IW, März). ^ \ CL t t Q ^Mg- sr. für Jibteilungsuimmcbi Herausgeber: pvof. Rudolf £. Poerz, k. k. Bezirksschulinspektor in Laibach. Pie „glätter für Abteilungsmitcrricht" erscheinen als Beilage zur „Laibacher 5chulzcitinig" monatlich. Bezugsgebiihr 2 K jährlich. Linzclniiinmcr 30 h. Inhalt: 1.) Zriiblingszanbcr btmci Äcrtcifltitcin. ti.) Sprachnnrichtigkeiten. — 3.) Ans bet „Laibacher Schul,finnig". 4.) Schulen im Pharaoncnrciche 5.) Die 3. Frage. (U Die Wechselredc. — 7.) Briefkasten. — 8.) Von Schule ;u Schule. Naclidcm die Kinder fünf ganze Jahre die Seligkeit des sinnlichen Lebens genossen, wirft man sic wie Schafe, in ganze Haufen zusammengedrängt, in eine stinkende Stube und kettet sie Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre unerbittlich an das Anschaucn elender, reizloser und einförmiger Buchstaben und an einen mit ihrem vorigen Zustande zum Rasendwerden abstechenden Gang des ganzen Lebens. Nach Pestalozzi. -fviüjliitgsHiubcv hinter üevkergittevu. Ei» Paradoxon fürwahr, leider ein allzuhäufig zutreffendes Paradoxon! Indes draußen der Lenz seine Fäden bind) Wald und Büsche webt und das bimte Volk der Bügel mit Hellem Klang durch die Laude zieht, kauert das Kind, ein Geuvsse des Frühlings, in der dumpfen Schulstube, hinter Kerkergittern. Im Herzen jubelt die Frühlingslust, zum Fenster fliegt der himm(ifd)c Zauber herein — bud) ad), drinnen ist alles so öde, so trocken, so kalt! Zerbrecht dock) die Gitter, sprenget das Tor und stürmet Hitmud über Feld und Au, den Lenz, den goldenen, zu grüßen! Bor Jahresfrist ist der Weckruf „Lenz und Landschule" mit den „Blättern" des Leuz-mvnds hiuansgeflogen, mit jene, die strenge Sd)vlastik in der Schulstube festhält, daran zu mahnen, das; eine nette Zeit im Wechsel des Jahres, ein neues Jahrhundert, eine nette Pädagogik begonnen hat. Dock) was nicht ein Ruf für den tiefen Sck)laf, itt dem unsere „Reitschule" liegt. Da mich man jährlich, ja täglich und stündlich rütteln. Sv bringen denn die Lenz-„Blätter" Leuzgrnß und Lenzmahnung. Sprach's doch kein Geringerer als der österreichische Minister für Kultus und Unterricht Herr Dr. Ritter v. Harte! aus, daß nicht die Quantität der Arbeitsleistung, sondern vor allem die Qualität den Erfolg verbürge. Darum keine Ängstlichkeit, Ihr Aufseher, wenn der Lehrer zu M. einmal in der Wvck)e mit seiner Schülcrschar durch Busch und Auen streicht! Zwei Stunden des Nachmittags werden dem Unterrichte im Freien geopfert, eine schlägt der Führer der Expedition dazu: In drei Stunden läßt sich mancherlei betrachten und erwerben. Da liegen Steine ans dem Weg: Was für Steine mögen das wohl sein? Die Jungen springen heran und halten sie dem Lehrer unter die Nase. Wenn er sie nicht kennt! Darf er „irgendetwas" sagen? Nur nicht zweifeln oder lügen, lieber schweigen! „Mit Wurz- und Stengel" haben die Mädchen ein paar Frühlingskinder aus dem Nasen gehoben. Wie heißen sie? Ei der tausend, ei der tausend, dem Weltweisen summt eine Wespe ums Haupt, er kennt die Namen nicht. Böse Gesd)id)te! „Herr Lehrer, was für ein Käfer ist das?" Heraus mit dem Käferwisscn I Der Sinn fleucht itt die Zeiten der Mittel- über Bürgerschule, da die ariueu Tierchen erbarmungslos aufgespießt wurden; doch der Name will nicht kommen, nur der entstellte Kadaver starrt vvr der Seele. — Mau hört zuweilen sagen, der Ausflug, der sogenannte „Lcrnausflug", sei für den Lehrer eine willkommene Erholung. Das ist er auf keinen Fall, selbst dann nicht, meint das Lernen bloß den Namen leiht; denn es ist kein leichtes Amt, auf 30 oder 40 Kinder zu achten und alles zu verhüten, was Stoff,zur Kritik lieferte. Jeder Lehrer hält lieber zwei Stunden Schule, als daß er eine Stunde die Zügellosigkeit außer der Schule in Fesseln schlägt. Wer Ausflüge veranstaltet hat, muß zugeben, daß sie seine Nerven bis zum Äußersten spannten; man kommt heim, müde, abgespannt und wirft sich in den Lehnsessel mit dem Ausrufe: „Gott sei dank, das wäre vorüber 1" Also eine Erholung, ein Kraftersparnis ist der Ausflug für den Lehrer nimmer. — Wer nun die Sache ernst nimmt nnd sich mit keiner Frage in die Enge treiben lassen will, der muß einige Tage vvr dem Freudenfeste „rekognoszieren" und sich „sehr-sorgfältig" vorbereiten. Mit den „Jahreszeiten" von Roßmäßler in der Hand pendelt der Lehrer den Weg dahin. Was mag er haben? Bald besieht er einen ganz gewöhnlichen Straßenstein, bald kniet er vvr einem Unkraut, bald läßt er ein Käferlein nicht seine Wege gehen! Ein komischer Herr, unser Lehrer! Ja siehst Du, Bauer, das ist die Vorbereitung finden Ausflug, bei dem sich der Lehrer „erholen" soll.