Unterhaltung zu Ende gind, fing man an zu singen. Was sang man? Moderne Schlager, Gassenhauer, bier- und weinselige Lieder. Und sieh und höre! Den ändern Tag sangen die Burschen und Mädchen des Ortes dieselben Lieder. Hätten die Teilnehmer dieser Gesellschaft ein schönes Volkslied gesungen, ich wette, es hätte auch den Dorfkindern gefallen. Wäre es nicht gut, die „oberen" Kreise mit dem Volksliede bekannt zn machen und sie dafür zu begeistern? Keinrich Kurz.
181.) Ätzer das Wesen des Sprachgefühles und dessen Wssege in der Schule. Sprachgefühl ist die Fähigkeit, ohne Rücksicht auf Grammatik und Regel zu entscheiden, was sprachgcmäß ist. In jedem Menschen ist von Natur aus die Anlage zum Sprachgefühl enthalten; es kommt auf die Ausbildung derselben an. Die Mundart übt auf die Entwicklung des Sprachgefühles einen hervorragenden Einfluß aus; daher ist die Behauptung wahr, niemand spreche die reine Schriftsprache. Intensive mündliche Sprachpflege ist das einzige Mittel zur Entwicklung des Sprachgefühles. Mit der Artikulation ist der Anfang zu machen. Dann wird die Silbenbetonung geübt. Am eindringlichsten wirkt die Musik der Sprache durch die Satzmelodie. Das Schullesen ist ein Augenlesen, darum klingt es einförmig. Lautes Lesen sollen die Schüler daheim pfleaen, in der Schule soll viel laut gelesen und vom Lehrer vorgelesen werden, alles zu Schreibende müßte laut vorgesagt oder wenigstens das Geschriebene laut nachgelesen werden. Das Memorieren und Deklamieren fördert das Sprachgefühl auch. Der Dialekt sei eine Stütze für das Sprachbewußtsein. Die Sprache des Lehrers ist das Muster für die Schüler, eine gefühlswarme Sprache nämlich, frei von Affektation, aber auch frei von Dialektausdrücken.	Zeitschrift für das österreichische Volksschulwcscn.
Durch Sachsen und Thüringen non Schule M Schule.
2.) ^usfttljrt.
24. August 1908.
.... und bann hinaus auf die Leipziger Messe und dann ins	Land	der	Bnrgen und bann
nach	Weimar und bann nach Gvtha und dann znr	Wartbnrg und	bann	—	und dann hinein
gegen das Eichsfcld .... bum, bum, bum 1 Die Regimentsmusik halte mich aus dem schönen Traume geweckt. Mit klingendem Spiel zogen die Soldaten ans das Manöoerfcld. Hinterdrein eilte nach einer halben Stunde ein Wandersmann mit seinem Ranzet gegen den Bahnhof.
„Gnten Morgen, Herr Professor!"
Eine Baßstimme, gottlob. Wäre das „Guten	Morgen" im Diskant	einer alten Matrone
gekommen, ich hätte die Ausfahrt nicht gewagt.
„Wohin geht die Reise?"
„„So ein bißchen nach Deutschland!""
„Waaas? Nach Deutschland! Und das soll nur so „ein bißchen" fein?"
Gerade wörtlich hatte ich es zwar nicht gemeint; allein als was besonders Großes erschien mir, dem Vielgereisten, eine Fahrt nach Deutschland nicht. Wohl aber trieb sie dem provisorischen Lehrer zu G., meinem ehemaligen Schüler, den Schweiß auf die Stirne. Unwillkürlich lüftete	er den Hut vor dem „gewaltigen Projekt". Das kommt davon,	daß unsere
jungen Genossen	nicht von der Scholle zu bringen sind.	Ehemals gab es noch	ein	fröhlich
Wandern von einem Ort zum ändern. Fahrende Scholaren zogen frohgemut über Land, heute hier, morgen dort, ubi bene, ibi patria — und lernten ein Stück Welt kennen. Heute, da das Dampfgefährte uns mit Windeseile durch der Fürsten Länder führt, kleben sie daheim und bleiben im engen Kreise.
„Wie ich Sie beneide, daß Sie reisen können! Ich möchte auch in die Ferne; allein es kann nicht fein.	Ich stecke tief in Schulden. . ."
Der ernste	Blick des ehemaligen Professors verschlug	dem Armen die Stimme.	Es trat
nach dem unerwarteten Geständnis Stille ein. Ich war sehr betroffen, weil mir gleich eine Reihe von Lastern und Folgen vorschwebte. Wie aus der Tiefe herauf klangen die Worte, als mein Gefährte wieder begann.
