*• BERIGHT %reines iDettfsolies ^Sfudenfenfteim IN GILLI liber den dreijahrigen 7}estand des Tjauses. Veroffentlicht im Juli 1899. Selbstverlag des Vereines. Vereins-Buchdruckerei „Celeja“ in Cilli. m 'pfc 2)eutsches Studentenheim Cilli. Gesammt-Jiqsichi. 2>eutsches Studentenheim CiUi. tjofraum. 2>eutsches Studentenheim CiUi. Studiersaal. ‘ 4 - 2)eutsches Studentenheim Ci//i. Speisesaa/. 2)eutsches Studentenheim Cilti. Schlafsaal 1. '} BERICHT des ^ereines ^Deufsofies ^Sfudenfenfieim IN GILLI liber den dreijahrigen Bestand des Hauses, Veroffentlicht im Juli 1899. Inhalt: I. Griindung des Deutschen Studenten- heims. II. Bauanlage. III. Innere Einrichtung. IV. Verwaltung. V. Leitung. VI. Statistik. VII. Padagogische Einrichtungen. VIII. Verpflegung. IX. Gesundheitspflege. Selbstverlag des Vereines. Vereins-Buchdruckerei „Celeja“ in Cilli. I. Grundung des deutschen Studentenheims Am 21. Juli 1895 gelangte nach Cilli die Kunde: „Das Budget wurde heute mit 185 gegen 86 Stimmen in dritter Lesung angenommen.“ Wilder Jubel ertonte aus den slavischen Blattern, welche es offen aus- spracben, dass sie dieses Endresultat eines langen Ringens als einen namhaften Erfolg der slavischen Bestrebungen, als eine Niederlage des Deutschthums betrachteten. Gerechte Entriistung erfiillte die Herzen aller Deutschfuhlenden, und der im deutschen Lehrkorper des Cillier Gymnasiums entstandene Gedanke der Griindung eines deutschen Studentenheims zur Wahrung des deutschen Charakters des Cillier Gymnasiums wurde von den natio- nalen Biirgern unserer Stadt mil lebhafter Begeisterung aufgegriffen. Am 24. Juli 1895 hielt der Gemeinde-Ausschuss eine auBerordentliche Sitzung ab, in welcher die Griindung eines deutschen Studentenheims in Cilli beschlossen vvurde. Es wurde zu diesem Zwecke ein fiinfgliedriges Comite mit Biirgermeister Stiger an der Spitze eingesetzt. Nicht unerwahnt konnen wir lassen, dats der wackere Stammtisch „der Indianer“ beim Mohren zum Bau des Studentenheims den ersten Baustein im Betrage von 27 fl. gespendet hat. Schon am 24. Juli versammelten sich iiber Einladung des Landtags- abgeordneten Dr. E. J. Wokaun eine Anzahl wackerer deutscher Manner im Gasthofe „zum Lowen“, und am 28. Juli erscholl folgender ziindende Aufruf in alle Gaue des weiten deutschen Taterlandes hinaus: Deutsche Stammesgenossen! „Drohnende Morser und weithin leuchtende Freudenfeuer auf dem Hohenkranze der unsere Stadt umgebenden Berge haben in den Abend- stunden jenes Tages, der die Annahme der Budgetpost „Cilli“ in unserem Abgeordnetenhause brachte, zu uns Deutschen in Cilli eine recht ein- dringliche Sprache geredet. Durch diesen Jubel haben unsere Gegner abermals deutlich be- wiesen, dass es ihnen nicht um die Erfiillung einer berechtigten culturellen Forderung, sondern lediglich um die Schaffung eines neuen wichtigen Agitationsherdes behufs Zuruckdrangung des Deutschthums im steirischen Unterlande zu thun war. — 2 Wenn in diesen triiben Stunden etwas unseren Muth beleben, unsere Zuversicht heben kann, so ist es unser Stammesbewusstsein, der Gedanke und die Ueberzeugung, dass in Millionen Herzen unserer Stammesbriider mitfiihlende Theilnahme an dem uns aufgedrungenen Kampfe zur Erhaltung deutscben Wesens, deutscher Art und Sitte, von denen wir nimmer lassen kdnnen und wollen, rege ist. s Einsam vielleicht, aber nicht verlassen“, diese Ueberzeugung lasst unsere Herzen hoher schlagen und sie ist es, die uns den Muth gibt, an euch Stammesbriider mit einer Bitte heranzutreten, von deren Erfiillung allein wir Unser Heil, unsere Rettung erwarten. Die deutschen Vereine Cillis und mit ihnen die ganze deutschfiihlende Bevolkerung unserer Stadt bedurfen einer alle deutschen Kreise einigenden Ileimstatte, eines ^deutschen Hauses 11 , in welchem sie sich zu ge- deihlichem Wirken, sowie zur Ilut und Pflege deutschen Wesens zu- sammenfinden konnen. Aber auch das „deutsche Studentenheim“, welches zur Erhaltung eines Nachwuchses fiir unser bisheriges deutsches Gymnasium in Aussicht genommen ist, stellt sich fiir uns als eine zwingende Noth- wendigkeit im harten Kampfe fiir unsere hochsten Giiter dar. Fiir die Errichtung dieses Studentenheims und zum Baue des deutschen Hauses ist uns Eure werkthatige Mithilfe unentbehrlich. Stammesgenossen! Unausrottbar fest wurzelt in unseren Herzen die Ueberzeugung, dass Ihr uns in dem Kampfe um die Erhaltung volkseigenen "VVesens nicht verlassen werdet, sowie dass wir keine Fehlbitte thun, wenn wir von Euch allen eine Liebesgabe zur Forderung eines, wenn auch vor- wiegend ortlichen, darum aber nicht minder volklichen Zweckes erbitten. Ihr schmiedet durch Eure Spenden ein Band dauernder denn Erz um uns, welches unsere Herzen, unser gesammtes Denken und Fiihlen nimmer abziehen lassen wird von den hohen, geistigen und idealen Giitern unseres grohen, deutschen Tolkes, dem wir getreue Sohne sein wollen und sein wollen jetzt und immerdar!