------------- Sonnabend-Nachmittag! Die Schnlgloeke läutet. Stille, Kinderlein, stille! Sonderbar-verkehrte Welt! Alles jubelt und jauchzt. Der Lehrer erscheint; ein Frcndenschall begrüßt ihn. Wie schmuck er heute aussiehtI Ein grünes Röcklei», ein grüner Hut, den Stock — nicht den „gefürchteten" in der Hand, ein zierlich Büchlein in der Tasche. Wie er den Schülern heute gefällt! Auch ein anderes Gesicht hat er aufgesetzt, ein Gesicht, das zum Frühlingsweben paßt. Hinaus, hinaus! so wogt es durch die kleinen Herzen. Lenz über den Tälern und Bergen, Lenz um dich, Lenz in den Augen der Kinder: Möge auch der Lenz dein Inneres erfülle», glücklicher Mann, glücklicher Führer der Jugend! Spracbunrlcbtigktlten. Äver und aus Krill A enter. Eine Tageszeitung berichtete unlängst, daß der k. k. Universitätsprvsessvr Hvsrat Dr. soundso einen Vortrag „Über und ans Fritz Reuter" gehalten habe. „Über nnd aus Fritz Reutet", das füll vollständig heißen: Einiges über den Dichter F. R. und aus seinen Werken. „Über" verlangt hier den vierten Fall, „ans" befiehlt zum dritten. Wo steckt nun in dem gekürzten Thema unser lieber Fritz Reuter? — Schneidig nnd vielleicht witzig mag's ja klinge», wenn man einen Vortrag so bündig bezeichnet, aber richtig ist es nicht, lind die Nichtigkeit darf doch niemals beiseite gestellt werden. — Zn sammenziehnngcn sind ein gefährlich' Ding; es muß jeder, der ihnen hold ist, sie zuerst sorgfältig prüfen — mich ein Herr Hofrat und Universitätsprofessor. flus der „Eaibacber Scbulzcituttg“. (Verwalter: Lehrer F. Bersin, Laibach, Bezugspreis 1 K. Schriftleiter: Rud. E. Peerz.) 1.) Den rechten Mann auf den rechten Platz! 2.) Die Gehaltsbezüge der Lehrer in den verschiedenen Kranländern. 3.) 3. Preisarbeit (Schillerpreis): Wie kann der deutsche Lehrer in Krain beim Unterrichte mit seinen Schülern die deutsche Sprache und das deutsche Volkstum erfolgreich fördern? 4.) >/2 Dutzend aus jedem Fach. (Prüfungsfragen.) Schulen im Pharaonenreiche. Von Karl Krobath, Lehrer in Klagenfurt. 1. Ein Blick in eine Araberschule. Moröemerknng: Die Leser der „Blätter" werden sich noch an die Briefkastenantworten unter dein Kennworte „Ins Land der Pharaonen" erinnern. Sie galten dein Verfasser des nachfolgenden Aufsatzes. K. lernte ich beim Hochschnlkurse in Villach kennen, als ich nach dem Dichter des Begriißungsznrnfes forschte, den die wacker» Kärntner Kollegen den Gästen aus aller Herren Länder entboten hatten. Welch Gegensatz zwischen dem kräftigen Wort und dem schwachen Arm! Der talentvolle Autor schien dem Tode verfallen. Mir zerriß der Gedanke das Herz. „Ach, hätten wir schon unser Lehrerheim!" — Doch, wo es gilt, ein kostbares Leben zu retten, finden sich selbst in unserer prosaischen Zeit noch Menschen, die ihre hilfreiche Hand reichen: der Schulverein, die Südmark, Abgeordnete und auch die kärntische Landesschulbehörde stellten sich mit Gaben ein; K. weilte an der Adria, in Görz und fuhr übers Meer ins Land der Pharaonen, — K. war gerettet. Das erste Geschenk, das er nach der Rückkunft seinen Rettern zum Dank, seinen Berufsgenossen zum Stolz bot, seine Geschichtensammluug „Tolles und Trauriges", liegt vor mir. Sie verrät ein kraftvolles Talent und zeugt, daß die Sorge einem Würdigen galt. Die Leser der „Blätter" sollen es nicht versäumen, nach den Blüten zu Haschen, die ein Wiedergeborener, ein geistvoller Amtsbruder, mit denen des Lenzes ans den Weg streut; sie sollen sich das Büchlein postwendend kommen lassen. (Verlag Bertschinger in Klagenfurt. Preis 2 K, Prachtband !! K HO h.) Eine Vorstellung tut gleich zu Beginn not: Fikih heißt er, schulgewaitig ist er. Seinem langen Leib schmiegt sich das indigofarbene Hemd, kanüs genannt, und der bauschige Überwurf an. Nach Art der Gelehrten und Ulamas (Geistlichen) „behauptet“ er sich mit einem hellen, breiten Turban; in weiten Halbschuhen, balgha, stecken seine Füße. Die Nägel pflegt er mit Henna rotbraun oder hellrot zu färben. Das Kopfhaar ließ er begreiflicherweise, um nicht einen derupten Eindruck zu machen, bis auf die letzten Striinkchen vom Barbier auf offener Straße abrasieren, so daß sein Schädel in seiner Bräunung einer gut angerauchten Meerschaumpfeife nicht unähnlich sieht. So traf ich ihn, den ehrsamben Amtsgenossen im Egypterlande. Wenn wir Zwei, lieber Lehrer-Leser, ihm ein wenig in die Karten blicken und uns an seinem und der Seinen Treiben etwas ergötzen, möge er uns nicht zu sehr zürnen, denn er steht uns doch menschlich nahe, da auch er mit Galle und Geduld der Menschheit göttliche Pflanze nährt. Auch im Lande der Kleopafra machen die Götter jenen, den sie hassen, zum Fikih. Als ich so einmal beobachtenden Auges durch Alexandriens Straßen schweifte, schlugen Flapper- und Verzweiflungslaute aus einem Seitengäßchen an mein Ohr, Denselben nachgehend, stand ich zum erstenmal in meinem Leben vor einer Kuttäb, einer arabischen Volksschule; denn das Geplapper kam aus Kinderkehlen, die Verzweiflungslaute aber stieß der maitre d’ecolc aus. Er war an der Arbeit. Diese Kuttäb ist wert, beschrieben zu werden. Sie nimmt einen ungefähr sechs Schritt langen und vier Schritt breiten Raum eines Erdgeschoßhüttchens ein. Die quetschende Enge wird durch die niedere Zimmerdecke geradezu