Zeitschrift für «Stobt und Land, mit besonderer Rücksicht -ins deutsche »»d slavische Jiiteresseii. Erscheint jeden DinStag und Freitag AbendS - Preis vierteljährig l fl. 15 kr.; mit Postver- sendung l fl. Zy kr. Eonv. Münze. \l'0. 44. Verantwortl. Redaction: Bineenz Prasch, k. k. Professor. Freitag am lZ. Ort. 1848. Die (5'reiguisse i:i der Residenz. Wir ergänzen unsern letzte» Bericht durch folgende Darstellung. Da? Bolk wandte sich indeß gegen das kaiserliche Zeughaus, um Waffen und Munition zu erhalten ; Barrikaden bedeckte» die ganze Stadt; die Bastei ward von Rationalgarden und Studente» besetzt; auf allen Tbiinneu Stunn geläutet und zahllos strömten die Borstädier herein. Alle» wandte sich gegen das Zeughaus; hier lagen zwei Compagnien polnischer Trup-ren, die sich mit Vöwcnmulh vertheidigten. Als da» Volk sah, daß man das ungeheuere Gebäude nicht im Sturme nehinen konnte, nahm es seine Zuflucht zu den rroberten Kanonen (man Halle nämlich die auf dem Graben verwandten Kanonen gleichfalls erobert) und schoß das Gebäude zuerst von der Hohenbrücke aus. Aber die Besatzung machte einen Ausfall und «ahm eine Kanone. DaS Musketenfeuer hörte dann gar nicht auf, und eö sielen hier leider sehr Viele. Endlich machte man einen andern Versuch; man zog mit unsäglicher Mühe zwei schwere Kanonen auf die Schottenbastei und beschoß daö Gebäude von oben her mit Kärtätschen. Dieses Bombardement dauerte stundenlang. Da aber auch las nichts half, machte man aus Hemden, welche die Arbeiter sich auszogen, und aus Strohmatrazen Zünder und Pechkränze, und warf dieselben von der Bastei her in das Gebäude. Nicht lange, so schlug die Flamme haushock zum Himmel; aber das Feuer griff nicht um sich, und nur ein HauS stürtzte brennend in sich selbst zusammen. Vom Stephanöthurme stiegen dann Raketen auf, um, wie verabredet war, dem Landvolke in dem Marchlhal und gegen den Simmering hin ein Zeichen zu geben. Unierdeß war voy der andern Leite versucht worden, — da aus Befehl des Reichstages und auf Versicherung des militärischen Stadtrommandanten Grafen AuerSberg, das Militär sich aus der Stadt zurückziehen sollte, — durch Parlamemaire den Abzug der Truppen zu bewirken. Der erste Parlamentair aber, ein Student mit weißer Fahne, wurde erschossen vom Zeughaufe auS; neben ihm sielen »och zwei Andere. Eine Deputation von, Reichstage mußte gleich falls sich zurückziehen und jetzt begann der Angriff und das Bombardement m» erneuerter und um so größerer Wuth, weil eS verlautete, e« seien auch Ra-tionalgardeu im Gebäude, die sich auS Furcht vor der VolkSrache um keinen PrriS ergeben wollten. Der An-griff dauerte die ganze Rächt hindurch bis heute Morgen gegen 4—5 Uhr, wo sich die VolkSmasse zum Theil verlaufen hatte und das Militär endlich abzog und abziehen konnte. Dir unermeßlichen Waffcnmaga zine, im Werthe von vielen Millionen, sind dem Volke Preis gegeben, und schon seit 4 Stunden strömen un-zählige Schaaren unbewaffnet in die Magazine, und kehren mit Musketen, Büchsen, schönen Kammergeweh-ren, Karabinern, Pistolen, neuen und alten Säbeln, mir Kürassierrüstungen und Helmen oft auf daö Rüstigste ansgestattet zurück. (£>. x.) Wien (CorreSpondenz) Dr. J. v. DaS Militär hält sich gegenwärtig im Belvedere und