“ Diese von echt vaterliindischer Begeisterung erfiillten Worte un¬ seres verehrten, seligen Landtagsabgeordneten Dr. Em, Josef Wokaun, dem die Stadt Cilli ein dankbares Andenken bewahren wird fiir alle Zeiten, fanden in den weiten Gauen des grohen deutschen Taterlandes machtigen Widerhall. In Cilli ward ein Gesammtausschuss zur Durchfiihrung des ge- planten Werkes eingesetzt, um dessen Leitung sich die Herren Dr. ”Wokaun, Biirgermeister Stiger, Dr. Kowatschitsch, Konig, Dr. Jesenko, — 3 - Wehrhan, Dr. Delpin und Stallner riihmenswerte Terdienste erworben haben. Die nationale Opferwilligkeit unserer deutschen Stammesgenossen in Oesterreich und im Deutschen Reiche bewahrte sich in glanzender "VVeise. Von Nah und Fern liefen reichliche Spenden ein. Es wiirde den engbegrenzten Rahmen dieses kurzen Ueberblickes weit iiberschreiten, wollten wir — wie es uns eigentlich unsere dankerfiillten Herzen ge- bieten — die Ramen aller derer nennen, die in selbstloser, opferwilliger Weise beigetragen an der Schaffung und Forderung dieses nationalen Bollwerkes in unserer bedrangten Mark. Ihnen allen sei an dieser Stelle nochmals der aus dem tiefsten Herzen kommende Dank dargebracht. Doch konnen wir es nicht unterlassen, unserer wackeren Volks- genossen in Graz zu gedenken welche am 16. November 1895 einen Yollzugsausschuss zur Forderung des nationalen Werkes in Cilli ein- setzten. In diesem Ausschusse waren neben vielen anderen die Herren Dr. Raimund Neckermann, unser wackerer Landsmann, als Obmann, Anton Ruderer d. J. als Schriftfiihrer, Adolf Ilorneck als Schatzmeister in kervorragender Weise thatig. Mit Stolz kann der Grazer-Ausschuss auf seine nationale That zuriickblicken. In seiner Schlussitzung vom 15. Juni 1897 konnten die Grazer ihren bedrangten Stammesgenossen den ansehnlichen Betrag von 37.631 fl. 57 kr. als Ergebnis ihrer Samm- lungen iiberinitteln. Yon nationalen Yeranstaltungen zu Gunsten Cillis erwahnen wir: das am 25. December 1895 in Graz abgehaltene Weihnachtsfest mit einem Ertrag von 707 K., das am 5. Mai 1896 abgehaltene Jahrmarkt- fest in Graz mit einem Ertrag von 3200 K., das Arminenkranzchen in Graz, ein Ooncert in Korneuburg, ein Siidmarkkranzchen in Wien, eine Festliedertafel in Leibnitz und noch ahnliche Festlichkeiten in Briix, Graz, Zeltweg, Judenburg u. s. w. Ortsausschiisse wurden gebildet in Miinchen, Niirnberg, Wien und Neuberg. Unserem wackeren Landsmanne in Miinchen, Herrn Heinrich 'VVastian, verdanken wir die Begriindung des Miinchner-Hilfsausschusses. Am 10. Janner 1896 fand auf seine Yeranlassung im 'VYittelsbachergarten eine Yersammlung des Miinchner Yereines zur Erhaltung des Deutschthums im Auslande statt, in welcher Wastian die Lage Cillis schilderte und den Miinchnern die kernigen Worte zurief: „Sollen und diirfen wir Reichsdeutsche und insbesondere wir Bayern als nachste Nachbarn und Yolksgenossen der deutschen Briider in der Ostmark ruhig mit den Handen in der Tasche zusehen, wie in Oester¬ reich eine deutsche Scholle nach der anderen an die Slaven verloren geht, wie eine deutsche Stadt nach der anderen von Tschechen, Slovenen, — 4 — Magyaren und Italienern weggenommen wird und wie das Deutschthum in der Ostmark eine Position nach der andern verliert, weil es keine Hilfe, keine Unterstiitzung und keine Ermunterung zum Ausharren von den sorglosen Brudern im grofien Deutschen Reiche erhalt ? Das ware eine Siinde am Deutschthum und eine Schmach fur uns !“ Die Namen der wackeren Mitglieder dieses Miinchner-Hilfsaus- schusses, inshesondere der Herren Schulrath Dr. Rohmeder, Heinrich Vastian, Verlagsbuchhandler Lehmann, Universitatsprofessor Dr. Sepp, Professor Franz v. Defregger sind mit unverganglichen Lettern einge- graben in die dankbaren Herzen der Cillier. Wir konnen uns nicht ver- sagen die glanzenden Worte zu wiederholen, die der Miinchner-Hilfs- ausschuss in den , Alldeutschen Blattern tt an unsere Stammesgenossen im Reiche richtete: „Wir wollen sein ein einig Yolk von Brudern, In keiner Noth uns trennen und Gefahr.“ „Wir leben in einer Zeit wilden Kampfes um sociale und politische Interessen. Zahlreich kommen Aufrufe zur Unterstiitzung ungliicklicher, in ihrem wirtschaftlichen oder volklichen Fortbestehen bedrohter Mit- menschen, Stammesgenossen wie Fremder. Gerne spendet ja, wer voin Gliick reichlicher mit Mitteln bedacht worden, auch Fremdsprachlichen, dass er die Noth um Leid und menschenwurdiges Dasein erleichtere, die ihnen wilde Flut, grmme Feuersbrunst oder andere Naturkraft oder boses Ungluck erzeugt. Freudiger noch ist er zu Gaben der Liebe bereit, wo er seinen Stammesbriidern in rauher Fremde ihr — sein — Volksthum zu bewahren helfen kann. Haufige Gelegenheit bietet sich ihm ; dringende besonders jetzt wieder. Im Steierlande, seit 1000 Jahren seines Volkes Eigen, kraft uner- miidlicher, erfolgreieher Arbeit seiner Sohne, stiitzte er altes Deutsch¬ thum gegen anstiirmende Wendenmacht. Zu schwach zeigten sich die Krafte unserer Briider in Cilli, die Griindung eines ’ slovenischen Gym- nasiums in deutscher Stadt zu vereiteln. Da sich ihnen allein also der Kampf zu schwer erwiesen, bitten sie uns, durch Rath und That hilf- reiche Hand anzulegen, dass jenes Stiick altererbter Tatererde, jener fur gedeihliche Fortentwicklung auch des Reiches wichtiger Punkt dem Deutschthum erhalten bleibe und neu befestigt werde. Damit nun, wie recht und billig, der vaterlandische