unheimlich. Lichteintrittsstellen sind die offenstehende Türe und ein vergittertes Guckfensterchen daneben. Geheimnisvolles Halbdunkel in der Stube und in den Köpfen! Die Gesamteinrichtung dieser Schule besteht aus einigen Bänken, deren Füße sich in Ermangelung eines Dielenbodens in den Lehm beleg eingraben, und aus einem Brett an der Wand, das die Lehr-behelfe des Fikih birgt: eine Koränrolle und — einige Brotscheiben. Sonst nichts! Am ähnlichsten ist diese Kuttäb einem Kuhstalle ärmlichster Art, falls sie nicht für diesen Zweck zu klein wäre. Diesen Raum füllten etwa 60 Schüler aller möglichen Gesichtsfarben im Alter von 6 bis 15 Jahren. Friedlich sitzt der Knabe des Fellachen oder Berberiners neben dem ebenholzfarbigen Negerjungen. Der Tarbüsch (Fez), unter dem die meisten von Mohammeds Kindern stecken, wechselt als Kopfbedeckung mit der knapp ansitzenden, einer halbseitig durch sägten und dann aufgesetzten Kokosnuß nicht unähnlichen Filzkappe, der Libde. Die Füßchen, falls sie sich den Luxus einer Beschuhung gestatten, sind in rotlederne, zugespitzte Schuhe (Zerbün) gezwängt. Da für alle Kinder nicht Platz ist, obwohl sie gleich Pökelheringen zusammengepfropft sitzen, muß ein Teil stehen, ein anderer auf dem Boden hocken. Aber trotzdem faßt sie die Schulstube nicht: eine stattliche Anzahl treibt vor der Türe Wesen und Unwesen. Obst- und Gemüseverkäuferinnen, die sich knapp nebenan seßhaft gemacht haben, können manchen Nüsse Kirsch (kleinen Piaster, nach unserem Gelde ungefähr 12 h) einstreichen, denn sie verkaufen nicht nur reichlich Zuckerrohr, dessen Mark man kaut, sondern auch eine Art Endiviensalat, der von groß und klein mit Hochlust, ohne Essig und Öl Und ohne daß man erst die großen, dicken Blätter entfernt hätte, gegessen wird. Mit langem Spanischrohr regiert der Fikih die widerstrebenden Elemente. Auch die außen Sitzenden erreicht sein solcherart verlängerter Rächerarm, schafft aber wenig Ruhe. Noch ungleich geräuschvoller geht es hier zu als in italienischen Schulen, die man sicherlich, vom Spektakel geleitet, leicht auffinden kann. Mit der gellenden Stimme solcher Naturkinder wird laut auswendig gelernt, was selbst oder vom Schulmeister geschrieben wurde. Dieses Stimmengemenge ist sinnbetäubend; besonders das etwa nach Art der Westphalen ausgesprochene ch und das für das Arabische sehr charakteristische hinter dem Gaumen gebildete h treten stark hervor. Dabei ist der Oberkörper durch Stunden hindurch bei dem Memorieren in unglaublich schneller Pendelbewegung, was keine geringe Leistung ist. In gleicher Weise, hockend und pendelnd, studieren auch die Studenten der in der Gamia (Moschee) el Azhar zu Kairo untergebrachten Universität. Auf den europäischen Zuschauer macht dies alles einen komischen Eindruck; der Araber aber ist der Ansicht, daß das Schaukeln des Oberleibes das Gedächtnis „geschmeidig“ mache und schnelleres Erlernen ermögliche. Geschrieben wird auf einem nudelbrettartigen Holztäfelchen, das obenan eine Handhabe hat und mit Lehm bestrichen wird. Der Fikih ritzt mit einem Stifte Linien behufs Geradschreibens und schreibt vor, der Schüler malt nach. Von einer Erklärung, von einem Massenunterricht keine Spur! Selbstverständlich wird von rechts nach links geschrieben, wobei das Schreibbrett auf den Knien gehalten und in dem einzigen Tintenfaß, das Gemeineigentum ist, eingetaucht wird. Ist das Brett voll, so zwängt sich der Knabe hinaus ins Freie, wo er ein Schaff Wasser zum Abwaschen und eine Schüssel Lehm zum Neubestreichen desselben vorfindet. Da setzt es immer nebstbei kleine Boshaftigkeiten ab, indem einer dem anderen mit lehmiger Hand ins Gesicht fährt. Die Eltern nehmen am Unterrichte insoweit Anteil, daß sie sich ohne besondere Anmeldung zwischen die beiden Gruppen der Lernenden, die Schreibenden und die pendelnd Auswendiglernenden, zu ihrem Kinde drängen und mit demselben unterhandeln. Der junge Araber ist intelligent und regsam; später wird er träge. Sein Wissen erstarrt im Formelwerk. Des Lernens ausschließlicher Inhalt ist der Koran, der auch als das sprachlich bedeutsamste Werk des Arabischen gilt. Nachdem der Fikih die 28 Buchstaben des Alphabetes auf dem Holztäfelchen vorgeschrieben und der Schüler sich dieselben eingeprägt hat, werden unschwere Wörter, Namen von Mitschülern u. a. gekritzelt. Allahs 99 „schöne“ Namen kommen dann an die Reihe, die nach Mohammeds Tod aus dem Koran zusammengesucht wurden und beim Beten des aus 99 Punkten bestehenden Rosenkranzes benötigt werden; dann den Sebha (Rosenkranz) trägt der Mohammedaner auf offener Straße und möglichst auffällig in der Hand, läßt die Bernsteinstticke wohlgefällig durch die Finger gleiten. Doch er betet nicht und denkt dabei auch an nichts Religiöses; das bloße Tragen des Sebha in der Hand ist nach seinen Begriffen schon eine gottdienstliche Handlung. Nach den „schönen“ Namen kommt die erste, el-Fätha (d. h. „eröffnende“) benannte