„Ich bin au der Wendung meines Geschickes unschuldig. Man sollte uns nicht so jung ins Berufsleben schicken oder man müßte unsere Arbeit entsprechend besolden, auf daß wir nicht der Not verfielen. Nachdem ich acht Jahre am Studierkarrcu gezogen, Entbehrungen verschiedenster Art ertragen hatte, wollte ich nun, da ich frei war, da ich mich als Bcrufs-utaun fühlte, da ich in die Gesellschaft eintrat, bloß einige Tropfen Lebensfreude genießen; denn, wer weiß, so dachte ich, bald verschlägt mich das Geschick hinein ans End der Welt und dann ist es ans mit dem Vergnügen. Hätte man mir als ersten Posten nicht den Marktflecken beschert, ich wäre vielleicht glücklicher gewesen. Der Blindgeborene trägt sein Geschick eben leichter als jener, der einmal alle Herrlichkeiten der Welt bewundern konnte. Verstohlen warf ich anfänglich den Blick ins gcränschovlle Treiben, als stiller Beobachter, als zaghafter Anfänger. Doch allmählich zog es mich hinein, und ehe ich es ahnte, hatte mich der Strudel umfangen. Ich war glücklich, überglücklich, solange er mich in Freuden wiegte, doch traurig, zu Tode traurig, wenn ich allein war, wenn ich die Öde meiner Kasse, die Öde meiner Zukunft übersah. Der Leichtsinn sprang herein, er riß mich aus meinem Brüten, er scheuchte die Sorgen hinweg; von da an begann der Weg zum Laster. An die gutbürgerlichen Unterhaltungen schlossen sich tolle Gelage, das Kartenspiel verschlang bedeutende Summen, heute gab es das, morgen jenes, ich mußte nobel sein in der Gewandung, nobel in allen Dingen. Die Nvbleß hat mich an den Abgrund gebracht. Noch bin ich moralisch auf der Hohe, allein gesellschaftlich und leider auch beruflich an der Grenze. Seit mir die Schulden wie Eriuuyeu au der Ferse sind, ist mir alle Lust zum Amte vergangen. Die Arbeit in der Schule widert mich an, das frohe Treiben der Jugend zerrt au meinen Nerven, jede Stunde dünkt mir eine Ewigkeit. „Hinaus in die Wälder!" so ruft es in mir. Was Sie uns seinerzeit von Rousseau erzählten, es paßt alles so schon nicht nur auf die Erziehung der Kinder, sondern auch auf die der Lehrer. Helfen Sie mir, Herr Professor, helfen Sie! Ach, Sie haben es ja schon getan, da Sie mir so ruhig zuhvrteu! Endlich war es mir vergönnt, mich ausznsprecheu, mir den Gram von der Seele zu reden. Haben Sie Dank für Ihre Geduld!"
Der junge Mann hatte mich durch seine Mitteilungen nicht sonderlich überrascht. Den Refrain habe ich oft und oft gehört, ein Stück des Liedes selbst erlebt, das Ganze in hundert Varianten vernommen. Es war daher nicht notig, lange über das Rezept nachzudenken, auf daß der Schwerkranke wieder seine seelische Kraft erlange.
„„Zunächst müssen Sie von dem Fleck, aus dem Ihr Ungemach entsproß. Der Ort erinnert uns immer a» die Tat. Denken Sie an die Neprvduktivnsgesctzel Ein neues Land spannt einen neuen Himmel über uns, führt uns zu neuen Menschen, in andere Verhältnisse. Wir beginnen zum zweitcnmale zu leben. Daß wir hiebei einen anderen Kurs eiuschlagen, als der es war, der uns zum Mißgeschicke führte, ist klar. Also die Richtung nach dem Ziele: standesgemäße Ansprüche, richtiges Abwägen von Soll und Haben, Berussfreude, das Streben nach höheren Genüssen. Wer eine Zeitlang im Tümpel schaler Freuden geplätschert hat, fleucht das trübe Wasser und schwimmt hinaus ins offene Meer. Da weitet sich der Blick, da schweift er durstig in die Ferne und große Freuden tun sich auf. Wie klein, wie kläglich kommt ihm das Treiben vor, so er zurücke zieht zu dem Trubel in dem Tümpel I Es kann das Dörflern im stillen Waldesgrün für Sie der Port zu tausend innigen Freuden werden, wenn Sie aus dem engen Kreise des Genicßens treten und den Blick nach Zielen höherer Art wenden."" —
„Und die Schulden, die schleichenden Schulden?"