Schwärzender, zischen Palais in einer defensiven Stellung. Man er-wartet die Ankunft Zelaeic. Sin fürchterlicher Kampf ist kaum vernieidlich. Tausende der Bewohner flüchten sich bereit«, in der Rationalgarde herrscht keine Einigkeit. Die verschiedensten Partei - Ansichten und Partei-Insulten machen sich geltend. Die meisten Blätter eot-stellen den wirklichen Hergang und bringen durch die verschiedene Auffaßung und Beurtheilung, durch eine Maße von Lügen und Verleumdungin eine gränzenlose Verworrenheit und eine grimmige Erbitterung in der Bevölkerung hervor. So viel ist gewiß, daß kein Gott und kein Teu-fel regieren kann, wo eS sich jeder Einzelne anmaßt, Maßregeln der Regierung, die ihm nicht gefallen, faktisch zu hindern, und daß sich anderseits eine grundver-kehrte RegierungSpolitik am Ende doch rächen muß. — 198 — Wir gehen jetzt wahrscheinlich einer Militärhcrrschafi entgegen, denn wie will man sonst der bewaffneten Proletarier Banden Herr werden. Die anarchische Partei hat eS zu verantworten, wenn die Reaktion zuletzt doch mehr als ein Gespenst wird, beide Ertreme arbei» ten sich in die Hände. Die ausgebliebene Wiener Post brachte uns am 12. Morgens Briefe und Zeitungen, welche vom !0. danrt sind, und folgende Darstellnng gestatten. Die von einigen Blättern gegebene Nachricht, daß der Reichstag die Verbannung der Erzherzogin Sopbie und des ErzberzogS Ludwig beantragt habe, beruht auf einem Irrthume. Auch hatte» die Wimmer N. G Eom-pagnien bei dem Kampfe am Graben und Stephans-platze keineswegs Antheil genommen. Der ?lrbeiterver. ein hat sich ganz zur Verfügung deS Reichstages ge-stellt, die Gerüchte vom Plündern der Proletarier wer-den vollkommen wiederlegt.Die Proklamation deS Reichs-tageS an die Völker Oesterreichs wurde in alle Sprachen übersetzt; sie beklagt die Entfernung deS Kaisers, dessen Rechte so wie die des souveränen Volkes der Reichs» tag wahren und der Reaetion wie der Anarchie entge-gen wirken werde. In der Vonniitagssiyung vom 3. Oetober wur-den auf BorroschS Antrag folgende hochwichtige Be» schlösse gefaßt: Der Reichstag, der ohnehin vor Be-endizung des EonstitnlionSwerkes unauflösbar ist, er klä,t selbst unter den bedrohlichsten Umständen in keiner Weise sich aufzulösen, sondern seiner Pflicht unerschütterlich nachzukommen. Der Reichstag ist ein untheilbareö Ganzes. er vertritt alle Völker Oesterreichs, die ihn beschickt haben. (Einstimmig angenommen). Der Reichstag ist durch Manifest vom G. Juni und vom freie» Volke durch freie Wahl berufen das alleinige konstitutionelle legale Organ zwischen der unverküminerten Volkssrei-heil und eem erblichen Throne. Er wird keinen Ab» geordneten einen moralischen Zwang zum Bleiben auf» erlegen, fordert aber alle mit oder ohne Urlaub ab-wesendeit Mitglieder auf, sich längstens binnen I 4 Tagen tinzufinden. Nach vorgenommener Zählung waren 251 Mitglieder anwesend, somit über die Beschluß-sähigkei», welche nur 192 Mitglieder fordert, nicht der geringste Zweifel. DaS Eentrum und die Linke waren sebr vollzählig, dagegen die rechte Seite spärlich besetzt, insbesondere die Ezechen Strobach, Rieger, Elaudi, Trojan, Hawliczek, Hawelka, Palacki u. a. seit G. abwesend. In der Abendsitzung vom 3. Oktober berichtet der permanente