Koran-Sure in Feder und Schädel. Sie ist kurz, ihre Sprache kräftig. Da sie die Stelle unseres Vaterunsers bei den Anhängern Mohammeds vertritt, wird sie lange geübt. Dazu bereitet des Korans altarabische Abfassung (und nur in dieser darf er im ganzen Geltungsgebiete der mohammedanischen Lehre studiert und gelesen werden) nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Das mechanische Lernen — man denke etwa an die auch des Neuarabischen nicht mächtigen mohammedanischen Völker! feiert Triumphe. Von der ersten wird auf die letzte Sure, dann auf die vorletzte usw. übergegangen, weil diese sogenannten mekkanischen Suren weit kürzer und verständlicher sind als die vorderen, mit Ausnahme der el-Fätha. Ein weiterer Lernstoff ist ein Gedicht, das Haschrije heißt und von Knaben bei Beerdigungen gesungen wird. Da Unterricht und Glaubenslehre innigst Zusammenhängen, ist ein Teil der Schulen in Moscheen untergebracht. Ober dem Sebil — jenem Saale, wo das Wasser einer unten befindlichen Zisterne verabreicht wird — in einer Loggia ist die Kuttäb zu suchen und geht es hier, der Würde des geweihten Ortes entsprechend, weniger lärmend zu als in den nicht mit einer Moschee verbundenen Elementarschulen. Das Errichten von Kuttäbs ist Sache spekulativer Fikihs, die wöchentlich pro Kopf 1—2 große Piaster — Kirsch (ungefähr also 25—50 h) an Schulgeld von den Eltern einheben oder sich in Naturalien abstatten lassen. Der Staat kümmert sich um die Schulen des Volkes so gut wie gar nicht. Doch müssen Erlaubnisscheine zum Besuche der Kuttäbs im Ministerium für Unterricht, womöglich durch das zuständige Konsulat, erwirkt werden. Schulzwang gibt es einleuchtenderweise keinen; doch drängen sich auch Mohammedaner aus untersten Gesellschaftsschichten wegen des Koränstudiums und der dem Koränkundigen gegebenen Überlegenheit in religiösen und weltlichen Dingen zu den Kuttäbs. Deren Zahl beträgt in Kairo, einer Stadt mit 570.000 Einwohnern, ungefähr 300, welche von zirka 10.000 Kindern besucht werden. Uneinge-rechnet sind hiebei die Kinder von Arabern, die europäische Schulen besuchen, von denen ich im zweiten Teile dieses Aufsatzes Einiges berichten will. Drei bis sechs Jahre währt der freiwillige Schulbesuch, dessen Abschluß (Chatme) im Familienkreise festlich begangen wird. Selbstverständlich fehlt hierbei der Fikih nicht, dem eine wohl-besetzte Tafel manche Stunde des Verdrusses vergessen machen soll. Der Fikih im Pharaonenlande verschmäht, nach Weise vieler seiner europäischen Amtsgenossen, Nebenbeschäftigungen nicht. Zu diesen gehört es beispielsweise, daß er zu aufgebahrten Leichen Suren aus dem Korän vorlesen geht und hiefiir von den Angehörigen entschädigt wird. Da der Mohammedaner keine eigentlichen Priester kennt, hat der Fikih vieles, das sonst diesem zustehen würde, an sich zu bringen gewußt. Unvergeßlich wird es mir bleiben, daß mir, als ich auf einem munteren Esel durch die überwältigenden, schweigendernsten Grabgefilde in der Nähe der minarettgezierten ägyptischen Hauptstadt, die man unter dem Namen Chalifengräber zusammenfaßt, trabte, heller Kinderstimmenschall ans Ohr schlug. Eine Kuttäb hier heraußen, wo hinter zerfallenen prachtvollen Grabmoscheen und auf weiten Totenfeldern Mahnung an Vergänglichkeit lauert! Da jubelte es in mir, den bangende Gedanken umkrallt hatten, hell auf: Es lebe — das Leben! Denn für dieses lernen wir und nicht für eine transzendentale Auffassung, die vom Fatum bestimmt-— in den Worten gipfelt: Inschallah Da Gott will! Die 3. Frage. Zl »geteilte einklässige Wollisschule oder L»alöiagsschule! (Abschließende Berichte.) (Schluß.) Ein Idealist, der Herr Schulleiter Wichler in Hppenverg! „Unverstand des Land' vvlkes" — richtig! „Verhetzung" — richtig! „Armut" zweimal richtig! Können wir diese Zustände aus der Welt schaffen? Wir arbeiten nun über dreißig Jahre im Geiste der Neuschule und wie ist eö geworden? Lichter? Hm, hin! — Werden wir die „Verhetzung" bannen können? Ich würde gesteinigt werden und auch mit Recht, wenn ich da zum Rückzüge riete. Wo es die Standesehre und das Standeswohl gilt, keinen Schritt zurück! Warum aber für eine Sache bluten und das Leben opfern, die uns unmittelbar nicht an den Leib rückt? Wir kommen wieder zum Kapitel „Übereifer" und frage» »ns: „Zahlt es sich aus, gegen den Strom zu schwimmen und dabei nnterzugehen?" Und wen» damit ein Königreich gerettet werden würde! Aber unsere Erörterungen haben es bereits erwiesen und werden es noch dartun, daß „im allgemeinen" die ungeteilte einklassige Volksschule noch keineswegs den Erfolg verbürgt. Wie stimmt dann die Rechnung? Wenn man nicht die Gabe zur „vollen" Kunst besitzt, wenn man bei der Arbeit zugrunde geht, wenn der Idealismus uns in die Grube versenkt: da möchte man auch so denken wie Hans Frauengruber, der mir einmal schrieb: „Ich glaube, es ist zuweilen besser, für das Vaterland zu leben als zu sterben." Damals fuhr ich