Sinn schon dem Knaben und Jiing- linge geweckt und gestarkt werde, soli ein Haus gebaut werden, ein Studentenheim, in dem seine jugendlichen Bewohner deutsche A rt und Sitte, deutsches Wort und deutsche That kennen lernen und bethatigen mogen. Schwer ist im Stande, eigenartiges Tolksthum zu wahren, wer wenig bemittelt inmitten verstandnis- und riicksichtsloser Fremder sitzt. Leicht opfert zumal der Deutsche dem Auslander einen Theil ureigensten 5 Wesens, driickt Dankbarkeit fur empfangene Dienstleistung sein biederes Gemiith. Um unsere steirischen Stammesgenossen moglichst und unabhangig zu machen von soleh wendischem Dienst und Einfluss, sollen vor allem ihre Kinder von vomherein in deutscher Schule und deutseker Umgebung erzogen werden. Die Glieder des Studentenheims miissen den Stamm bilden fur das deutsche Gymnasium, der dies im harten Kampf mit dem neuen slovenischen erhalte und starke. Reicbliche Mittel thun noth zur Yerwirklichung solehen Planeš; nicht minder verdienstvolle Bereitwilligkeit, durch Spendensammlung und Anregung bei Bekannten und Freunden die gute Sache zu fordern. Yiel und freudig gebe der Deutsche weit und breit zu diesem Werke echter Yolksliebe, wahren Yerstandnisses der Aufgaben und Bestimmung seiner Kation. Denn fiirwahr: „Kichts\viirdig ist die Kation, die nicht Ihr Alles freudig setzt an ihre Ebre!“ Aus der erfolgreichen Thatigkeit des Miincliner-Ausschusses sei vor allem des Prachtwerkes „Den Deutschen Oesterreichs* Erwahnung gethan, an dem die ersten Ktinstler Deutschlands mitgewirkt und um dessen Zu- standekommen sich der Yerlagsbucbhandler Lehmann, der grobe Defregger und die Selirifsteller Haushofer und Wastian grobe Verdienste erworben haben. Dieglanzendste Veranstaltungder-Miinchner wardas ara 8 Februar 1896 abgehaltene Concert im Kaimsaale, an dem das grobe Kaim-Orcbester und eine Reihe der hervorragendsten Ktinstler Miinchens mitmirkten. Auberdem haben die Maler Defregger und Lenbach dem Studentenheim den Ertrag zweier Bilder 1804 Mark gespendet. Aus den Gr a z e r - Sa m m 1 u n ge n seien die Spenden des Grazer akademischen Hilfsausschusses und des Hilfsausschusses der deutschen Technikerschaft riihmend hervorgehoben; ebenso die Beitrage der Grazer Stadtgemeinde, der Wiener Stadtgemeinde, der steiermarkischen Sparkasse, des Herrn Grafen Kottulinsky zu je 1000 H., der Siidtnark 500 fl. Audi der steiermarkische Landtag widmete 1000 fl. Der Cillier-Ausschuss (Cassier Josef Konig) brachte die Summe von circa 20.000 fl. auf. Wir lieben die Spenden des Herrn Biirgermeisters Stiger 1000 fl. und die des Freiherrn von Chlumecky 500 fl. besonders hervor. Ein Fest im Cillier-Casino „Em Ausflug ins Logartlial*, um dessen Gelingen sich Herr Fritz Wehrhan besondere Yerdienste er- worben hat, ergab einen Reinertrag von 1800 fl. Aber viel friiher, als die genannten Hilfsausschiisse ihre Sammlungen abschlossen, fand am 18. April 1896 in Cilli die Griindungsversammlung des Yereines „Deutsches Studentenheim* statt. Die Herren Biirgermeister Stiger (Obmann), Professor Dr. Wertheim (Obmannstellvertreter), Dr. Kowatschitsch (Schriftfiihrer), Franz Wi'cher (Zahlmeistei), Julius Rakusch und Professor Kurz wurden in den Auschuss des Yereines gewahlt und — 6 ubernahmen die schwierige Aufgabe, das deutscbe Studentenheim als ein kraftiges Bollwerk gegen die Angriffe der Slaven ius Leben zu rufen. Der neugewahlte Ausscliuss hielt an der Ansickt fest, dass das Studentenheim schon mit Beginn des Schuljabres 1896/7 eroffnet werden miisse. Es vvurde deshalb die der Stadtgemeinde Cilli gehorige alte Landvvehrkaserne ent- sprecliend adaptiert. Das war keine leichte Arbeit. Yon vielen Seiten wurden die Bemiihungen des Ausschusses mit Misstrauen betrachtet und im Auschuss selbst regten sich Stimmen, welche eine zweckentsprechende Adaptierung dieses Gebaudes fiir unmoglich erklarten. Bald aber gieng man frisch ans Werk und am 15. September 1896 wurde das Studenten- lieim eroffnet. In dem Professor des deutsehen Staatsgymuasiums, Herrn Karl Duffek und dessen liebenswiirdigen Gemahlin fand der Ausschušs die geeigneten Personlichkeiteu, denen er —■ wie die Polgezeit wahrhaftig bewiesen hat — das Gedeihen der neuen Pflanzung und das Wohl der studierenden deutsehen Jugend mit Beruhigung iiberlassen konnte. Ton 79 eingelangten Aufnabmsgesuchen konnten nur 32 wegeti Kaummangels beriicksichtigt werden. Und so wurde denn das erste Jahr des Bestandes des Studentenheims mit 32 Zoglingen eroffnet. Nachdem am Ende des Schuljabres recht gute Classifieationsergebnisse aufgewiesen werden konnten, empfahl sich das Haus von selbst, nachdem die Ter- pflegung und die sonstige Ilaltung der Zoglinge als recht gut befunden wurde und es musste, da im Laufe der Ferien 51 Gesucbe um Neuauf- nahmen einliefen und 18 Zoglinge vom Toijahre aufstiegen, an eine weitere Adaptierung des Ilauses gedacht werden. Die Zalil der Zoglinge stieg im zweiten Jalire von 32 auf 43, fiir welche das nothige Hausinventar an- geschafft werden musste. Nun hat sich die Gewissheit herausgestellt, dass die Anstalt im Wachsen begriffen sei und dass die vornandenen Raum- lichkeiten nicht mehr