Ausschuß über eine an unser Ministerium eingelangte Zuschrift des Preßburger Magistrates vom 7. Oet. um Vermittlung und Beistand, da Je-(Acte zwischen Wieselburg und ?lltenburg lagere, und den Preßburgern welche die Schiffbrücke abgetragen, mit Bombardement drohe. Der Ausschuß beantragt, da der Ban dem hiesigen Ministerium nicht unterstehe, so möge ibm kund gegeben werden, daß dein neu zu bildenden österr. Ministerium die Schlichtung der An-gelegenheiten des Gesammtvaterlandeö vom Kaiser übertragen sei und er den Verhandlungen durch seine Feindseligkeiten vorgreife, ferner» soll daS Ministerium al-sogleich hierüber an den Kaiser berichten. Diese? An-trag wird angenommen, zugleich aber anerkannt, daß der Reichstag den Ban nicht ersuchen könne, und dieser vielleicht genöthigt wird nach Oesterreich zu rctiri-ren. PillerSdorf verliest hierauf die unten folgende Ad-reffe an Seine Majestät, welche angenommen wurde. Minister Hornbostel langt athemloS an und verließt folgendes Handbillet des Kaisers: „Mein lieber Hornbostel! Ich berufe Sie in mein Hoflager, um alle nöthigen Aktenstücke zu eontrasigniren. Ferdinand. Sieghanokirche» 8. Oktober." Hornbostel fügt hinzu, dies diene zum augenscheinlichen Beweise, daß S. M. den konstitutionellen Boden nicht verlasse, und er sei entschlossen, dem Rufe zu folgen. Die ganze Kammer zollt leb-haften Beifall. Schuselka berichtet hierauf über ein Schreiben deS Eommandirenden AuerSberg, worin sich dieser über die Verschleppung der Waffen deS Zeughauses und über Einsetzung eines Vertheid igungscomi-iisi beklagt. ES wird dargethan, daß die Abgeordneten mit Gefahr ihreS Lebens Maßregeln gegen die Waffen Verschleppung ergriffen haben; man hoffe, jeden Kampf zu vermeide«, müsse aber auch anf Vertheidigung den kcn. So schloß die Sitzung. DaS Militär eampirle indeß im Belvederr, Sch ?.ir-zenbergerganen, beim Gloggnitzer Bahnhof und bei Sinunering; die Basteien waren noch immer mit Kanonen über den Thoren besetzt, Strassen und Thore noch immer verbarrikadirt. Die Grenadiere hatten sich zum Hauptmann den Lieutenant Kuchenbeker gewählt, und wurden aus der Aula einguartirt, während auch ein Bataillon Heß nebst anderen Truppenabtheilungen, Offizieren und Gemeinen sich zur Verfügung de? Reich? tages stellten. Über den Aufenthalt des Kaisers lauteten die Gerüchte verschieden; nach einigen soll ihn der Land stürm zu SiegbartSkirchen zurückgehalten haben, na ch andern sei er bis Linz weiter gereist'. Der Geist der gemeinen Soldaten schien für das Volk günstig, die Offiziere, hieß eS, »»d auch die Eamarilla wollten der Stadt folgende Bedingungen stellen: Reorganiiirung der Nationalgarde, Entwaffnung der akademischen Le gion, Bestrafung der Mörder LatourS, und Znrückga-be der eroberten Kanonen. Aus Gray waren über l!<« freiheitSbegeisterle Studenten und Garden angekommen. Die Stadt gewann ein ruhigeres Aussehe». In der ReichStagSsitziing vom 9. Ort. berichtete Schuselka als Sprecher des Ausschusses, welcher die ganze Nacht gewacht hatte, daß die Soldaten im Schwarzenberggarten Brot verlangten; eS wurde ihnen schon aus Gründen der Humanität gewährt und mit der Sendung die akademische Legion beauftragt, deren Verhalten sehr gerühmt wird, indem sie auch erklärten,