auf; heute denke ich ruhiger darüber. Wenn man in Niederösterreich, dem Stammlande, von dem aus Geist nach dem ganzen Reiche strömen sollte, gegen die Halbtagsschnle die schärfsten Pfeile abschießt, so hat daö gewiß seine Berechtigung. Zudem wird man nicht fehlgehen, wenn man gerade an der Donau die Generalisierung der Halbtagsschnle durch eine Partei, die nicht gerade bildungsfreundlich genannt werden kann, mit Mißtrauen verfolgt und in ihr etwas anderes als das pädagogische Interesse erblickt. Druck erzeugt Gegendruck und zwar Gegendruck derselben Art, d. h. wir werden in den Gründen, die die „chjlerr. ^>chnl;eit»»g" in reicher Zahl aufführte, um der Halbtagsschule den Garaus zu machen, auch nicht durchwegs das für uns rein Sachliche sinden oder doch wenigstens wenig von dem, was für das Allgemeine gilt. So werden beispielsweise die sozialen Bedenken in den meisten Kronländern keinesfalls das Schwergewicht haben wie im Lande der Industrie und des Verkehres, wo die Großstadt ihren Dunstkreis zieht. — Ich selbst bin folgender Meinung: Die Halbtagsschule dürfte in einem starkbevölkerten, reichen Lande nicht soweit zur Geltung kommen, daß sie der „Rede wert" wäre. Wo um Gvttes-willen soll denn das Schulwesen steigen, wenn nicht im Mittelpunkte des Reiches, im Mittelpunkte des Handels, im Mittelpunkte des Wohlstandes? Es steht der Provinz, die ihre Hauptstadt die Hauptstadt des Reiches nennt, schlecht an, wenn sie die niedrigste Kategorie von Schulen geradezu zur Regel macht. Draußen in den Bergen, aus dem öden Karst, im Weltwinkel drinnen muß man sich mit Wenigem bescheiden, weil man wenig hat und wenig braucht; doch wo Fabriken qualme» und die Eisenrosse durch die Fluren jagen, ist die Halbtagsschnle das Mädchen vom Lande, das uns nicht recht in den vornehmen Rahmen paßt. — Den Aufsatz der „Österr. Schiitzeitung" in Folge 11 des Jahres 1904 durchweht zwar die giftige Tendenz, aber er ist prächtig durchdacht und prächtig geschrieben für — Niederösterreich. Wir sind mit Ende der Verhandlung über die 3. Frage. Wollte ich noch die Urteile beleuchten, die für die Halbtagsschule sprechen, so geschähe ihr zuviel des Guten; wollte ich die zehn Pro-Redner in den Staub strecken, so ergäbe sich die Debatte zur zweiten Potenz und wir kämen zu keinem Ergebnisse. Ich schließe mit dein Urteile des Herrn K. Kuever (Folge 20 der „Blätter"); es faßt wie jenes des Herrn Mindisch in Folge 9 (Jahrgang 1904) die Sache von der rechten Seite. — Die Halbtagsschule ist zweifellos unter allen in Österreich bestehenden Schnlkatcgvrieu die niedrigste, wenn man die Exkurrendvschnlen (als ungesetzlich) aus dem Auge läßt. Wollte man ihr, der Halbtagsschnle, für alle Verhältnisse das Wort reden, so müßte man der größte Feind des Fortschrittes und der Lehrer sein. Doch „eines schickt sich nicht für alle" ruft ein Debatter aus. Richtig! Die Verhältnisse, der Lehrer, die Schülerzahl: Das sind drei Faktoren, die sich nicht so ohne weiteres in einen Schraubstock zwängen lassen. Wo die Arbeitskräfte fehlen, wo der Schulweg durch die Klüfte führt, wo ein mittelmäßiger Lehrer die Zügel hält, wo das Klappern eines drei- oder vierteiligen Ab teilungsapparates an den Nervenfäden zerrt, wo GO, 80, 100 ja 120 Schüler in der Stube sitzen und wie junge Vögel den geistigen Schnabel spreizen: da ist die Halbtagsschule am Platze, die Schule mit dem ruhig dahinplätschernden Bächlein, das Auen und Täler erquickt. Im Gesetz heißt es, bei mehr als 50 Schülern könne aus der ungeteilten Einklassigen eine Halbtagsschnle gemacht werden. Das „könne" müßte zuweilen ein „sollte" sein. Wieviel teure Leben würden da vor zu frühem Siechtum bewahrt werden, wieviel von dem Haß, der heute den Bauer erfüllt, wenn er den großen Buben und das Mädel den ganzen Tag in der Schule sitzen lassen muß, indes er sich ans dem Felde plagt, würde nicht zur Reife kommen, wieviel Langweile, Tändelei, Öde dem Kinde erspart bleiben und wieviel Frische hingegen den Geist beleben, wenn das lebendige Wort öfter in seine Saiten griffe! — Meine Herren I Legen Sie Folge 27 vorläufig beiseite und lesen Sie alles, was die >1. Frage betrifft, vom Juni des Jahres 1904 bis heute aufmerksam durch! Prüfen Sie und wägen Sie! Was ergibt sich? — Die Halbtagsschule ist kein Gespenst, wenn man sie nicht dazu macht. Was schon der alte Römer sagte „Non inulta, sed multum!