hinreichen. Dass die Anstalt vvuehs, dazu hat nicht wenig beigetragen der k. k. Schulrath und Director des hiesigen Staatsobergymnasiums Peter Končnik, \velcher der Anstalt vom Beginne derselben im allgemeinen, besonders aber bei der Aufnahme der Zoglinge das beste Wohlwollen entgegen- brachte. Der riihrige Ausschuss trat nun an die Gemeinde, die Ilaus- eigenthiimerin des Studentenheims, heran mit der Bitte, das Haus fiir etwa 80 Zoglinge zu erweitern. Die Gemeinde Cilli hat in der bereit- vvilligsten und zuvorkommendsten Weise sofort eingewilligt, und es wurde am 15. Juli 1898, als der letzte Zogling das Haus verlieh, sofort mit dem schwierigen Zubau begonnen. Beschlossen wurde, auf das Haupt- gebaude einen zweiten Stock aufzusetzen und ein Treppenhaus und Abort- anbau neu herzustellen. Bedenkt man nun, dass die Fertigstellung des Gebaudes bis langstens 1. September vollendet sein musste, so wird man ermessen, mit welchem FleiUe und welcher Energie Tag und Nacht gearbeitet wurde, um den Anforderungen gerecht zu werden. Unglaublich rasch fiir unsere localen Terhaltnisse vollzog sich diese Riesenarbeit, die allerdings vom schonsten Wetter begiinstigt war. Hier sei erwahnt, dass der Ausschuss den Herren Ingenieuren Schneider und Lindauer zu Dank verpflichtet ist, da ersterer die technische Oberaufsicht des Baues gefiihrt, letzterer die Plane zu demselben unentgeltlich geliefert hat. Ebenso muss die rastlose Thatigkeit des Zablmeisters und Gemeinde- rathes Herrn F. Wilcher wahrend der ganzen Bauzeit riihmend hervor- gehoben wei'den. Und thatsachlich konnten am 14. September 66 Zoglinge das neu- hergestellte ITeim bezieben. Gleichzeitig wurde die Niederdruck-Dampf- heizung, die Gasleitung, Badezimmer und Marodenisolierzimmer erricbtet. Der Ausschuss erfullt nur seine Pfiicht, wenn er der Gemeinde fiir dieses in so kurzer Zeit mit groBter Energie durchgefiihrte Werk seinen Dank an dieser Stelle ausspricht. Das Studentenkeim wurde wahrend seines dreijahrigen Bestandes von vielen Personlichkeiten besucht, von denen besonders hervorgehoben werden : Schulrath Dr. Rohmeder aus Miineben, Hofrath O. Benndorf aus AVien, der Grazer Sammelsausscliuss, Dr. Neckermann, Dr. v. Derscbatta an der Spitze, die Reichsrathsabgeordneten: K. H. Wolf, Dr. Pommer, Dr. Steinwender, die Landtagsabgeordneten: Dr. Kokoschinegg, Dr. M. R. y. Schreiner, Moriz Stallner und J. Lenko, Gie,stmayr, Statthaltereirath Dr. A. Schneditz u. v. a. II. Bauanlage. Das Gesammtgebaude bildet ein Viereck mit einem geraumigen Hofe in der Mitte und steht am nordlichen Ende der Stadt, 5 Minuten vom Gymnasium entfernt. Das Hauptgebaude, 37 m lang, steht westlich an der ReichsstraBe und ist folgenderinafien eingetheilt: Im Parterre befindet sich der Speise- saal, die Kiicbe mit den Neben- und Vorrathsraumen, daneben im nord- licben Gebaudetbeile das Badezimmer mit 4 Wannen und einer kalten Douche, ferner das Biigelzimmer, die Treppe, fiir die Dienerschaft und zwei Zimmer fiir dieselbe. Im Osttracte befindet sich die Waschkiiche, zwei Dienerschaftszimmer und zwei Durchgange, von denen einer zur Wiese, der andere zum Brennholzraume und zum Hiihnerstalle fiihrt. Der Sudtract besteht aus einem selbststandigen, von dem Hauptgebaude voli- kommen getrennten, ebenerdigen Geb&ude, in welchem sioh das Isolier- krankenzimmer fiir bedenkliche Falle mit einem AAarterzimmer befindet; daneben ist die AVohnung des Hausbesorgers. Der Hof ist geraumig, mit schattigen Baumen bepflanzt, mit Zierstrauchern reich geschmiickt und mit Kies bedeckt. Tische und Banke sind daselbst aufgestellt, damit die Zoglinge in der freien Zeit in der frischen Luft Erholung finden konnen. Hinter dem Osttracte befindet sich eine ringsum eingeplankte AViese, mit Baumen, Strauchern, Zierpflanzen und Weinreben bepflanzt; dieselbe dient als eigentlicher Spiel- und Tummelplatz fur die Zoglinge. Hier stebt die gedeckte Kegelbahn mit einem gedeckten Yorraume; hier die Turngerathe: Eeck, Barren. Sprunggerath etc. Tische und Banke sind reichlich vorhanden. Aus dem Parterre fiihrt eine breite Sleintreppe in das erste Stock- werk, in welchem sich drei grofie Schlafsale mit einem breiten Corridor vor demselben befinden. Anstofiend an die Schlafsale liegt im Nordtracte die Kanzlei des Leiters, zwei Prafecten- und Instructionszimmer, die Wascheverwahrung und das Marodenzimmer fiir leichte Erkrankungen. Im Osltracte ist die AVohnung des Leiters. Im zweiten Stockwerke befindet sich der Studiersaal, die Perle des Studentenheims, ein lichter und luftiger Raum von 29 m Lange und 102 m Breite. Daneben ist der geraumige Conversationssaal. AVie .im ersten Stockwerke befindet sich auch hier ein lichter und geraumiger Corridor. Die Niederdruck-Dampfheizung, hergestellt durch die Hannover’sche Centialheizungsanstalt in AVien, versieht das ganze Gebaude mit der nothigen Warme. Auch die Corridore werden im AVinter geheizt. Alle Raume sind mit Ventilationsklappen. die das Austrocknen der Luft rer- .hindern, versehen, licht und hoch. In jedem Stoclcvverke befinden sich vier Aborte und ein betoniertes Pissoir in einem eigens dazu bestimmten Anbau, wodurch fiir die Reinhaltung und