„„Das Einkommen wird sie kaum decken. Allein es gibt Verdienste über Verdienste, die eine Zubuße ins Haus bringen. Ich	denke dabei natürlich bloß	an jenen Nebenerwerb,
der sich mit der Würde des Amtes verträgt. Ziehen Sie hinaus über	das	Feld, sammeln	Sie
seltene Pflanzen, seltene Gesteine I Der Lehrmittelsammler nimmt sie gerne ab. Lassen Sie sich von den Bienen Mittel beschaffe», versuchen Sie Ihr Glück mit der Feder, auch der Stift kann Gelder bringen, Arbeiten im Dienste von Vereinen, das Sammeln von Heilpflanzen, das Forschen nach Sagen, Volksliedern, Gebräuchen usw.: das alles ist im letzten Dörflern möglich. Nur der Bequeme sieht die Einiinhmsquellen nicht.""
Wie draußen der Morgen, so hellte sich allmählich die Miene meines Gegenübers auf. Ein leuchtender Blick, ein Händedruck sagten mehr, als Worte vermocht hätten.
Ich mar allein. Mein Sinnen spann den Traum von der bevorstehenden Reise weiter. Noch rollte der Zug ans heimatlichem Boden; ein Tunnel und ein neues Land, Kärnten, das liebe Kärnten, lachte zum Fenster herein.	Es ist was Eigenes um	die	Stimmung in	der
Landschaft. Im Rücken die starren Felsen,	der gähnende Schlund, in	dem	die Save tost,	der
enge Talboden; hier der wellige Hügelzug, die lieblichen Haine, das Land mit seinen wundervollen Reizen. Wie ein heiterer Morgengruß hüpfte der Sonnenstrahl darüber, nachdem die schwarzen Kulissen des Regentages mählich in die Gelände versanken. — Klagenfurt trat mit feinen Vororten bereits an den Schienenstrang heran; noch einige Minuten und wir fuhren in die modern gebaute Bahnhofhalle ein. —
Der Freund war pünktlich zur Stelle, Herr Fachlehrer Karl Sekora, Obmann des Kärntner Lehrerbundes. Auch in ihm hatte seit Jahren das Verlangen nach einem Besuche in Treffurt geglüht. Gleiches Sehnen stärkt den Mul, verbürgt das Gelingen. Es gibt nichts Schöneres, als mit einem Genossen, den dieselben Ideale erfüllen, dieselben Ziele locken, dem dasselbe geistige Rüstzeug eigen ist, eine Fahrt ins Land zu unternehmen. Was der eine fühlt, findet Resonanz im Busen des andere»; was der eine vergißt, ergänzt der andere. Und treten auch an ein Problem verschiedene Meinungen heran, sie nehmen nichts von der Freude. Im Gegenteile: der edle Streit um die edle Sache löst neue Lustgefühle aus, das geistige Potential wächst. —
Wir hatten bis zur Abfahrt des Zuges, der uns nach dem Norden bringen sollte, noch zwei Stunden Zeit. Nasch wurden die nötigen Einkäufe besorgt. Auch für einen Reisetrunk ergab sich noch ein Weilchen. Als wir in der Nische des vornehmen Restaurants die Gläser klingen ließen, sahen wir uns so recht ins Auge. Ein weiter Weg lag vor uns, eine Fahrt in ferne Länder, die unsere Phantasie mit einem reichen Zauber umwoben hatte, eine Fahrt in Städte, nach denen die Sehnsucht schon den Gymnasiasten zog, die Pilgerfahrt zu den Meistern unseres Amtes. „Glückauf I" Mit dieser Losung reichten wir uns nochmals die Hand und dann ging es mit Brausen und Zischen hinaus in die Welt, in die weite, weite Welt.
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Lernbuch der Erdkunde für Bürgerschulen. Von Dir. Dr. Anton Becker und Dir. Dr. Julius Mayer. Erster Teil. Für die erste Klasse. Preis geb. K 1 80. Approbiert mit Erl. vom 11. Februar 1909, Z. 2218.
Erzählungen und Bilder aus der Geschichte für österreichische Bürgerschulen. Von Karl Schwalm und Emil Hofmann. Erster Teil. Für die erste Klasse. Preis geb. K 1 60. Approbiert mit Erl. vom 26. Juni 1909, Z. 22.944.
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Die Direktion des niederösterreichischen Landes- u. Obergymnasiums in Horn schreibt am 24. Februar 1909:
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Sehr geehrter Herr!
Gebe Ihnen zu wissen, daß die geschickten 16 Instrumente alle Künstler, welche diese probiert haben, loben. Ganz besond.freue ich mich, weil dieselben gut ansprechen und schöne Tonfülle haben. Ich bin sehr zufrieden; sowohl Stimmung, wie Bauart ist ganz nach Wunsch.
Ich sage Ihnen hiemit meinen besten Dank.
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a) 1., 2., 3. Jahrgang (1904, 1905, 1906) als Buch in 3. Auflage
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