“, was Ratke und Comenius wiederholten und Herbart begründete, was Goethe in die Worte „In der Beschränkung zeigt sich der Meister" kleidete, was unserer Zeit sosehr abgeht und was sie aber sosehr braucht, die Gründlichkeit: alles dies drückt der Halbtagsschnle den Stempel ans. Gewiß, sie raubt den freien Donnerstag, aber sie raubt nicht die Gesundheit und den Erfolg. — Wo weniger als 50 kleine Staatsbürger zur Schule pilgern, wo ein Meister u. zw. ein „gesunder, kräftiger" Meister regiert, wo ein Strahl von kleinen Weg-Radien den Schulvrt umgibt: Da ist die ungeteilte Einklassige daheim, die Schule des Meisters; wo diese Bedingungen nicht zutreffen, darf die Halbtagsschule nicht so ohne weiteres von der Tür gewiesen werde». Was haben wir mit unserer Wechselrede über die 3. Frage erreicht? Eine allgemein feststehende Norm? Keineswegs! Darum war es uns wohl auch nicht zu tun. Wir werden »ns doch nicht selbst Zwangsjacken nähen wollen. Was uns aber als Ziel in weiter Ferne lag, haben wir nun vor uns: Nach einer gründlichen Aussprache die nllscitige Beleuchtung der Frage. Jeder nehme sich, was ihm, den Kindern und den Verhältnissen frommt; der Gründe sind ihm für alle Fülle genug an die Hand gegeben worden. — Sv wird dein einen der Vorschlag Tihe (Folge I. Jahrgang 1905) gefallen, dem ander» der ungeteilte Vormittagsunterricht aus der Klemme helfen, einem dritten vielleicht eine teilweise Verquickung der Ungeteilten mit der Halbtagsschule Dienste leisten. Das sind Svndcrvorschläge, die in Rücksicht gezogen werden müssen, ohne den allgemeinen Zug der Gedanken zu beirren. — Der breite Strom ist an uns vorübergerauscht und hat allerlei Gewächs, das die Fährte überwucherte, mit sortgerisscu. Das Ziel in klarer Sicht! — so winkt uns die 3. Frage entgegen. Mög' sie nun jeder für sein Arbeitsfeld lösen! Die Wechselnde. Zur 5. Krage. (Soll das 3. Schuljahr zur Mittel- oder Unterstufe gerechnet werden?) 17. Urteil. Schulleiter Josef Samide in Langenton (Krain): Geweckte Kinder würzen den Unterricht. Der Lehrer hat seine helle Lust an den findigen Kleinen. Verhältnismäßig leicht wird das erste, das zweite Schuljahr bewältigt, die Unterstufe erklommen. Soll nun das dritte Schuljahr, nachdem es. die Unterstufe gleichsam wie im Fluge genommen, gleich in die Mittelstufe aufsteigen? Gewiß, werden einige denken, denn die Kinder haben es ja verdient, daß man sie vorrücken läßt, und dann sollen sie ja auch für ihren Fleiß belohnt und zugleich zu neuem Eifer angespornt werden; was sollte man schließlich auch mit ihnen in der Unterstufe noch anfangen? Ich war auch dieser Ansicht und habe es einige Zeit so geschehen lassen, übe es nun aber anders, weil ich zur Überzeugung gekommen bin, daß die Mittelstufe dem dritten Schuljahre doch zu starke Kost bietet; sie wird von den meisten Schülern je nach der individuellen Veranlagung mehr oder weniger wohl aufgenommen, jedoch von den wenigsten verdaut. Man muß bedenken, daß sich auch das dritte Schuljahr noch in jenem zarten Alter befindet, in welchem der kindliche Geist sozusagen erst zu keimen begonnen hat und daher zwecks einer kräftigen Entwicklung der größten Schonung bedarf, ln den späteren Jahren mag ein ununterbrochenes Vorrücken von Stufe zu Stufe immerhin am Platze sein, aber in diesem Alter muß man darin wohl von Zeit zu Zeit halt machen, denn das Kind braucht Erholung, körperliche und vor allem geistige Erholung. Durch die gesteigerten Anforderungen der Mittelstufe wird, aber der Geist des Kindes nur zu leicht überbürdet, die natürliche Folge davon ist geistige Ermüdung; diese kann für die spätere Entwicklung des Kindes oft von größtem Nachteil werden. Darum gönne man dem dritten Schuljahre die ihm notwendige Erholung und lasse es ruhig die Unterstufe noch einmal durchkosten — man kann ja hin und wieder für die Mittelstufe vorbereiten und so den Boden für dieselbe ebnen. Die Vorteile, welche eine solche Wiederholung zeitigen wird, sind gewiß nicht zu unterschätzen. Das gewonnene Wissen wird eine starke Grundlage und einen festen Halt bekommen, Geist und Körper werden in der Entwicklung rüstig vorwärts schreiten und sicheren Schrittes wird das vierte Schuljahr in die Mittelstufe hinübertreten, sie erfassen und beherrschen können. 18. Urteil. Schulleiter Schneider in Langewiese (B.): Die Unterstufe verlangt allerdings zu wenig; die Mittelstufe wieder zu viel. Es müßten eben die Lehrpläne vollständig geändert werden, damit dieses Schuljahr zur Mittelstufe und auch mit Nutzen gehören möchte. Im anderen Falle wäre es beinahe besser, wenn es der Gründlichkeit halber zur Unterstufe gehörte. 19. Urteil. Oberlehrer Johann Wittreich in T schermoschnitz: ln Krain und in den Ländern mit sechsjähriger Schuldauer hat das dritte Schuljahr jedenfalls der Mittelstufe anzugehören. Zur ? Lehrerheims im Süden Mittel anszubringen, verdient Dgnk und Lob aller, die Kollegentreue fühlen und schätzen können. Ja, die Kärntner sind frohe Leutchen, aber auch gute Menschen. — Sch. in St.: Der Neujahrsgruß kollerte erst heute aus Ihrer Handschrift über das Bruchrcchnen. Frühlingsgrüße zurück Ihnen und allen Getreuen im Lande der (iimbmt. — ?