Geruchloligkeit im ITause gesorgt ist. Mit Ausnahme der Schlafsale sind alle Raume mit Gas beleuchtet, ebenso die Gange, das Stiegenhaus und die Aborte. Sammtliche Saal- decken sind „Forstersche geradlinige Ziegeldecken" in eisernen Traversen, daher vollkommen feuersicher. III. Innere Einrichtung. Die Einrichtungssiicke, nicht elegant, aber recht solid und praktisch, geniigen selbst Anspriichen, die weit liber gut biirgerliche Verhaltnisse hinausreichen. — 9 — Die Betten der Zoglinge, durcliaus gleich, sind Eisenbetten mit Drahteinsatz und enthalten eine Matratze aus Seegras, drei Leintiicher, eine Sommerdecke aus Kameelhaaren einen Winterkotzen und Rosshaar- polster. Dieselben sind in zwei oder drei Reihen so aufgestellt, dass nie- mals zwei Betten unmittelbar aneinanderstohen, sondern dass zwischen je zwei Betten eine stuhlbreite Distanz ist. In den Schlafsalen steben zweithiirige Kleiderkiisten. In diesen hat der Zogling die gegenwartig nothigen Ivleidungsstucke und Effecten verwahrt. VVasche und zur Zeit nicht zu beniitzende Kieidungsstiicke werden in der Wascheverwahrung, in welcher jeder Zogling ein mit seiner Ilausnummer versehenes Pach besitzt, aufbewahrt. Im Kasten unten befindet sich eine Lade zum Auf- bewahren yon Kragen, Manchetten, Cravatten etc. Kasten, Betten etc. sind mit der Ilausnummer des Zoglings versehen. Im 1. und 3. Schlaf- saale sind Waschapparate mit neun, im 2. mit drei Waschschiisseln vor- handen, so dass sich gleichzeitig neun, resp. drei Zdglinge waschen konnen. Dabei ist die Einrichtung getroffen, dass taglich andere neun, resp. drei Zoglinge sich zuerst waschen mussen. Die Wasserbecken sind vollkommen ausreichend und liefern per Kopf and Tag 7 1 Wasser. Neben den Waschapparaten sind nummerierte Handtuchrechen angebracht, an welchen die Zoglinge Handtuch, Schwamm etc. zu befestigen haben. In jedem Schlafsaal befinden sich Spiegel und ein Waschekorb zur Aufnahme der gebrauchten Wasche. Langs des Corridors im 1. Stockwerke sind num¬ merierte Kleiderrechen angebracht, an welchen die Zoglinge Hut und Mantel aufzuhangen haben. Die Einrichtung des Studiersaales besteht aus Schreibpulten mit versperrbaren Laden, in drei Reihen derart aufgestellt, dass den Zog- lingen von links und von vorne das Licht auf den Tisch fallt. Drei Podien mit Schreibpulten, fur den Leiter und die Prafecten, welche wahrend der Studierzeit die Aufsicht fiihren, sind im Saale vertheilt. In zwei Ecken des Saales stehen Schultafeln, mit Linealen, Dreiecken und Zirkeln ausgestattet. Die Wande sind mit sechs grohen Wandkarten der Welttheile, einer grohen Karte von Steiermark und anderen Land- und genealogischen Karten geschmiickt. Eine kleine Biicherei, die besten deutschen Classiker enthaltend, Conversationslexicon, Realencyclopaedie, verschiedene Atlanten und Kunstwerke, Commentare und Lexica zu lateinischen und griechischen Autoren und andere fur Studienzwecke und als Hilfsbiicher dienende Werke, ist hier aufgestellt. Der Studiersaal hat 13 Fenster, zwei Ausgiinge und wird durch drei Dampfkorper erwarmt und durch 18 Gliihkorper taghell beleuchtet. Die Einrichtung des Conversationssaales, welcher in der freien Zeit bei schlechtem Wetter benutzt wird, besteht in vier langen Tafeltischen, einer Biicherstelle, illustrierte Zeitschriften, Spiele etc. enthaltend, einem — 10 — Clavier, Harmonium und mehreren Violinpulten. Auch eine Reliefkarte der Sannthaleralpen ist hier aufgestellt. In der Mitte des Saales steht ein Billard (Carambol- und Kegelbrett), welches die Zoglinge der hochsten zwei Jahrgange in der freien Zeit beniitzen konnen. Zwei Heizkorper und drei Gliihlampen erwarmen und beleucbten den Raum ausgiebig. Die Einrichtung des Speisesaales besteht aus zehn Tafeltisclien, die so gestellt sind, dass die kleinen Zoglinge an einer langen Tafel bei- sammen sitzen, wabrend die groheren Zoglinge zu je acht oder neun an einzelnen Tiscben sitzen. An der einen Se'ite dieser langen Tafel speist der Leiter mit seiner Familie aus derselben Schiissel wie die Zog¬ linge, auf der anderen ein Prafect. Den kleinen Zoglingen wird vor- gegeben, wahrend die grolleren Zoglinge, welche der zweite Prafect be- aufsichtigt, sicb selbst bedienen, wobei die Einrichtung getroffen ist, dass an jedem Tische sicb taglich ein anderer als erster bedient Das Ab- speisen geht pracise und rasch vor sich, so dass selbst Mablzeiten mit Mehlspeise nicht langer als 25 Minuten dauern; denn die Zeit, vrelche beim Abspeisen erspart wird, kommt der Erholung zugute. Die Wande des Speisesaals sind mit Bildern, Wandtellern undPbotographien geschmiickt. Ein Piano ist hier aufgestellt, welches von den Zoglingen nach dem Abend- essen beniitzt werden kann. Eine Biicherstelle enthalt eine stattliche Anzahl illustrierter Blatter, Spiele u. dgl., welche von den Zoglingen beniitzt werden. IV. Verwaltung. Der in Cilli bestehende # Yerein Deutsches Studentenheim“ zahlt gegenwartig 210 Mitglieder, welche monatliche Beitrage leisten; ins- besondere sind die Eltern der ZSglinge Mitglieder des Yereines mit ver- schieden hohen Mitgliederbeitragen, welche den minder bemittelten Zog¬ lingen des Studentenheims zugewendet