£. in Z.!.: Wirklich, er liebt mich nicht mehr, weil ich ihm zu frei geworden? Wie mich das ergötzt! — (5)8f. W. in St. L.: Für das Schriftstück besten Dank! Ich denke noch immer mit Vergnügen an die trauliche Runde, in der gewiß jedes Körnlein eine Tasche fand. Krk. Ä. in L.: Eine Schwalbe macht leider noch keinen Sommer. Erkläre» Sie's einmal Ihre» Bernfsschwestern, daß sie nicht nur die „Dorffrättlein", sondern auch „Lehrerinnen" sein sollen! — Schilt. Z*. in ZI.: Sie danken im Ramm der „Einzahler", ich bitte im Namen derselben >t. zw. um rege Mitarbeit. Wenn Tie als „Alter" sagen, daß Sie soviel aus der Wechselrede lernen, wieviel müßte da den Jungen in den Schoß fallen! — Schilt. 3-. in ZI.: Für nächstes Jahr plane ich eine weitgehende Ausgestaltung der „Blätter", wenn, wenn die Werbearbeit der Leser den Voranschlag deckt. — chüf. S. in Ll>1.: Sie schreiben: „Wäre ich nicht schon ein alter Bursche, ginge ich nach .Umin". Es gab auch schon Junge, die den Satz olftie Be dingttngseinleitnng brachten. Aber solange mir die Heimat Kräfte bietet, will ich niemanden über die Grenje locken. Das macht ja bei uns das Wirken so schön, daß Lehrer und Schüler in denselben Verhältnissen heranwttchsen- Indes, wenn sie das Ihnen idealerscheinende Schnlgebiet sehen wollen, — kommen Sie einmal, wir werden Sie herzlich willkommen heißen! Kreu) und qucv von Sch nie m Schule. Die „Öffentliche“ zwischen Stahl und Stein. Ja, die „Öffentliche" I Nkan merkte es in allem. Ein altes Gebäude, an das ein Meister ans weiland Maxens des Ersten Zeit das Lat gelegt, lieh ihr die Räume. Die Schule hatte vier Klassen; annähernd zweckentsprechend war indes nur ein Lehrzimnier. Drunten, wa ein zartes Fräuleinchen wirkte, mußte mein Genosse gebückt durch die Pfvrte schreiten; drinnen gattlab konnte er sich recken, denn über dem Kvpfe „wölbte" sich die Decke der Kcllcr-Schnlstnbe. Auf daß niemand die Wissenschaft raube, hatte man die Fenstergitter gelassen. Oder sollte an dem mittelalterlichen Kleinod nichts geändert werden? Wie doch der historische Sinn gewahrt wird! — Mittelalterlich war das Hans, indes mittelalterlich keineswegs der Unterricht. Die Schulordnung bezog sich ans das Verhalten „in »nd außer der Schule". Das Papier an der Wand wird weder das eine bringen noch das andere, wenn es nicht ein Gesetzblatt ist, auf das der Lehrer immer und immer wieder verweist. Man wird sagen: „Was dort steht, weiß ja der Lehrer und weiß der Schüler; cs gehört zur Disziplin und guten Sitte, die auch nngedrnckt gewahrt werden mich." Das mag richtig sein; »nd doch ist die Schulordnung im Rahmen nicht zwecklos. Das Kind soll sich daran gewöhnen, das Gesetz „schwarz ans weiß" ernst zu nehmen. So wird das Blatt an der Wand ein Stück staatlicher Autorität, ein Blatt ans dem großen Buche der menschlichen Gesellschaft. Neben der Schulordnung war eine Acmperaturtabclke. Täglich mußten die Schüler abwechselnd den Stand der Quecksilbersäule beobachten und verzeichnen. Auch das Barometer hatte seine Späher. Das ist nicht eitel' Spiel! Man soll den Wert von Behelfen, die uns die Wissenschaft liefert, im Gebrauch erkennen und würdigen lernen. Das einmalige Borführen, und sei es mich streng nach den formalen Stufen gegangen, verbürgt noch nichts; erst die Anwendung sichert den vollen Erfolg. Hierin wird vielfach zu wenig getan. 1.) Wo hängt der Wärmemesser? 2.) Wie muß man sich anfstellen? 3.) Wieviel Grade hat cs heute beiläufig im Schulziinmer? Wieviel soll es haben? Sieh nach! Wieviel Grade hat'ü etwa im Schatten, wieviel an der Svnnc? Wie hoch war die Tagestemperatnr gestern? Wie hoch wird sic heute sein? — Am Höhenmesser: Wie Hoch wird heute das Quecksilber stehen? Was hast du gestern angemerkt? Worauf deutet der Unterschied? Welche Arbeit wird der Bauer heute verrichten? Wenn solche Frage» Tag auf Tag die Zwischenpausen ansfüllen oder am Schlüsse des Unterrichtes in die Masse schießen, dann werden die Röhrchen an der Wand nicht nur Dinge, die man scheu ansieht, sondern ein Handwerkszeug für den Landmann werde». Die Schule war slvvcnisch. Man legte ans die richtige und lantschöne Aussprache großes Gewicht. Hierin fehlt cs in den deutschen Schulen fast durchwegs. Der Slovene sieht seine Muttersprache als etwas Werdendes, als etwas Kostbares, als etwas an, was ihn zur Einheit mit den Volksgenossen aller Landstriche führt. Der Deutsche ist über dieses Stadium längst hinweg und läßt die übernommene Münze, ohne sie näher zu besehen, durch die Finger schlüpfen. Wie elend steht es beispielsweise »i» unsere Phonetik! Die Dvppelmitlante, in denen die deutsche Kraft und Entschiedenheit ihren Ausdruck findet, knicken zusammen, die volltönenden Umlaute und gar die Zwielaute stolpern engbrüstig daher, die Endungen frißt der Schlendrian und den Hochton tragen die Raben von hinnen. Und wo steckt unsere volltönende Mit-Vergangenheit der anzeigenden Art und gar jene der verbindende», wo sind die starken Formen des Zeitwortes, wo ist der Schatz der deutschen Sprache?! Mit kaum 2000 Wörtern findet selbst der Gebildete sein Auskommen, immer sich drehend im selben Kreis, immer nur bietend abgegriffene, längstbekannte Stücke. Wie gefällt er sich im Tand des AuslandsI Französischer Flitter hängt als Fetzwerk an seinem Gewand. Er dreht sich gefällig vor dem Spiegel, indes der junge Bolksnachbar mit der reinen Sprache das reine Wesen des Stammes zu wahren bestrebt ist. Die Sprache sei ein Aushängeschild für das Volk und für die Schule des Volkes! — In der „Öffentlichen zwischen Stahl und Stein" wurde die deutsche Sprache als Unter- richtsgegenstand gelehrt. Das Lehrbuch verriet die direkte Sprachenmetkodc, die Methode, nach der jeder Mensch sprechen lernte ohne Grammatik nnd Schale. Neben dem deutsche» Worte war das Bild des Gegenstandes, den es bezeichnete. Eine Sprachfibel! Das ist doch wohl das Natürlichste. Wozu erst die Brücke über das Wort in der Muttersprache! Ein Pferd galoppierte links oben daher; daneben war die Bezeichnung „das Pferd". Hatte man es gemacht wie ehedem, da links vom Striche „konj“ stand und rechts „das Pferd", so wäre der Gant im Geiste zwischen die zwei Wörter gesprungen, d. H., bei dem Worte „konj“ hätte das Kind zunächst das Bild „reproduziert" und cs bann mit dem Wvrtbilde „das Pferd" zu vereinigen gesucht oder es hätte weiter an nichts gedacht und bloß „konj“ und „das Pferd" znsamnicn-gcschinicdet. Ob aber die verschiedenen Metalle die Verbindung halten! Wir, die wir Latein und Griechisch gelernt haben, wissen, welch eine Qual für »ns das Vokabellernen war. Tausend Hilfen mussten heran, nur die kräftigste Hilfe war nicht da, das Bild des Gegenstandes, mit dem sich das Bild des Wortes „assoziieren" sollte. Man ist nach mancherlei Irrung auch in dieser Beziehung zur Natur znrückgckehrt und lehrt nun wenigstens die lebenden Sprachen in natürlicher Art; die toten Sprachen freilich wird der Scholastikas noch ans lange hinaus im Banne halten. Wieviel von der geistigen Kraft wird durch den Mechanismus des Übcrsctzens und des haltlosen Einprägens sinnlos verschwendet, im Keime ertötet! Ja, die alten Sprachen sind tot, weil sie Tod bringen. Die Herren, die Humaniora über alles preisen und die Psychologie gepachtet haben wolle», sind inhuman und »npstichvlvgisch über die Maßen. Glauben sie denn im Ernst, daß sich Wortbilder so tief in die Seele einprägen, um dauernd Halt zu gewinnen, und daß sie so farbensrisch und klar erscheinen, tun zu jeder Zeit ohne weiteres erkannt zu werden! Was nehin' ich lieber „formica“ und nebenan „die Ameise" oder „formica“ und nebenan das Bild von der Ameise? Selbst der Laie wird da nicht im Zweifel sein können. Nur der verknöcherte Psycholog hängt noch am Trockenen. Freilich, es handelt sich nicht darum, die Leutchen lateinisch reden zu lehren; aber es kann jedenfalls auch nicht vernünftig genannt werden, in einer Zeit der Überfütternng unverdauliche Kost mit jeden Preis unverdaulich z» lasse», wenn es Mittel gibt, sie zu würzen und den Verdannngsakt zu kürzen. — So hatte das schmale Büchlein, ans dem das slavische Kind die deutsche Sprache lernen sollte, mich an die Codices von anno dazumal erinnert und in mir den Ärger über die vielen Stunden entfacht, die der Geist des Mittelalters mir geraubt hat. Uns wird sie niemand mehr ersetzen; mögen sie aber kommenden Geschlechtern erspart bleiben! Für den Grimm, den die Betrachtungen dem Begleiter und mir gebracht hatten, mußte ein Gegenmittel gesunde» werden. Dort in der schattigen Laube des Gasthansgartens schien es zu wachsen: Männlein und Weiblein, alles, was der Ort an Lehrerschaft besaß, hatte sich versammelt und neckend, scherzend und schlürfend schlich langsam ein guter Dämon an den Tisch, um die ernsten Falten zu glätten. Welch glückliche Eintracht hielt da die Bernfsgcnvsscn zweier Völker zusammen, zwischen die der Demagvg die Zwietracht sät! Ich dachte im stillen: „Wenn doch allenthalben der Berns die Menschen verknüpfte!" Jeder Besonnene nährt denselben Wunsch im Herzen. Allein kaum beginnt er zu keimen, so kommt der Böse und zertritt die Saat; er reißt die, die dieselben Sorgen tragen und dasselbe Ziel verfolgen, unbarmherzig auseinander, mit zwischendurch seinen Eigennutz ans sicherer Fährte ins Trockene zu bringen. Die „Öffentliche zwischen Stahl und Stein" hatte mich an ein Zweifaches erinnert: Erstens der Geist des Mittelalters erschlägt das klare Denken, zweitens der Geist der politischen Neuzeit zehrt am Gemüt und erschlägt die Freundschaft. Stahl ist der eine, Stein der andere; man muß verzagen. — Der gute Dämmt war verschwunden; er hatte wieder den finstern Genossen an unserer Seite gelassen. Lange Zeit, es war schon Abend geworden, schlich er zwischen uns fort. Als jedoch fern in der Gebirgsspalte die Sonne verschwand und feurige Garben an den Felswänden hinanfzischtett, als der Abendwind durch die Rttnse strich, als die Glöcklein auf der Höh erklangen: da war aller Kummer dahin. Es stiegen gute Geister vom Berge, Feen plätscherten im Bach und die Nacht zog den Schleier Über alles Erlebte und Gedachte. — Hcrnuögcbcr und pcvantiuoiiUchci' Schriftleiter: Rudolf E. Peerz. — Druck von Joses Pavlicek in Gottfchee.