werden. Der Yerein wahlt einen Yerwaltungsauschuss aus sechs Mitgliedern. Derselbe besteht gegenwartig aus folgenden Herren: Obmann : Gustav Stiger, Biirgermeister der Stadt Cilli. Obmann-Stellvertreter: Dr. Hugo Wertheim, k. k. Professor. Sehriftfuhrer: Dr. J. Kowatsehitseh, Rechtsanwalt in Cilli. — 11 — Zahlmeister: Franz Wileher, Privatier. Ausschussmitglieder : Julius Rakuseh, Biirgermeister-Stellvertreter. Matthaus Kurz, k. k. Professor. Leiter des Studentenlieims : Karl Duffek, k. k. Professor. Die Leitung fiihrt — mit Bewilligung des hohen k. k. Ministeriums fiir Cultus und TJnterricht ■— ein Gymnasialprofessor des hiesigen Staats- obergymnasiums. Seine Gattin, w el eh e Freude und Verstaindnis zur Fiihrung eines groBeren Hauswesens besitzt, unterzog sich opferwillig der schwie- rigen Aufgabe, dem ganzen Hauswesen vorzustehen und den Zoglingen die Mutter zu ersetzen, wofiir ibr allseits Dank und Anerkennung gezollt Der Zahlmeister veroffentlicht die Rechnungsabschliisse yom 15. Sep¬ tember 1896 bis zum 31. Marž 1899. wird. Einnahmen A. Rechnungsabschluss vom 15. September 1896 G e 1 d- -- 13 — liber das Schuljahr 1896/7 bis 15. September 1897. Verkehr Ausgaben 14 * o c n c+ CD P Cd - CD P- CD O P P crq Kosten des Pensionates fiir das Schuljahr 1896/7 - - 15 — Vermogensstand am 15. September 1897. — 16 — Einnahmen B. Rechnungsabschluss vom 15. September 1897 Geld- Cassavorrath am 15. September 1897 . Griinderbeitrag, Mitgliederbeitrage, Spenden und Sammlungen. Fond-Depot, behoben zur Anschaffung und Ver- mehrung der Mobilien. Pensionat-Gebiiren: Einzahlung der Zoglinge. fl. kr. 169 1304 715 9217 10 14 44 50 11406 18 — 17 — iiber das Schuljahr 1897/8 bis 15 Juli 1898. Verkehr Ausgaben. Pensionat: Directe Ausgaben fiir Hausmiete, Gehalt des Leiters und Prafecten. Haushalt: Terkostigung, AVasche, Beheizung, Wein, Lohne der Dienerschaft. Unkosten, allgemeine Porti, Kanzleispesen, Inserate, Reparaturen, Postsparcassageburen.. Inventar: Vermehrung der Mobilien fiir 10 Zoglinge, Turnapparate etc. Postsparcassa . Vorsehuss fiir die Ausgaben der Leitung gegen Terrechnung Ansiehtskarten: Anschaffung. Aetivtorderungen fiir noch nicht entricbtete Pensionsgebiiren Cassavorrath am 20. Juli 1898 . 18 o c n r+ CD 3 C3 OQ cr> CD C/2 cc> 33 oo p>=> cn> c/j P 3 = P=a- P=> co CO C 3 00 co 00 oo W CD P CD CD ** P 3 19 Vermogensstand m 15. Juli 1898. — 20 — C. Rechnnngsabschlnss vom 15. Juli 1898 Einnahmen — 21 — iiber das Schuljahr 1898/9 bis 31. Marž 1899. Verkehr Ausgaben. 22 o Ul C+ CD P 00 CD CO o* W CD P< CD O *r p p cr> co ■-O ct> £=3 co ero co — 23 — Vermogensstand am 31. Marž 1899. — 24 - Die Gemeindesparcasse Cilli hat fiir das Studentenheim einen Frei- platz mit dem Jahresbeitrage von 300 fl. gestiftet. Der steiermarkische Landtag hat in seiner Sitzung vom 18. Mai 1899 liber Anregung des verdienstvollen Abgeordneten Dr. Ritter von Schreiner auf Antrag des wackeren Abgeordneten Moriz Stallner dem deutschen Studentenheime in Cilli eine Jahressubvention von 2000 fl. be\villigt. Der Vereinsausschuss erfiillt eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle in erster Linie den beiden Abgeordneten Herrn Dr. M. Ritter von Schreiner und Moriz Stallner, ferner der Majoritat des steiermar- kischen Landtages seinen warmsten Dank auszusprechen. Beim Inslebentreten des Tereines tauchte auch die Frage auf, in welcher Art dem Cillier Staats-Obergymnasium inehr deutsche Schiiler zugefiihrt werden konnten und ob ein groBerer Segen fiir die studierende Jugend und deren Eltern erwachst a) durch Stipendien aus dem Ertragnisse der Spenden und der Bei- trage oder b) durch die Errichtung des Studentenheims, wie es gegenwartig be- steht und eingericbtet ist. Die Antwort ergibt sich aus folgenden Zahlen: ad a) Die eingelaufenen Spenden belaufen sich auf rund. 31.000 fl. Der Zinsertrag zu 4°/ 0 . 1240 fl. Mitgliederbeitrage pro Jahr. 800 „ Beitrag der Sparcasse. 300 „ Zusammen . . . 2340 fl. Durch Stipendien zu nur 150 fl. pro Jahr konnten also nur 15 Schiller unterstiitzt und dem Gymnasium zugefiihrt werden, wahrend ad b) im bestehenden Studentenheime heuer schon 66 Schiiler Aufnahme gefunden haben. Angenommen, dass von diesen 66 Schiilern 16 auch ohne Studenten- heim und ohne Stipendien das hiesige Gymnasinm besucht hatten, so bleiben noch 50 Schiiler (gegeniiber der Zahl 15 ad a), vvelche dem Gymnasium zugefiihrt worden sind. Und von diesen 66 Zoglingen sind 32 mit ermafligten Pensionsgebiiren und 3 ganz frei untergebracht. V. Leitung. Als padagogischer Leiter des Studentenheims fungiert ein k. k. Professor des hiesigen Staats-Obergymnasiums, der laut Erlasses des — 25 hohen k. k. Ministeriums fur Cultus und Unterricht vom 4. Juli 1896, Z. 16191, hiezu bestimmt wurde Derselbe findet Unterstiitzung in den von ihm bestellten und von der Vereinsleitung genehmigten zwei Prafecten. Er sorgt fur die Auf- rechthaltung der Hausordnung, Disciplin, Einhaltung der vorgeschriebenen Studierzeit und ist dem Vereinsausschusse verantwortlich. Er fiihrt die Correspondenz mit den Eltern der Zoglinge und sorgt fiir eine geordnete Terbuchung aller Tagesausgaben. Ihm zur Seite steht seine Gattin, fiihrt selbst den Haushalt, iibervvacht die Arbeiten des Dienstpersonals, schaltet und waltet in der Ktiche, sucht billigst und bestens einzukaufen etc. Sie ist den Zoglingen eine wahre Mutter, pflegt sie in Krankheitsfallen per- sonlich, sorgt dafiir, dass dieselben stets rein und tadellos zur Schule gehen, und die Zoglinge finden bei ihr jederzeit freundliches Gehor. Das deutscbe Studentenheim kann dadurch von einem grofien Vor- theile anderen ahnlichen Anstalten gegeniiber sprechen, welcher darin besteht, dass im ganzen Hause ein weibliches Wesen schaltet, das an allen Ecken und Enden des Gebaudes fiir Reinlichkeit sorgt, und dass die Zoglinge an der Frau des Leiters wirklich einen Ersatz fiir die eigene Mutter besitzen. Dem Leiter belfen zwei Prafecten — gegenwartig Juristen —, welche insbesondere die Aufgabe haben, die Zoglinge in die Schule zu begleiten und aus derselben abzuholen und im Studiersaale fiir Ruhe und Ordnung zu sorgen. Sie schlafen mit den Zoglingen, iiberwachen die korperliche Reinigung und das Ankleiden und haben die Pfiicht, dieselben zur Reinlichkeit, Ordnung, Gehorsam und FleiG anzuhalten. Auch haben sie die Pfiicht, die Zoglinge nach abgelaufener Studierzeit zu iiberpriifen und sich zu iiberzeugen, ob die Zoglinge in der Studier¬ zeit wirklich studiert haben, da der Leiter laut Ministerialerlasses, weil er ja Lehrer seiner Zoglinge im Gjmnasium ist, dies nicht thun darf. Ueberdies helfen den Prafecten beim Ueberpriifen fleiBige und verlass- liche Zoglinge der hoheren Jahrgange. Der Leiter ist beim Ueberpriifen zumeist anvvesend und iiberzeugt sich, ob die Pfiicht gethan wurde, ohne zu unterrichten oder zu priifen. Die Prafecten sind die Vermittler zwischen den Zoglingen und dem Leiter und sind demselben unmittelbar verantwortlich. — 28 — studiert. Nur diejenigen, die in der Schule schlecht stehen oder etwas nachzuholen haben, sind an der Arbeit, die anderen spielen und erbolen sich. An Sonn- und Feiertagen wird um x / 2 7 Uhr aufgestanden und nach dem Gottesdienste bis 11, eventuell 12 Uhr studiert. Bei scbonem Wetter wird von 11 —12 Uhr ein kleiner Spaziergang unternommen. Naclimittags wird nach friiher eingenommener Jause ein grofierer Spazier¬ gang in die prachtige Umgebung unternommen, an \velchem die Prafecten und der Leiter sammt Familie theilnehmen. Ab und zu wird auch nach einem grofieren Marsche in einer Gastvrirtschaft eingekehrt. \vo die Zog- linge Brot und Bier erhalten. Die freien Gegenstande : Zeichnen, Gesang, Turnen, Stenogra hie, und Slovenisch werden im Gymnasium gelehrt, der Musikunterricht hin- gegen wird in der Schule des Cillier Musikvereines ertheilt. Damit die Schiller auch dort Fortschritte machen, miissen sie zu Hause fiir jede Unterrichtsstunde in der Musik iiben und haben ihre bestimmte Zeitein- theilung fiir Musikiibungen, fiir welche das Instructionszimmer und der Conversationssaal zur Verfiigung stehen. Das eigenmachtige Verlassen des Tlauses ist nach der Hausord- nung strenge verboten, das plan- und zwecklose Herumirren in den Straben vollkommen ausgeschlossen, da die Zoglinge nichts zu kaufen und — sehr dringende Falle ausgenommen — auch nichts zu besorgen haben. Fiir ihre Bediirfnisse wird vom Hause piinklichst gesorgt. Schuster und Schneider kommen regelmabig ins Haus, um die einer Ausbesserung bediirftigen Kleidungsstiicke mitzunehmen und die wiederhergestellten zu bringen. Da die Zoglinge kein Geld bei sich haben und auch das Haus nicht eigenmachtig verlassen diirfen, so sind Gast- und Cafehaus- besuche und sonstige Disciplinarwidrigkeiten fast unmoglich. Der Besuch von erlaubten Gasthausern, \velcher den Schiilern der obersten zwei Classen nach der Disciplinarordnung des k. k. Staats-Obergymnasiums gestattet ist, wird durch die Hausordnung verboten, da den betreffenden Zoglingen iiber Wunsch der Eltern Bier zu Hause verabreicht wird. Auch diirfen Zoglinge der oberen Classen, wenn die Eltern die Ein- willigung hiezu geben, im Hofe, auf der UViese und in den dazu be- stimmten Raumen mit Mali und Ziel rauchen. Das Billardspiel darf nur von Schiilern der obersten zvvei Classen, das Kegelspiel von Schiilern des Obergymnasiums in der freien Zeit unter Aufsicht betrieben \verden. Da die Zoglinge kein Geld bei sich tragen diirfen, so sind diese Spiele -wirklich als Erholung und nicht als Aufregung der Leidenschaften zu betrachten. Die directe Zusendung von Geld an die Zoglinge ist nach der Hausordnung verboten, -vvodurch verhindert werden soli, dass — 29 — sich die kleineren Zoglinge das Naschen von Zuckerwerk, das Kaufen von unniitzen Gegenstanden, die groBeren das unerlaubte Rauchen auf der Gasse, unzeitgemafies Biertrinken u. dgl. angewohnen konnen. Da die Zoglinge reichiich verpflegt werden und taglick Obst bekommen, so werden Sendungen von Obst- und Esswaren in Gegenwart des Adressaten geoffnet und zu gleichen Theilen an alle vertheilt. Damit einerseits nicht die Heuchelei grofigezogen und andererseits der Zogling nieht gehindert werde, seinen Angehorigen wahrheitsgemaJ3 mitzutheilen, wie es im Hause zugehe, werden von der Leitung weder die ankommenden, noch die abgehenden Correspondenzen gelesen. Nur eventuell einlangende Correspondenzkarten unmoralischen Inhaltes werden zuriickbehalten und vernichtet. VIII. Verpflegung. Dieselbe muss als eine recht gute bezeichnet werden. Die meisten Ausschussmitglieder erscliienen zu versehiedenen Zeiten unangerneldet iin Hause und nahmen an den Mahlzeiten theil. Der Tisch des Studenten- beimes kann als der einer gut biirgerlichen Familie angesehen werden, an \velchem niebt vielerlei Speisen ab\vechseln, sondern wo das Gebotene ausgiebig, schmackhaft und sorgfalt.ig zubereitet sein muss. Da der Leiter und seine Familie aus derselben Schiissel speist wie die Zoglinge. so wird es auch niemals vorkommen, dass den Zoglingen verdorbene oder verbrannte Speisen gereicht werden. Das ist eben ein nicht zu unterschatzender Vortheil fiir das Studentenheim, dass der Leiter keine eigene Wirtschaft fuhrt und nicht nur beim Tische sitzt, um die Zog¬ linge zu beaufsichtigen, sondern dass er genau dasselbe geniefit, wie diese. Es kann, nach vviederholten Inspectionen der Ausschussmitglieder, ruhig gesagt werden, dass die Verpflegung — die Hauptsache eines solchen Hauses — eine sehr gute und vollkommen ausreichende ist. Zum Friihstiick erhalten die Zoglinge eine grofle Schale Kaffee, dazu zwei Semmeln. Eine davon verzehrt der Knabe beim Friihstuck, die andere ist fiir das Respirium um 10 Uhr bestimmt. Dreimal in der Woche besteht das Mittagmahl aus eingekochter Suppe, Rindfleisch, Gemiise, Kartoffeln oder Reis, an den anderen drei Tagen kommt Suppe, Fleisch mit Sauce und eine Mehlspeise. An Freitagen wird kein Fleisch genossen. An Sonn- und Feiertagen gibt es Suppe,. Braten mit Salat. Zur Jause erhalten die Zoglinge ein Stiick Brot, Kornbrot, welches im Hause erzeugt wird, und Obst. Brot wird iiberhaupt bei jeder Mahlzeit so viel herumgereicht, bis alle genug haben. Zum Abendessen \vird eine — 30 Fleischspeise mit Zuthat serviert. Bei besonders festlichen Anlasssen wird, wie in jedem besseren Hause, auch hier zugebessert. Rur diejenigen Zoglinge, denen es der Arzt verordnet, meist bei Fallen von Blutarmut, bekommen ein Glaschen Wein, welches separat bezabit werden muss; einige Zoglinge der hoheren Jahrgange trinken mit Bewilligung der Eltern eine Flasche ('/ 2 l) Bier, welches ebenfalls bezahlt werden muss. Alle anderen begniigen sich mit AVasser. Das Trinkwasser des Studentenheims ist nach der chemischen Ana- lyse, welche Dr. Bayer in Ritzdorf a. Pack ausgefiihrt hat, sehr gut und Tollkommen gesun3T"~”~” -» IX. Gesundheitspflege. Das Haus entspricbt vollkommen allen Anforderungen der Hygiene und wird in allen Raumen peinlichst rein gehalten. Die FuBboden der Šale und Corridore werden wochentlich einmal gerieben. Die Schlafsale werden im AVinter von 6—10 Uhr, im Sommer den ganzen Tag hin- durcb geliiftet. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass sich die Zoglinge einer recht guten Gesundheit erfreuen. In den drei Jahren seines Be- standes hat das Studentenheim keinen einzigen „schweren Fall“ gehabt; voriibergehende Leiden, wie Kopf-, Magen-, Bauchschmerzen, Katarrh, Husten u. dgl, kamen vor und wurden sehr bald behoben. Der Hausarzt des Studentenheims ist der Primarius des Gisela- spitales, Herr Dr. G. Jesenko, welcher sich um die Errichtung des Badezimmers, sowie des vom Hauptgebaude vollkommen isolierten zweiten Marodenzimmers grofie Terdienste erworben hat. Fiir leichtere Erkrankungen besitzt das Haus ein Marodenzimmer im ersten Stockwerke, fiir schwerere oder langer anhaltende Erkrankungen oder fiir Falle, bei denen man in Zweifel ist, ob sich nicht eine an- steckende Krankheit entwickeln konnte, steht das Isolier-Marodenzimmer zur Ycrfiigung. Die Zoglinge werden zu Hause von der Frau des Leiters gepflegt, nur bei ansteckenden Krankheiten werden sie an das Gisela- spital abgegeben. Einer der wichtigsten Factoren der Gesundheitspflege ist die Rein- haltung des Korpers. Die Zoglinge werden verhalten, sich griindlichst — unter Aufsicht — zu reinigen und stets rein und nett einherzugehen. Sie werden fast wochentlich einmal ins warme Bad gefiihrt. Das Bade- zimmer, im Nordtracte ebenerdig gelegen, ist mit vier AVannen und einer kalten Brause ausgestattet; vor demselben befindet sich ein mit Banken und Kleiderrechen versehener Ankleideraum. Dasselbe wird — 31 — recht haufig, zumeist an Mittwochen und Samstagen, beniitzt, wo von 3 Uhr bis zum Abendessen gebadet wird. Im Hochsommer gebrauchen die Zogliuge die heilkraftigen Sannbader. Zur Kraftigung des Korpers dienen die auf der Wiese hinter dem Osttracte aufgestellten Turngerathe wie Reck, Barren, Sprunggerathe, von welchen in der freien Zeit von den Zoglingen der ausgiebigste Gebrauch gemacht wird. Unter Anleitung von Vorturnern wird das Turnen in frischer Luft systematisch betrieben. Bali- und andere Spiele sind an der Tagesordnung. Nicht wenig zur Forderung der Gesundheit tragen die gemeinsamen Spaziergange und Marsche bei, die an Sonn- und Feiertagen unternommen werden. Und so wird auch dafiir eifrigst gesorgt, dass sich der Zogling nach erfiillter Pflicht erholen und seinen Korper kraftigen kann. Mens sana in corpore sano. V /^ e %x ir ^ LjubijdndSp. %